Schwäbische Zeitung (Biberach)
So bewerten Unternehmer die Testpflicht
Warum nicht alle Firmenchefs das befürworten und mit welchen Kosten sie rechnen
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REGION - Jeder Arbeitnehmer, der nicht im Homeoffice arbeitet, hat ab nächster Woche das Anrecht darauf, im Betrieb zweimal pro Woche auf Corona getestet zu werden. Das hat die Bundesregierung am Dienstag beschlossen. Die „Schwäbische Zeitung“hat bei mehreren Unternehmen in der Region nachgefragt, was das für sie bedeutet.
Industriedienstleister IDS
Der Industriedienstleister IDS hat seinen Hauptsitz in Unteressendorf. Die zwei Produktionsstandorte befinden sich in Oggelsbeuren und Ravensburg. Das Unternehmen hat sich laut Geschäftsführer Markus Winter schon früh mit den Auswirkungen der Pandemie auseinandergesetzt und ein eigenes Covid-19-Sicherheitskonzept erstellt. So wurden unter anderem Desinfektionsspender aufgestellt, Luftreiniger gekauft und kontaktlose Fieberthermometer installiert.
Wenn es die Tätigkeit zulasse, könnten die Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten. Das sei in der Realität jedoch nicht immer möglich, nicht einmal in der Verwaltung. So würde aktuell rund die Hälfte von ihrem Wohnort aus anstatt im Büro arbeiten. Einigen sei dies zum Beispiel nicht möglich, weil die Internetverbindung nicht stabil genug sei. Aufgrund der IT-Sicherheit dürften zudem nur Firmenrechner verwendet werden. Rund 85 Prozent der Mitarbeiter arbeiten zudem in der Produktion oder produktionsnah – und diese
Arbeitsplätze lassen sich nicht verlagern. Das sei bei circa 100 Personen der Fall, so Winter. Seit 6. April biete IDS jedem Mitarbeiter die Möglichkeit, sich mindestens einmal pro Woche im Unternehmen testen zu lassen. „Wir haben das schon im März vorausgesehen und frühzeitig Tests bestellt. Diese waren zu Beginn sehr teuer, kosten aber auch jetzt noch fünf bis sechs Euro“, sagt Winter. Grundsätzlich fände er es gut, wenn so viel wie möglich getestet werde. Nur so könne eine weitere Ausbreitung der Pandemie verhindert werden. „Ich sehe es jedoch nicht ein, dass die Unternehmen die Tests selbst zahlen, wenn an allen anderen Stellen diese vom Staat bezahlt werden. Die Unternehmen sind teilweise schon sehr stark durch die Folgen der Pandemie belastet. Wenn wir schon in den Betrieben in der Arbeitszeit testen, dann sollten die Tests, wie sonst überall auch, von der öffentlichen Hand bezahlt werden“, so der IDS-Geschäftsführer. 200 bis 300 Tests würden pro Woche bei IDS nun benötigt. Das sind, je nach Preis, zwischen 1000 und 2000 Euro. Eine Summe, die seine Firma noch verkraften könne. Doch für kleinere Unternehmen könne das schon in der jetzigen Situation existenzgefährdend sein.
Und ein weiterer Punkt ist Winter wichtig: Die Unternehmer stünden natürlich in der Pflicht, ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu schützen. Doch all diese Maßnahmen würden nichts bringen, wenn die Mitarbeiter sich nicht daran halten würden. „Wir erleben oft, dass Mitarbeiter im Betrieb ihre Masken nicht richtig anziehen, sobald der Vorgesetzte nicht hinschaut. Es fehlt bei manchen immer noch das Bewusstsein, wie gefährlich die Situation ist. Daher braucht es auch seitens der Mitarbeiter mehr Anstrengungen, diese Pandemie in den Griff zu kriegen.“
Holzfachhandel Mühlschlegel
Beim Holzfachhandel Mühlschlegel in Oberessendorf ist es laut Geschäftsführerin Barbara Wild nur in wenigen Fällen möglich, dass die Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten. Zu viele interne Abstimmungsprozesse seien nötig, um einen reibungslosen Geschäftsablauf zu gewährleisten. „Unsere Kunden möchten außerdem ihre Produkte aussuchen und bemustern, was auch wichtig für den Baufortschritt auf den jeweiligen Baustellen ist. Das gelingt am besten in unserer Ausstellung mit einer entsprechenden Fachberatung. Im Lagerbereich mit Wareneingang, Kommissionierung und Warenausgabe ist ein mobiles Arbeiten ebenfalls nicht möglich“, erklärt Wild.
Im Gegenzug teste das Unternehmen jene Mitarbeiter, die vor Ort arbeiten, bereits seit Mitte März einmal wöchentlich. „Dass nun auch in Betrieben vermehrt getestet werden soll, ist sicherlich der richtige Ansatz, um Infektionsketten zu brechen“, urteilt die Geschäftsführerin. „Wir selbst sehen es schon aus Eigeninteresse in der Verantwortung der Unternehmen, die Tests bereitzustellen. Allerdings liegt es auch an jedem Mitarbeiter, die Tests anzunehmen und sinnvoll zu verwenden.“
Bei den Kosten rechne ihre Firma aktuell mit durchschnittlich 600 Euro pro Monat. „Diejenigen Unternehmen, die noch keine Tests vorrätig haben, werden bestimmt Probleme haben, bis Montag ausreichende Mengen zu besorgen. Ich denke, wenn es vom Bund eine Zusage für die Kostenübernahme und zentrale Beschaffungsmöglichkeiten gegeben hätte, wäre das Thema in der Wirtschaft weit weniger strittig behandelt worden“, so Wild.
SHW Schussenried
Bei dem Automobilzulieferer SHW Automotive am Standort Bad Schussenried arbeiten momentan 50 Prozent der Mitarbeiter, die nicht in der Produktion arbeiten, von zu Hause aus. „Das mobile Arbeiten schließt sich für die direkten und die produktionsnahen Mitarbeiter aus, da deren Anwesenheit in der Firma notwendig ist“, erklärt Nadine Hahn, CEO Assistentin. Die SHW Automotive GmbH biete bereits seit November 2020 Schnelltests für ihre Mitarbeiter an. Für die Durchführung der Tests sei medizinisches Fachpersonal eingestellt worden. „Mit den neuen Selbsttests wurde die Teststrategie erweitert, sodass wir seit Anfang April 2021 unseren Mitarbeitern ein wöchentliches Testangebot unterbreiten können“, sagt Hahn. „Wir kommen damit der neuen Coronatest-Angebotspflicht für Arbeitgeber zuvor. Mit dem allgemeinen Testangebot sehen wir unsere Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitarbeitern gewahrt und erhoffen uns, Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen und letztlich Produktionsausfälle zu vermeiden.“