Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bauholz ist knapp: Schwierige Zeiten für Zimmereien
Lange Lieferzeiten, hohe Preise: Der Innungsobermeister schildert die Folgen für Zimmereien und Bauherren
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MASELHEIM - Wer durch die großen Wälder der Region spaziert, kann es sich kaum vorstellen: Aber Bauholz ist zurzeit eine äußerst knappe Ware. Die Folgen bekommen die Zimmereien zu spüren. Einen Händler zu finden, der Bauholz liefern kann, ist zur zeitaufwendigen Herausforderung geworden. Das Problem kennt auch Innungsobermeister Max Steigitzer, Chef der Maselheimer Zimmerei Steigitzer, nur zu gut. Die Knappheit wirkt sich auch auf die Preise aus. Die haben sich mittlerweile verdoppelt. „Es ist der Wahnsinn“, sagt Steigitzer.
Für die nächsten vier Wochen hat Max Steigitzer noch Holz in seinem Lager. „Aber vier Wochen sind schnell vorbei“, erzählt der Inhaber der 1989 gegründeten Zimmerei, zu deren Geschäftsfeldern der Massivholzhausbau zählt. „Als Chef verbringe ich zurzeit den halben Tag damit, dem Material hinterherzurennen“, sagt Steigitzer. Ständig am Ball bleiben und die Bestellung gleich fix machen, wenn sich die Gelegenheit bietet, die benötigte Ware zu ordern, lautet seine Devise. Denn der Markt ist eng.
Dabei wäre Holz in Deutschland eigentlich da, berichtet der Innungsobermeister. Das Problem sei der boomende Export in die USA und nach China. 600 Dollar (rund 500 Euro) pro Kubikmeter Nadelschnittholz wurden bereits Anfang März in den USA für das Holz aus Deutschland gezahlt. Zum starken Export kommt die Entwicklung der Inlandsnachfrage. Holz ist als Baustoff gefragt, auch für den Mehrgeschossbau (SZ berichtete).
Gelingt es zu ordern, muss der Zimmereichef mit deutlich längeren Lieferfristen rechnen. Statt ein bis eineinhalb Wochen seien es jetzt drei bis vier, berichtet er. Bei speziellen Hölzern, insbesondere Sichthölzern, sind die Lieferzeiten laut Steigitzer noch deutlich länger. Auch verarbeitetes Holz ist schwer zu bekommen. Bei OSB-Platten beträgt die Lieferzeit inzwischen ein Vierteljahr, so die Erfahrung des Maselheimers. Zum Glück treffe ihn letzteres nicht wie manch anderen, weil sein Betrieb die Platten nur in sehr begrenztem Maß einsetze, sagt er.
Der Materialmangel kann im Extremfall
dazu führen, dass Betriebe beinahe stillstehen. Ein Kollege habe ihm erzählt, dass er in den vergangenen acht Wochen kaum weiterarbeiten konnte, berichtet Steigitzer.
Mit der Materialknappheit einher geht ein starker Preisanstieg. Für den Kubikmeter Fichtenkonstruktionsvollholz, das am meisten verwendete Holz, habe man vor einem Jahr teilweise weniger als 300 Euro bezahlt, berichtet der Innungsobermeister. Vor eineinhalb Monaten habe der Preis bei etwa 360 Euro gelegen, aktuell seien es 630 bis 640 Euro. Bauherren müssen in der Folge mit höheren Kosten rechnen. Bei acht Kubik Holz für den Dachstuhl seien das etwa 2500 Euro mehr, so Steigitzer. Beim Holzhausbau kommen entsprechend hohe Mehrkosten zusammen. Der Anstieg bereitet Steigitzer große Sorgen. „Der Holzhausbau wird weiterhin seinen Kundenstamm haben, der sagt, das ist die bessere, weil klimafreundlichere Bauweise. Aber es wird teurer und damit tun wir uns schwer.“
Betriebe könnten es sich nicht erlauben, solche Summen einfach draufzulegen, weil die Bauholzpreise davonlaufen, erläutert Steigitzer. Seine Zimmerei schreibt in die Verträge deshalb mittlerweile eine Materialpreisgleitklausel.
Denn keiner könne wissen, wie es in zwei Monaten aussehe, sagt er.
Wenn Steigitzer mit Innungskollegen spricht, sind auch Aufträge der öffentlichen Hand ein Thema. Ob man öffentliche Aufträge mit Fixpreis mache, das müsse man sich gut überlegen, sagt er.
Nicht nur beim Bauholz beobachtet Steigitzer einen Materialpreisanstieg. „Auch bei unseren Sanierungsaufträgen sehen wir die Problematik“, berichtet er und nennt Stahl, Dämmungen, Gipsfaserplatten für die Wandverkleidung. Und auch hier muss er teils mit längeren Lieferzeiten kalkulieren.
„Ich habe meinen Betrieb seit mehr als 30 Jahren, aber so ein Frühjahr brauche ich nicht nochmal“, zieht Steigitzer ein Fazit der jüngsten Entwicklung. Dass die Bauholzpreise sich in den kommenden zwei bis drei Monaten wieder normalisieren, glaubt er nicht. „Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich denke, dass sich das Problem bis in den Herbst hineinziehen wird“, sagt der Innungsobermeister. Welche Folgen das für die Betriebe habe, werde man Ende des Jahres sehen.