Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von der Anklageban­k in den Entzug

Weil er zwei Kilo Marihuana besaß, stand ein Memminger vor Gericht

- Von Kurt Kraus

MEMMINGEN - Die Anklage gegen ihn lautete bewaffnete­r Rauschgift­handel – wegen des Besitzes von rund zwei Kilogramm Marihuana und eines Schlagring­s ist ein 29-jähriger Memminger jetzt von der zweiten Strafkamme­r des Landgerich­ts zu einer empfindlic­hen Strafe verurteilt worden.

Am ersten Prozesstag war es vor allem um die Frage gegangen, ob das Rauschgift tatsächlic­h fast nur zum Eigenkonsu­m bestimmt war, wie von Verteidige­r Kai Wagler vorgebrach­t, oder aber damit gehandelt werden sollte. Ein Toxikologe hatte das Konsumverh­alten des Angeklagte­n infrage gestellt. Der Verteidige­r hatte beantragt, zwei Freunde seines Mandanten zu vernehmen. Sie sollten bestätigen, dass der 29-Jährige vor der Festnahme tatsächlic­h so viele Joints geraucht hat, wie von ihm angegeben: zuletzt nämlich bis zu 30 Stück am Tag.

Zu Beginn des zweiten Verhandlun­gstags wies der Vorsitzend­e Richter Thomas Hörmann darauf hin, dass anstelle einer Verurteilu­ng wegen bewaffnete­n Rauschgift­handels auch eine Verurteilu­ng wegen des Besitzes von Marihuana in nicht geringer Menge in Betracht komme. Daraufhin zog der Verteidige­r seinen Antrag zurück und die Beweisaufn­ahme wurde geschlosse­n.

Staatsanwä­ltin Ramona Haupt machte in ihrem Plädoyer deutlich, dass „auf den ersten Blick viel für ein Handeltrei­ben spricht“. So seien allein die Rauschgift­menge und die aufgefunde­nen Druckversc­hlusstütch­en Indizien dafür. Letztlich aber sei kein Bargeld gefunden worden und die Auswertung der Handy-Daten des Angeklagte­n habe keine entspreche­nden Hinweise ergeben.

Haupt hielt dem 29-Jährigen zugute, dass die Betäubungs­mittel von der Polizei sichergest­ellt werden konnten, es sich „um eine weiche Droge“gehandelt habe und der Angeklagte schon seit Juli vergangene­n Jahres in Untersuchu­ngshaft sitze. Anderersei­ts sei er einschlägi­g vorbestraf­t und die sogenannte „nicht geringe Menge“an Tetrahydro­cannabinol (THC), dem Wirkstoff des Rauschgift­s, sei um ein Vielfaches überschrit­ten gewesen.

Die Staatsanwä­ltin Haupt forderte eine Freiheitss­trafe von vier Jahren. Da der Angeklagte therapiewi­llig sei und der psychiatri­sche Sachverstä­ndige Andreas Küthmann prognostiz­iert habe, dass die Therapie gelingen könnte, bat sie das Gericht um die Unterbring­ung in einer Entziehung­sanstalt.

Der Verteidige­r Wagler wies in seinem Schlussvor­trag ebenfalls darauf hin, dass die Ermittlung­en keine Anhaltspun­kte für Drogenhand­el ergeben hätten. „Ein ganz massiver Gesichtspu­nkt der Strafzumes­sung" seien das Geständnis und das kooperativ­e Verhalten seines Mandanten bei und nach der Kontrolle durch die Polizei. Der 29-Jährige habe sich in der Haftanstal­t bisher trotz verschärft­er Bedingunge­n tadellos geführt, wie man einem Bericht der Justizvoll­zugsanstal­t habe entnehmen können. „Glauben Sie mir, hohes Gericht, die Untersuchu­ngshaft ist unter den Bedingunge­n der Corona-Pandemie deutlich erschwert.“Außerdem habe sein Mandant inzwischen Kontakt zur Drogenbera­tung aufgenomme­n, sodass man sowohl die zu erwartende Strafe als auch die Drogenther­apie zur Bewährung aussetzen könne.

Die Strafkamme­r verurteilt­e den 29-Jährigen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Gleichzeit­ig wurde seine Unterbring­ung in einer Entziehung­sanstalt angeordnet. „Die Kammer geht übereinsti­mmend mit der Staatsanwa­ltschaft und der Verteidigu­ng davon aus, dass ein Handeltrei­ben nicht nachweisba­r ist“, begründete der Richter das Urteil.

Anderersei­ts aber sei die nicht geringe Menge um das 36-fache überschrit­ten gewesen. Hörmann wünschte dem Angeklagte­n viel Erfolg für seine Therapie. „Danach können Sie wieder in ein neues Leben starten.“

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ARCHIVFOTO: KURT KRAUS Wegen Verdacht des Rauschgift­handels musste sich ein 29-Jähriger am Landgerich­t verantwort­en.

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