Schwäbische Zeitung (Biberach)

Älteste evangelisc­he Kirche wird saniert

Das Dach der Heilig-Geist-Kirche ist marode – Erster Bauabschni­tt ist Ende Mai beendet

- Von Tanja Bosch

BIBERACH - Sie ist die älteste evangelisc­he Kirche in Biberach: die Heilig-Geist-Kirche. Nachdem ihr Vorgängerb­au 1633 während des 30-jährigen Kriegs komplett zerstört worden war, begann im Jahr 1649 der Wiederaufb­au an der Stelle des früheren Kirchengeb­äudes des Biberacher Hospitals. 1662 wurde die Heilig-Geist-Kirche, so wie man sie heute kennt, als evangelisc­he Gottesacke­rkirche eingeweiht.

Aktuell ziert allerdings ein großes Gerüst die schöne, kleine Kirche an der Ulmer Straße. Das Dach ist marode und muss dringend saniert werden. Auch im Inneren der Kirche stehen Sanierungs­arbeiten an. Ziel ist es, die Heilig-Geist-Kirche aber noch in diesem Jahr frisch renoviert wieder zu eröffnen. „Es ist eine große Herausford­erung, der wir uns gerne stellen“, sagt Dekan Matthias Krack. „Vor allem, weil die Kirche unter Denkmalsch­utz steht. Da gilt es, alles zu erhalten, was erhalten werden kann.“

Auch für den Biberacher Architekte­n Frank Ladel von JKLM, Büro für Architektu­r, ist die Sanierung eine besondere Herausford­erung. Jeder einzelne Balken im Dachstuhl der Kirche wurde vom Statiker der Firma IB Tragwerke plus und vom Holzsachve­rständigen Robert Ott geprüft. Viele Holzteile mussten aufgrund dieses Gutachtens denkmalger­echt ausgetausc­ht werden. Im November 2020 haben die Bauarbeite­n am Dach begonnen. Vor allem an der Südseite der Kirche sind die Holzauflag­en, die das Dach mit der Decke verbinden, stark angegriffe­n. „Wasser ist eingedrung­en, ein Pilzund Holzwurmbe­fall führte zur starken Schädigung der Konstrukti­on, wodurch sich das Dach nach Süden geneigt hat“, erklärt Frank Ladel. Auch die Stuckdecke im Inneren der Kirche wurde dadurch schon teilweise beschädigt. Die Sanierung wurde jetzt, trotz vorangegan­gener Sicherungs­maßnahmen, dringend notwendig, da sonst die Nutzbarkei­t der Kirche nicht mehr gegeben gewesen wäre.

Für Frank Ladel ist die Arbeit auf dieser Baustelle besonders schön. „Vor allem auch historisch sehr interessan­t, man weiß nie, was man im Gemäuer findet.“Zudem hat die Heilig-Geist-Kirche mit dem angeschlos­senen Friedhof für ihn einen besonderen Charme: „Der erinnert mich an den Zentralfri­edhof in Wien, ich komme sehr gerne hierher.“

Ende Mai sollen die Bauarbeite­n am Dachstuhl beendet sein, dann kann der zweite Bauabschni­tt im Inneren der Kirche beginnen. Hier steht die Sanierung der Decke und der Wände an. Insgesamt schätzt Dekan Krack die Kosten für die ersten beiden Bauabschni­tte auf rund 740 000 Euro. „Das ist viel Geld, vor allem, wenn man bedenkt, dass aktuell auch unsere Stadtpfarr­kirche renoviert wird.“Dennoch gelte es, die historisch­en Kirchen zu erhalten, sodass auch die nächsten Generation­en ihre Freude daran haben. „Beide Kirchen sind sehr bedeutend für unsere Stadt.“

Finanziert wird das Ganze zum einen aus Mitteln der Kirchenste­uer, es gibt aber auch Zuschüsse der Deutschen Stiftung Denkmalsch­utz – immerhin 55 000 Euro –, aus dem Denkmalsch­utzprogram­m des Bundes, des Landes und von der Landeskirc­he. „Besonders erfreulich sind für mich aber die Spenden aus der Bürgerscha­ft, die von einzelnen Euros

bis hin zu hohen fünfstelli­gen Summen reichen“, sagt Dekan Krack. „Es ist wirklich bewegend zu sehen, wie sich Menschen mit dieser Kirche verbunden fühlen.“Dank des Einsatzes der beiden Bundestags­abgeordnet­en, Josef Rief und Martin Gerster, gab es zusätzlich 150 000 Euro Sondermitt­el aus dem Denkmalsch­utzprogram­m des Bundes. „Wir sind nach wie vor für jede Hilfe und Unterstütz­ung sehr dankbar.“

Der dritte Bauabschni­tt umfasst schließlic­h die Sanierung der sogenannte­n Epitaphien. Das sind die Gedenktafe­ln, die an den Seitenwänd­en in der Kirche hängen, sie sind meist mit der Inschrift für einen Verstorben­en versehen. „Hier wissen wir noch nicht, wie viel das kostet. Da die Epitaphien sehr alt sind und sorgsam mit ihnen umgegangen werden muss“, sagt Dekan Krack.

Wenn die Arbeiten abgeschlos­sen sind, soll die Kirche wieder für die Menschen geöffnet werden. Aktuell befasst sich Pfarrer Johannes Köhnlein gemeinsam mit dem Förderkrei­s der Heilig-Geist-Kirche über die künftige Nutzung der Kirche. Ursprüngli­ch ist die Heilig-Geist-Kirche hauptsächl­ich eine Friedhofsk­irche, diente über viele Jahrzehnte aber als Gemeindeki­rche für die Heilig-Geist-Gemeinde, die jetzt zur Stadt-Kirchengem­einde fusioniert ist. Auch haben schon unzählige Konzerte in ihr stattgefun­den. Wie es künftig weitergeht, das werden die Verantwort­lichen gemeinsam entscheide­n. „Wir freuen uns schon sehr, wenn die Kirche wieder geöffnet werden kann“, sagt Pfarrer Köhnlein. „Und wir sind sehr dankbar, dass alles bisher ohne Probleme und gut verlaufen ist.“

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FOTOS: TANJA BOSCH Die Bauarbeite­n an der Heilig-Geist-Kirche an der Ulmer Straße haben Ende November begonnen.
 ??  ?? Dekan Matthias Krack hofft, dass die Heilig-Geist-Kirche noch in diesem Jahr wieder für die Bevölkerun­g geöffnet werden kann.
Dekan Matthias Krack hofft, dass die Heilig-Geist-Kirche noch in diesem Jahr wieder für die Bevölkerun­g geöffnet werden kann.
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Architekt Frank Ladel zeigt die maroden Balken im Dachstuhl.

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