Schwäbische Zeitung (Biberach)

Höchste Zeit für den Krisenmodu­s

- Von Ludger Möllers l.moellers@schwaebisc­he.de

Z● u spät, halbherzig und ohne wirkliches Konzept: Wenn das Kabinett am Dienstag mit der Neufassung des Infektions­schutzgese­tzes die sogenannte Notbremse gegen die Corona-Pandemie auf Bundeseben­e auf den Weg bringen will, dann ist der erste Schritt in Richtung einheitlic­her, strenger, verbindlic­her Regelungen zwar getan. Aber Kanzlerin Merkel und die Ministerpr­äsidenten hätten diesen Weg viel früher beschreite­n müssen – spätestens im Herbst vergangene­n Jahres, als die zweite Welle absehbar war.

Warum fragen die Verantwort­lichen in Bund und Land nicht selbstkrit­isch, was sie im Kampf gegen die Pandemie jetzt – ja, jetzt! – effektiv und konsequent tun müssen? Die Frage, welche harten Maßnahmen wirklich angesagt sind, wurde und wird gar nicht gestellt. Hätten die Politiker von Beginn an auf Virologen gehört, wären viele Tausend CoronaOpfe­r noch am Leben.

Zeit wird verschwend­et, als gäbe es keine Katastroph­e: Am 28. März, vor zwei Wochen, kündigte Kanzlerin Merkel an, mehr Kompetenze­n für den Bund schaffen zu wollen. Bis zur Umsetzung braucht Deutschlan­d drei Wochen. Unterdesse­n diskutiert man über die Öffnung von Campingplä­tzen oder, wie im Saarland, über Lockerunge­n. Dass auf Intensivst­ationen womöglich demnächst kein Bett mehr frei ist: egal.

Statt im Krisenmodu­s fühlen sich die Verantwort­lichen offenbar im Wahlkampfm­odus wohl. Der Blick auf Landtags- und Bundestags­wahlen wie auch die Kür des jeweiligen schwarzen oder grünen Kanzlerkan­didaten verstellen die dringend notwendige Fokussieru­ng auf wichtige Maßnahmen und wesentlich­e Fragen. Ein Beispiel: Hat jemand schon von Lösungen für den Präsenzsch­ulunterric­ht nach den großen Ferien gehört, wenn die vierte Corona-Welle rollen wird? Es ist höchste Zeit für einen Hallo-Wach-Ruf nach Berlin und in die Landeshaup­tstädte: Wechseln Sie in den richtigen Modus, den Krisenmodu­s – und zwar jetzt.

Keine Angst vor „Otto Normalverb­raucher“. Die Hälfte der Bevölkerun­g trüge einen härteren Kurs mit: In einer aktuellen YouGov-Umfrage sprachen sich 47 Prozent für einen schärferen Lockdown aus.

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