Schwäbische Zeitung (Biberach)

1000 Herzenswün­sche sind erfüllt

Seit 1,5 Jahren steht im Rathaus der Wunschbaum Augustin – Menschen aus der ganzen Region machen mit

- Von Katrin Bölstler

BAD SCHUSSENRI­ED - Es ist eine frohe Botschaft in dieser ansonsten doch recht tristen Zeit: Der Wunschbaum Augustin hat diese Woche den eintausend­sten Wunsch erfüllt. Menschen aus der ganzen Region haben bedürftige­n Kindern und Rentnern aus Bad Schussenri­ed in den vergangene­n anderthalb Jahren Kleidung, Schuhe, Hygieneart­ikel und weitere Herzenswün­sche im Gegenwert von rund 25 000 Euro gespendet.

Was besonders schön ist: Selbst aus Biberach, Bad Waldsee und anderen umliegende­n Städten gibt es immer wieder Menschen, die bis nach Schussenri­ed fahren, um sich einen Zettel vom Wunschbaum zu holen und damit einem anderen Menschen einen Wunsch zu erfüllen.

Ewald Ziller kann es kaum glauben. „Die Spendenber­eitschaft der Menschen bei uns ist so groß und so ausdauernd, damit hätte ich nie gerechnet“, freut er sich. Ziller, der einst im Schussenri­eder Gemeindera­t saß und jahrelang als Polizist arbeitete, ist inzwischen selbst Rentner. Mehrere Jahre leitete er den Schussenri­eder Tafelladen, dann gründete er unter der Schirmherr­schaft der Schussenri­eder Bürgerstif­tung eine Aktion, die ihresgleic­hen in der Region sucht. Mithilfe der über das Projekt eingeworbe­nen Spenden versorgt er nun schon seit Jahren bedürftige Rentner und Familien mit Lebensmitt­elgutschei­nen, Kartoffels­äckchen und Gutscheine­n für ein warmes Mittagesse­n.

Da diese Spenden aber meist eben nur für Essen reichen, kam ihm im Sommer 2019 die Idee, im Rathaus einen Wunschbaum aufzustell­en, den Schussenri­eder Schüler bastelten. Getauft wurde der Wunschbaum auf den Namen Augustin. An seine Äste können Bedürftige anonym ihre Wünsche aufhängen. Konkret handelt es sich dabei um 30 Rentner und 36 Kinder. Bei allen ist die Bedürftigk­eit offiziell vom Amt festgestel­lt. Bei den Rentnern handelt es sich oft um alleinsteh­ende Frauen, die nur eine magere Rente erhalten. Bei den Familien ist in einigen Fällen ein Elternteil nicht vorhanden oder krank. Ziller kennt jede dieser Personen und Familien persönlich.

„Die Wünsche, die die Kinder auf den Zetteln herantrage­n, sind oft sehr simpel. Es geht um eine neue Hose oder um ein paar Schuhe. Nie wünschen sie sich Schokolade oder Bonbons, es sind immer essenziell­e Dinge, für die das Geld zu Hause nicht reicht“, berichtet er. Bei den Rentnern seien es Wünsche wie ein

Friseurbes­uch oder die Möglichkei­t, mal zur Fußpflege zu gehen. Dabei achte er darauf, dass kein Wunsch mehr als 20 Euro koste. Die Berechtigt­en erhalten von Ziller einen Blankozett­el, auf dem sie ihren Wunsch notieren können. Diese Zettel steckt er dann in einen Umschlag, auf dem außen nur steht, ob er von einem Senioren oder einem Kind stammt. Im Umschlag findet sich dann die Informatio­n, die nötig ist, um den Wunsch erfüllen zu können.

Zuletzt war es für die Spender schwierig, den Wunschbaum zu erreichen. Denn wie überall in der Region ist auch das Rathaus in Bad Schussenri­ed für den Publikumsv­erkehr geschlosse­n. Doch die Menschen zeigten sich erfinderis­ch. Da bekannt ist, dass der Baum im Bürgerbüro steht und dieses über ein ebenerdige­s Fenster am Vordereing­ang zu erreichen ist, klopften dort regelmäßig Personen und baten um einen Zettel vom Wunschbaum. „So ist es uns gelungen, auch in diesen schwierige­n Zeiten nicht jene zu vergessen, die so gut wie gar nichts haben“, freut sich Ziller.

Dass nun in einem so kurzen Zeitraum so viel gespendet worden sei, rühre ihn zutiefst. Ebenso überwältig­end sei die Dankbarkei­t, die er seitens der Bedürftige­n erfahre. Immer wieder erhalte er Post von „seinen“Kindern, die ihm für das neue Spielzeug, die neue Hose oder das Federmäppc­hen für die Schule danken würden. Dieser Dank sei ihm Lohn genug, sich weiter zu engagieren, solange seine Gesundheit das noch zulasse.

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FOTO: STADTVERWA­LTUNG SCHUSSENRI­ED Anna-Lisa Forstenhäu­sler vom Bürgerbüro Schussenri­ed kümmert sich mit darum, dass die Wünsche vom Wunschbaum verteilt werden.

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