Schwäbische Zeitung (Biberach)
1000 Herzenswünsche sind erfüllt
Seit 1,5 Jahren steht im Rathaus der Wunschbaum Augustin – Menschen aus der ganzen Region machen mit
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BAD SCHUSSENRIED - Es ist eine frohe Botschaft in dieser ansonsten doch recht tristen Zeit: Der Wunschbaum Augustin hat diese Woche den eintausendsten Wunsch erfüllt. Menschen aus der ganzen Region haben bedürftigen Kindern und Rentnern aus Bad Schussenried in den vergangenen anderthalb Jahren Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel und weitere Herzenswünsche im Gegenwert von rund 25 000 Euro gespendet.
Was besonders schön ist: Selbst aus Biberach, Bad Waldsee und anderen umliegenden Städten gibt es immer wieder Menschen, die bis nach Schussenried fahren, um sich einen Zettel vom Wunschbaum zu holen und damit einem anderen Menschen einen Wunsch zu erfüllen.
Ewald Ziller kann es kaum glauben. „Die Spendenbereitschaft der Menschen bei uns ist so groß und so ausdauernd, damit hätte ich nie gerechnet“, freut er sich. Ziller, der einst im Schussenrieder Gemeinderat saß und jahrelang als Polizist arbeitete, ist inzwischen selbst Rentner. Mehrere Jahre leitete er den Schussenrieder Tafelladen, dann gründete er unter der Schirmherrschaft der Schussenrieder Bürgerstiftung eine Aktion, die ihresgleichen in der Region sucht. Mithilfe der über das Projekt eingeworbenen Spenden versorgt er nun schon seit Jahren bedürftige Rentner und Familien mit Lebensmittelgutscheinen, Kartoffelsäckchen und Gutscheinen für ein warmes Mittagessen.
Da diese Spenden aber meist eben nur für Essen reichen, kam ihm im Sommer 2019 die Idee, im Rathaus einen Wunschbaum aufzustellen, den Schussenrieder Schüler bastelten. Getauft wurde der Wunschbaum auf den Namen Augustin. An seine Äste können Bedürftige anonym ihre Wünsche aufhängen. Konkret handelt es sich dabei um 30 Rentner und 36 Kinder. Bei allen ist die Bedürftigkeit offiziell vom Amt festgestellt. Bei den Rentnern handelt es sich oft um alleinstehende Frauen, die nur eine magere Rente erhalten. Bei den Familien ist in einigen Fällen ein Elternteil nicht vorhanden oder krank. Ziller kennt jede dieser Personen und Familien persönlich.
„Die Wünsche, die die Kinder auf den Zetteln herantragen, sind oft sehr simpel. Es geht um eine neue Hose oder um ein paar Schuhe. Nie wünschen sie sich Schokolade oder Bonbons, es sind immer essenzielle Dinge, für die das Geld zu Hause nicht reicht“, berichtet er. Bei den Rentnern seien es Wünsche wie ein
Friseurbesuch oder die Möglichkeit, mal zur Fußpflege zu gehen. Dabei achte er darauf, dass kein Wunsch mehr als 20 Euro koste. Die Berechtigten erhalten von Ziller einen Blankozettel, auf dem sie ihren Wunsch notieren können. Diese Zettel steckt er dann in einen Umschlag, auf dem außen nur steht, ob er von einem Senioren oder einem Kind stammt. Im Umschlag findet sich dann die Information, die nötig ist, um den Wunsch erfüllen zu können.
Zuletzt war es für die Spender schwierig, den Wunschbaum zu erreichen. Denn wie überall in der Region ist auch das Rathaus in Bad Schussenried für den Publikumsverkehr geschlossen. Doch die Menschen zeigten sich erfinderisch. Da bekannt ist, dass der Baum im Bürgerbüro steht und dieses über ein ebenerdiges Fenster am Vordereingang zu erreichen ist, klopften dort regelmäßig Personen und baten um einen Zettel vom Wunschbaum. „So ist es uns gelungen, auch in diesen schwierigen Zeiten nicht jene zu vergessen, die so gut wie gar nichts haben“, freut sich Ziller.
Dass nun in einem so kurzen Zeitraum so viel gespendet worden sei, rühre ihn zutiefst. Ebenso überwältigend sei die Dankbarkeit, die er seitens der Bedürftigen erfahre. Immer wieder erhalte er Post von „seinen“Kindern, die ihm für das neue Spielzeug, die neue Hose oder das Federmäppchen für die Schule danken würden. Dieser Dank sei ihm Lohn genug, sich weiter zu engagieren, solange seine Gesundheit das noch zulasse.