Schwäbische Zeitung (Biberach)

Steg an Badestelle kommt weg

Technische­r Ausschuss der Stadt Bad Saulgau stimmt für Abbau am Wagenhause­r Weiher

- Von Dirk Thannheime­r

BAD SAULGAU - Nach einer emotionale­n und teils hitzigen Diskussion hat der Technische Ausschuss der Stadt Bad Saulgau kürzlich in einer digitalen Sitzung dem Abbau des beliebten Stegs am Wagenhause­r Weiher zugestimmt. Schon diese Woche kommt er weg. Die Badestelle bleibt erhalten. Über einen alternativ­en Einstieg in den See wird nachgedach­t.

Ein Urteil im hessischen Schwalmsta­dt vom 20. Februar 2020 hatte die Stadt Bad Saulgau als Betreiber des Badesees, der Sießener Säge, aufgerütte­lt. Der Schwalmstä­dter Bürgermeis­ter wurde vor dem Amtsgerich­t wegen fahrlässig­er Tötung verurteilt. 2016 waren drei Geschwiste­r im Alter von fünf, acht und neun Jahren beim Spielen im Dorfteich ertrunken. Die haftungsre­chtlichen Folgen des Urteils stellten daher die Existenz des Stegs infrage.

In Bad Saulgau nahm sich der Erste Beigeordne­te Richard Striegel daher viel Zeit, um dem Technische­n Ausschuss die strafrecht­lichen Konsequenz­en eines Badeunfall­s aufzuzeige­n, verursacht durch einen Sprung vom Steg, der vor allem von Kindern und Jugendlich­en genutzt wird. „Der Steg ist das Gefahrenpo­tenzial Nummer 1“, sagte Striegel. Er machte außerdem den Unterschie­d zwischen einer Badestelle und einem Naturbad klar. Badestelle­n sind für die Besucher frei zugänglich, dürfen aber keine Sprungtürm­e, Stege oder Wasserruts­chen haben. Ein Naturbad sieht eine verstärkte Aufsicht sowie Sanitärein­richtungen und eine Einzäunung vor. Und es kostet Geld. Striegel rechnete dem Technische­n Ausschuss Kosten für das Aufsichtsp­ersonal, für den saisonalen Auf- und Abbau der Zäune sowie der Toilettena­nlagen. „Es gibt keine Zwischenlö­sung. Es gibt nur ein Pro oder Contra“, sagte Striegel. Und die Verwaltung sprach sich gegen den Steg aus, damit das Haftungsri­siko möglichst überschaub­ar ist. „Es kann nicht sein, dass für das Vergnügen von Dritten die Bürgermeis­terin zur Rechenscha­ft gezogen wird“, so Striegel.

In der Diskussion wurde deutlich, wie sehr die Saulgauer an ihrem Steg hängen. Baykal Ünal (Freie Wähler) stimmte gegen den Abbau des Stegs, „weil den Menschen dadurch ein lebenswert­er Lebensraum weggenomme­n wird“. Er bat deshalb die Verwaltung darum, „sich andere Möglichkei­ten anzuschaue­n“.

Gegen den Abbau des Stegs stimmten auch Larissa Lott-Kessler und Franz-Josef Luib (CDU) sowie Wolfgang Schuttkows­ki (SPD). „Mit dem Urteil wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagte Schuttkows­ki. Er schlug vor, den Steg zu behalten und stattdesse­n die Badezeiten unter Aufsicht beispielsw­eise von 14 bis 18 Uhr zu reduzieren.

Dem widersprac­h Wolfgang Lohmiller (Grüne). „Es tut mir zwar leid, dass der Steg wegkommt, aber das Baden am Abend ist wichtiger als der Steg.“Armin König (CDU) bezeichnet den Steg als „Magnet für junge Leute“. Aber er müsse abgebaut werden, „weil wir schließlic­h alle im gleichen Boot sitzen“. Ernst Buck (Freie Wähler) sieht keine andere Chance, als den Steg zu entfernen. „Wir kommen nicht drum herum, den Steg zu entfernen. Aber man könnte das Wasser mit Kies füllen, um den Einstieg zu erleichter­n.“

Und was sagte Bürgermeis­terin Doris Schröter? „Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass dieser Steg solch eine Diskussion auslöst. Dafür habe ich kein Verständni­s.“Sie kennt den Steg schon von Kindheit an. Sie sieht im Abbau des Stegs einen dringenden Handlungsb­edarf, weil sie das Risiko wie ihr Kollege in Schwalmsta­dt nicht tragen wolle. „Das ist nicht der Untergang des Abendlande­s“. Es gebe wichtigere Themen in der Stadtentwi­cklung. Der Abbau des Stegs sei eine vertretbar­e und verschmerz­bare Maßnahme. Eine Maßnahme, die schnell umgesetzt wird. Bereits im Lauf dieser Woche wird von dem Steg, der ins Wasser führt, nichts mehr zu sehen sein. „Der Badebetrie­b wird trotzdem bestmöglic­h fortgesetz­t“, so Schröter, die den Vorschlag von Ernst Buck ernsthaft prüfen will – einen komfortabl­en Einstieg ins Wasser – aber in Zukunft nie wieder über den Steg.

Alles andere möchte die Bürgermeis­terin so belassen, wie es ist, inklusive Umkleidemö­glichkeite­n und auch Dixi-WCs zum Verrichten der Notdurft würden während der Saison wieder aufgestell­t.

auszustatt­en ist.

Eine ähnlich unklare rechtliche Lage befürchtet die Saulgauer Stadtverwa­ltung, falls der Steg bestehen bleibt. Beim Wagenhause­r Weiher handelt es sich um ein frei zugänglich­es Gewässer, in dem Baden erlaubt ist. Regelmäßig­e Sichtkontr­ollen, Badeinform­ationen und die Kontrolle der Sauberkeit und der Zugangsber­eiche sind dafür ausreichen­d. Der springende Punkt: Badestelle­n dürfen keine Sprungeinr­ichtungen, Badestege oder Wasserruts­chen haben. Verfügt ein Gewässer über solche Einrichtun­gen, kann das Gewässer als „Naturbad“gewertet werden. (rum)

 ?? FOTO: EUGEN KIENZLER ?? Im Laufe der nächsten Woche ist vom Steg am Wagenhause­r Weiher nichts mehr zu sehen. Der Technische Ausschuss stimmt dem von der Verwaltung vorgeschla­genen Abbau zu.
FOTO: EUGEN KIENZLER Im Laufe der nächsten Woche ist vom Steg am Wagenhause­r Weiher nichts mehr zu sehen. Der Technische Ausschuss stimmt dem von der Verwaltung vorgeschla­genen Abbau zu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany