Schwäbische Zeitung (Biberach)
1800 Raketenabschüsse auf Israel
Als Reaktion auf Hamas-Angriffe weitet das Militär seine Gegenschläge aus – Weitere Reservisten mobilisiert
JERUSALEM/GAZA (dpa) - Israels Verteidigungsminister Benny Gantz hat angesichts der Eskalation im Gaza-Konflikt die Mobilisierung von weiteren 9000 Reservisten genehmigt. Dies teilte sein Büro am Donnerstag mit. Die zusätzlichen Kräfte sollen demnach unter anderem dem südlichen und zentralen Regionalkommando der Streitkräfte zugeteilt werden. Am Dienstag hatte die israelische Armee bereits 5000 Reservisten mobilisiert.
Militante Palästinenser im Gazastreifen setzten am Donnerstag ihre Raketenangriffe auf Israel fort, während Israel weiterhin Ziele in dem Palästinensergebiet beschoss. Nach Angaben der Armee wurden seit Montagabend rund 1800 Raketen auf Israel abgefeuert. Dabei wurden in Israel bislang sieben Menschen getötet. Im Gazastreifen starben nach Angaben des Gesundheitsministeriums 87 Menschen.
In der vergangenen Nacht und am frühen Morgen verstärkten israelische Kampfflugzeuge ihre Angriffe auf Einrichtungen der Hamas und der militanten Gruppe Islamischer Dschihad. Israelische Kampfjets haben nach Militärangaben eine Anlage des Hamas-Geheimdienstes beschossen. Auf dem Areal befindet sich das wichtigste militärische Beobachtungszentrum der Organisation, wie die Armee am Donnerstag mitteilte. Dutzende Mitglieder der islamistischen Hamas sollen sich demnach zur Zeit des Angriffs dort aufgehalten haben. Ob es Tote oder Verletzte unter ihnen gab, sagte die Armee nicht.
Auch aus dem Libanon sind nach Militärangaben drei Raketen auf Israel abgefeuert worden. Sie seien aber vor der Küste im Norden des Landes ins Mittelmeer gefallen, teilte die israelische Armee am Donnerstagabend mit. Libanesische Sicherheitskreise bestätigten, es seien drei Raketen vom Süden des Libanons aus abgefeuert worden. Es war unklar, welche Gruppierung für den Angriff verantwortlich ist. Das israelische Fernsehen berichtete, es gebe weder Verletzte noch Sachschaden.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron will unterdessen zu einer raschen Beruhigung des Konflikts beitragen. In einem Telefonat mit dem Palästinenserpräsidenten
Mahmud Abbas habe der 43-Jährige die Raketenangriffe der islamistischen Hamas und „anderer terroristischer Gruppen“auf Israel verurteilt, teilte der Élyséepalast in Paris mit. Macron habe auch sein Beileid für die zahlreichen Opfer in der palästinensischen Zivilbevölkerung bekundet. Er wolle auch mit Netanjahu telefonieren.
Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist zuletzt wieder aufgeflammt. Er spitzte sich im muslimischen Fastenmonat Ramadan und nach der Absage der Parlamentswahl in den Palästinensergebieten
immer weiter zu. Als Auslöser gelten etwa Polizei-Absperrungen in der Jerusalemer Altstadt, die viele junge Palästinenser als Demütigung empfanden. Hinzu kamen drohende Zwangsräumungen von Familien und daraus resultierende Auseinandersetzungen von Palästinensern und israelischen Siedlern im Jerusalemer Viertel Scheich Dscharrah sowie heftige Zusammenstöße auf dem Tempelberg (Al-Haram al-Scharif).
Der Status Jerusalems ist seit Langem eine der zentralen Streitfragen im Nahost-Konflikt. Israel beansprucht Jerusalem als „ewige und unteilbare Hauptstadt“für sich. Die Palästinenser halten am Anspruch auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Staates fest. Die im Gazastreifen herrschende, islamistische Hamas hat sich zum Verteidiger Jerusalems erklärt.
Von Israel verlangte die Hamas zu Wochenbeginn per Ultimatum unter anderem, dass alle israelischen Polizisten und Siedler den Tempelberg und Scheich Dscharrah verlassen – Israel folgte dieser Aufforderung nicht. Die Hamas hat ihren Raketenbeschuss unter das Motto „Schwert von Jerusalem“gestellt. Israel nennt seinen Militäreinsatz „Wächter der Mauern“.
Israels Sicherheitskabinett hat zuletzt eine Ausweitung des Militäreinsatzes beschlossen. Die Armee solle gezielt „Symbole der Hamas-Herrschaft“in dem Palästinensergebiet angreifen, berichtete der Sender Kanal 12. Am Mittwoch hatte die Armee gezielt hochrangige Vertreter von Hamas und Islamischem Dschihad angegriffen. International wuchs die Besorgnis über eine weitere Eskalation des Konflikts.