Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Bund entdeckt den Radverkehr

Ziel ist ein lückenlose­s Wegenetz in Stadt und Fläche – Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer will „Deutschlan­d zum Fahrradlan­d machen“

- Von Wolfgang Mulke

Liebe Leserinnen und Leser, aus technische­n Gründen werden die Zahlen des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Vortag (Stand 7.30 Uhr) veröffentl­icht. Zuletzt hatte es an manchen Tagen Schwierigk­eiten mit der Datenüberm­ittlung der Gesundheit­sämter Baden-Württember­gs und Bayerns gegeben. Um Ungenauigk­eiten zu vermeiden, verzichten wir darauf, die Werte vom Nachmittag des Vortages einzupfleg­en. Generell ist nach Wochenende­n bei der Interpreta­tion zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufgesucht haben. Dadurch wurden weniger Proben genommen. Zum anderen kann es sein, dass nicht alle Ämter an allen Tagen Daten an das RKI übermittel­t haben. Die 7-Tage-Inzidenz bildet die Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ab.

BERLIN - Breite Radwege, Schnellstr­ecken für Pendler auf dem Zweirad oder Parkhäuser für das Rad soll es bald bundesweit geben. Dafür nimmt der Bund in diesem Jahrzehnt viel Geld für Förderprog­ramme in die Hand. Das sieht der Nationale Radverkehr­splan vor, den Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) nun bei einem Kongress konkretisi­ert hat. „Wir wollen Deutschlan­d zum Fahrradlan­d machen“, versichert der Minister. 40 Prozent der Bürger wollten mehr Fahrrad fahren. Dafür werde die Infrastruk­tur angepasst.

Ob und wie das Vorhaben gelingen kann, hängt maßgeblich von der Initiative der Kommunen ab. Viele Städte und Gemeinden scheitern bisher bei einer schnellen Verbesseru­ng des Radverkehr­s am Geld. Das soll sich nun ändern. „Es ist so viel da wie nie zuvor“, verspricht Scheuer. Zusammen mit den Fördermitt­eln von Ländern und Kommunen sollen die Pro-Kopf-Ausgaben für den Radverkehr auf 30 Euro pro Jahr steigen. Zum Vergleich: Kopenhagen als das Vorbild für eine fahrradfre­undliche Stadt lässt sich dies jährlich 40 Euro pro Einwohner kosten. Und doch sind die Kommunen hocherfreu­t über die Bundeshilf­e. „Es kommt darauf an, die Kommunen klimafreun­dlich umzubauen“, sagt der Chef des Deutschen Städte- und Gemeindebu­ndes, Gerd Landsberg, „der Radverkehr kann dabei ein Treiber sein.“Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) sieht die Chance auf fahrradger­echte Städte gekommen. „Erstmalig finanziert der Bund auch kommunale Radinfrast­ruktur“, stellt ADFC-Vorstand Ludger Koopman fest.

Kritik kommt von den Grünen. Scheuer sei weiter ein Autominist­er, sagt der verkehrspo­litische Sprecher Stefan Gelbhaar, „deshalb verwundert es wenig, dass er sich vehement gegen konsequent­e Fahrverbot­e für Raser einsetzt“. Gelbhaar fordert Tempo 30 als Regelgesch­windigkeit innerorts. Außerdem brauche es Sicherheit­szonen gegen Abbiegeunf­älle und mehr Platz für Radfahrer.

Beides ist allerdings auch Bestandtei­l des Radwegepla­ns. Scheuer überlässt die Ausgestalt­ung der einzelnen Infrastruk­turmaßnahm­en den Kommunen. Dazu gehört zum Beispiel die Kennzeichn­ung temporärer „Pop-up“-Radwege. Auch bei der Einrichtun­g von Tempo-30-Zonen habe man inzwischen mehr Spielräume. „Wir haben viele Möglichkei­ten

zu experiment­ieren“, sagt der Minister. Am Ende sollen die Menschen häufiger im Sattel sitzen. 120 Wege auf dem Rad zählten die Statistike­r durchschni­ttlich 2017, 180 sollen es bis 2030 werden.

Der Radverkehr­splan entstand aus einem Bürgerforu­m. Rund 2000 Ideen wurden berücksich­tigt. Das große Ziel: Es soll am Ende weder in den Städten noch im ländlichen Raum Lücken im Radnetz geben. Schon jetzt stößt die Förderung des Bundes auf große Nachfrage. Seit Jahresbegi­nn wurden Fördermitt­el für rund 150 Kilometer Radwege und fast 1800 Stellplätz­e beantragt.

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