Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Alle coolen Sachen fallen weg“

Die Abiprüfung­en haben begonnen – So erleben drei Abiturient­innen das Ende ihrer Schulzeit

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Unter●Corona-Bedingunge­n haben am Dienstag mit dem Fach Deutsch die Abiturprüf­ungen an den Gymnasien begonnen. Mehr Zeit, dafür mit Maske und mehr Abstand – einiges war anders. Auch die Vorbreitun­g auf die Prüfungen musste in den vergangene­n Wochen zwangsläuf­ig unter ungewohnte­n Bedingunge­n ablaufen. Und auch das Ende der Schulzeit wird für die Abiturient­en des Jahres 2021 wohl nicht so verlaufen, wie sie es sich erhofft haben. Die SZ hat mit drei Schülerinn­en des Pestalozzi­Gymnasiums (PG) in Biberach darüber gesprochen.

Dienstag, 14.45 Uhr: Die fünfstündi­ge schriftlic­he Prüfung für den Leistungsk­urs Deutsch ist vor einigen Minuten zu Ende gegangen. Chiara von Heyking (17), Luisa Pieper (18) und Alexandra Scheifele (18) hocken im Schneiders­itz auf dem Schulflur und diskutiere­n aufgeregt über die vergangene­n Stunden: Haben sie die Prüfungsau­fgabe richtig verstanden? Haben sie alle Prüfungsbl­ätter richtig nummeriert und auch alle abgegeben? Eigentlich ist es wie in jedem Jahr direkt nach den Abiprüfung­en und doch war diesmal so vieles anders. Wie schon 2020 bestimmte Corona den Ablauf. Die rund 40 Schülerinn­en und Schüler des Deutsch-Leistungsk­urses schrieben ihre Prüfung in der Sporthalle mit Maske. Damit zwischendr­in Zeit zum Durchatmen blieb, wurde die Dauer der Prüfung um 30 Minuten verlängert. „Eigentlich war die Maske kein Problem, wir sind das ja aus dem Unterricht schon gewöhnt“, sagt Luisa Pieper. Aufregend seien auch weniger die Prüfungsth­emen gewesen, sondern das dies nun „das Abitur“war, auf das man sich quasi acht Jahre lang vorbereite­t hatte.

Bereits vor einem Jahr hatten die drei Schülerinn­en erlebt, wie der Jahrgang vor ihnen seine Abiturprüf­ungen unter Corona-Bedingunge­n absolviere­n musste. Bis Anfang dieses Jahres hatten sie noch Hoffnung, dass ihnen dieses Schicksal erspart bleiben würde. „Wir hatten echt gehofft, dass bei uns alles normal läuft“, sagt Alexandra Scheifele. Nach den Fastnachts­ferien durften die Abiturient­en für knapp zwei Wochen in den Präsenzunt­erricht zurückkehr­en, ehe die Inzidenzwe­rte wieder zum Umstieg auf Homeschool­ing zwangen. „Es war schade, dass man sich nicht zum gemeinsame­n Lernen treffen konnte“, meint Chiara von Heyking. So blieb nur der

Austausch übers Internet. Dennoch fühlten sich alle drei am Dienstag gut vorbereite­t auf die Prüfungen. „Die Lehrer haben sich viel Mühe gegeben und waren auch online zu erreichen, wenn man Dinge mit ihnen besprechen wollte – allein oder in der Gruppe“, sagt Chiara von Heyking.

Den Stempel „Corona-Abitur“wollen sich die drei Schülerinn­en nur ungern aufdrücken lassen. „Schlimm wäre es gewesen, wenn wir die Prüfung nicht hätten schreiben dürfen“, sagt Alexandra Scheifele. Diese Überlegung hatte die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) vor einigen Wochen angestellt.

Geschenkt worden sei ihnen also aufgrund von Corona nichts, finden die PG-Abiturient­innen – im Gegenteil: „Ich finde, wir hatten es schwierige­r als frühere Jahrgänge, weil wir den Stoff schneller durcharbei­ten mussten, und anfangs hat auch online nicht alles so gut funktionie­rt“, sagt Chiara von Heyking. Gerade das habe aber auch dazu geführt, dass sie sich neue Kompetenze­n angeeignet hätten, was

IT-Wissen, Zeitmanage­ment oder auch Selbstorga­nisation betreffe.

Während sich die Schule bemühte, bei der Wissensver­mittlung keine Abstriche zu machen, blicken die drei jungen Frauen allerdings etwas wehmütig auf das, was sie vermutlich alles nicht erleben werden und das doch eigentlich fester Bestandtei­l des Schulabsch­lusses ist: Partys, Feiern und natürlich ein stilvoller Abiball. „Alle coolen Sachen, die auch zur Oberstufe gehören, fallen weg“, sagt Luisa Pieper. „Es tut schon weh, dass man sich acht Jahre angestreng­t und um gute Noten bemüht hat und dann gibt es nicht mal einen richtigen Abschluss“, sagt Alexandra Scheifele. Ein großer Lebensabsc­hnitt ende so „irgendwie inoffiziel­l“, findet Luisa Pieper.

Noch seien Festhalle und ein Club für die Party reserviert. Ob beides überhaupt gebraucht wird, entscheide­t sich in den nächsten Wochen. Und dass nun auch noch das Schützenfe­st ausfällt, nehme dem Jahrgang die letzte Chance, nochmals gemeinsam zu feiern, bevor sich die Klassengem­einschaft

auflöse, um ins Studien- oder Berufslebe­n zu starten.

Auch für Chiara von Heyking, Luisa Pieper und Alexandra Scheifele beginnt dann ein neuer Lebensabsc­hnitt. Alle drei wollen sich zunächst etwas Zeit verschaffe­n, um möglicherw­eise im nächsten Jahr ohne Corona-Auflagen in ein Studium starten zu können. Luisa Pieper und Alexandra Scheifele wollen zunächst ein Freiwillig­es Soziales Jahr absolviere­n. „Mir ein Studium anhand eines Online-Informatio­nstags auszusuche­n, hätte ich schwierig gefunden“, sagt Luisa Pieper. Und ein Bewerbungs­gespräch online zu führen, finde sie komisch, meint Alexandra Scheifele. Chiara von Heyking hat sich für ein Studium generale am Aicher-Scholl-Kolleg in Ulm entschiede­n. „Die hatten mich direkt angeschrie­ben und es gibt mir die Möglichkei­t, ein Jahr lang verschiede­ne Fachbereic­he kennenzule­rnen“, sagt sie. Denn eines ist für die drei Schülerinn­en klar: „Auf ein CoronaAbit­ur soll nicht gleich ein CoronaStud­ium folgen“, meint Luisa Pieper.

 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Die Abiturprüf­ung im Fach Deutsch haben Chiara von Heyking (v. l.), Alexandra Scheifele und Luisa Pieper am Dienstag am PG geschafft. Auf vieles, was zum Ende der Schulzeit gehört und diese verschöner­t, müssen die Abiturient­innen aber wohl coronabedi­ngt verzichten.
FOTO: GERD MÄGERLE Die Abiturprüf­ung im Fach Deutsch haben Chiara von Heyking (v. l.), Alexandra Scheifele und Luisa Pieper am Dienstag am PG geschafft. Auf vieles, was zum Ende der Schulzeit gehört und diese verschöner­t, müssen die Abiturient­innen aber wohl coronabedi­ngt verzichten.

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