Schwäbische Zeitung (Biberach)
Spitzenduo für die Linke
Wissler und Bartsch führen Partei in die Bundestagswahl
●
BERLIN - Die Linken haben ein Spitzenkandidaten-Duo für die Bundestagswahl nominiert und kämpfen um mehr Aufmerksamkeit.
Janine Wissler, die Parteivorsitzende und Dietmar Bartsch, Fraktionschef im Bundestag, werden den Wahlkampf anführen. Das Duo wurde wie geplant vom Parteivorstand mit 87 Prozent Zustimmung ins Rennen geschickt. Co-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow versicherte in Berlin, es sei bei der Nominierung nicht um „Proporz gegangen, nicht um Mann, Frau, Ost, West oder um Strömungen, sondern es geht darum, dass die beiden für unsere Politik stehen“. Den angesprochenen Proporz verkörpern die Hessin Janine Wissler und der Ostdeutsche Dietmar Bartsch allerdings durchaus.
Und für welche Politik stehen die Spitzenkandidaten? „Die Linke ist die Anwältin der wahren Leistungsträger“, verkündete Bartsch. „Der Krankenschwestern, der Erzieherinnen und Lehrer, der Paketboten, der Arbeiterinnen und Arbeiter.“Ein kleiner Seitenhieb in Richtung Sahra Wagenknecht.
Die immer noch bekannteste Linke hatte unter anderem behauptet, dass ihre Partei die Interessen eben jener aufgeführten Menschen nicht mehr glaubwürdig vertrete. Auf sie angesprochen, meinte Bartsch, Wagenknecht werde im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen auftreten. Ansonsten spräche die Wagenknecht
„strategische Fragen an, über die es sich lohnt, zu reden.“Aber: „Eine Debatte Identitätspolitik versus Klassenpolitik nutzt den Menschen im Lande null.“
Zwei Botschaften haben die Spitzenkandidaten parat. Die Linken wollen die Lage jener Menschen verbessern, die dieser Verbesserung bedürfen, und sie wollen das Land modernisieren. Corona habe viele Probleme offengelegt, vor allem die vielfache Spaltung der Gesellschaft. „Es ist doch eine völlig irre Situation, wenn im vergangenen Jahr der Lidlund Kaufland-Besitzer Dieter Schwarz um 14 Milliarden Euro reicher geworden ist.“Gleichzeitig hätten 40 Prozent der Menschen Einkommensverluste zu beklagen. „Damit finden wir uns nicht ab. Wir sind nicht die Partei, die an Stellschrauben dreht, wir sind die Partei der grundsätzlichen Reformen.“
Janine Wissler konkretisierte, man wolle nicht zurück „zum kapitalistischen Normalzustand vor Corona, sondern hin zu einer Gesellschaft, in der Solidarität und Respekt keine leeren Versprechen sind.“Mietenstopp, Krankenhäuser, die keine Gewinne mehr machen müssen, bessere Bezahlung in der Pflege – vieles klingt wie das, was sich die SPD vorgenommen hat. Doch „die SPD hat ein Glaubwürdigkeitsproblem“, behauptete Bartsch.
Die Linken liegen derzeit bei sechs bis acht Prozent. Ihr erklärtes Ziel, laut Bartsch: „Wir wollen zweistellig werden.“