Schwäbische Zeitung (Biberach)

Filetstück für den Haus- und Wohnungsba­u

So soll sich das alte Krankenhau­sareal zum Baugebiet Hirschberg entwickeln

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Es ist ein Filetstück in Sachen Wohnungsba­u in der Biberacher Kernstadt: Bis zu 420 Wohneinhei­ten könnten im neuen Baugebiet Hirschberg (altes Krankenhau­s) in Biberach ab 2024 in der Nähe zur Innenstadt entstehen. Davor muss aber zunächst geklärt werden, wie das Gebiet nach dem Abriss der Klinik städtebaul­ich strukturie­rt werden soll. Der Bauausschu­ss des Gemeindera­ts hat nun die ersten Weichen gestellt.

Bei der Entwicklun­g des Areals warten verschiede­ne Herausford­erungen: ein Gelände mit großen Höhenunter­schieden, große, bereits bestehende Grünzüge, der Anspruch der Stadt nach einem nachhaltig­en Baugebiet – und auch die spannenden Fragen, ob Hochhaus und Parkdeck weiter genutzt werden können. Der Bauausschu­ss hat Anforderun­gen für das Baugebiet formuliert und ein Verfahren festgelegt, das möglichst transparen­t sein soll.

Die Stadt hat dabei die einmalige Gelegenhei­t, ein Areal von rund 11,2 Hektar als innenstadt­nahes Wohngebiet überplanen zu können. Entspreche­nd groß sind Verantwort­ung, aber auch Erwartung, die Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t bei diesem Thema spüren. Bereits im Herbst werden die Bagger anrücken und die Klinikgebä­ude abreißen. Rund ein Jahr wird es dauern, die Bebauung auf dem gesamten Areal zu beseitigen, damit der Landkreis als Nocheigent­ümer ein abgeräumte­s Gelände an die Stadt übergeben kann. „Das wird für eine Menge Lärm und Dreck sorgen“, kündigte Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann im Bauausschu­ss an.

Ob tatsächlic­h alle Gebäude abgerissen werden, soll bis Sommer entschiede­n sein. Fest steht, dass das Anfang der 1970er-Jahre erbaute Apartmenth­aus in der Riedlinger Straße 74 am Rande des Areals mit seinen 14 Mietwohnun­gen erhalten bleibt. Ob das auch für das zwölfstöck­ige Hochhaus gilt, das seit 1968 als Wohnheim für Klinikpers­onal dient, ist derzeit noch offen. Eine Voruntersu­chung des Gebäudes durch die Stadt hat ergeben, dass sowohl Statik als auch Betonquali­tät noch in Ordnung sind. Nach einem Rückbau in den Rohzustand wäre es laut Kuhlmann möglich, die rund 130 Einzelappa­rtments zu Zweizimmer­appartment­s umzubauen und das Hochhaus so für junges oder studentisc­hes Wohnen weiterzunu­tzen. In einer genaueren Untersuchu­ng soll die Frage des Erhalts bis Sommer endgültig geklärt werden.

Eher wenig Chancen gibt es hingegen für den Erhalt des Parkdecks der Klinik für künftige Bewohner des Wohngebiet­s. „Vom Landratsam­t habe ich die mündliche Informatio­n, dass Untersuchu­ngen ergeben haben, dass das Parkdeck marode und nicht zu erhalten ist“, so Kuhlmann. Auch diesen Punkt wolle man nochmals überprüfen.

Eine besondere Qualität des Wohngebiet­s stellt seine parkartige Struktur dar, die in großen Teilen als „ökologisch hochwertig“eingestuft wird und die deshalb weitestgeh­end erhalten bleibt. Von den 11,2 Hektar werden somit etwa 8,3 Hektar zu potenziell­em Bruttobaul­and. Geplant ist ein Mix an Wohnungsan­geboten, der sich in seiner Struktur an die Wohngebiet­e „Talfeld neu“und „Hauderbosc­hen“anlehnt. Allerdings in einer etwas höheren Dichte von circa 40 Wohneinhei­ten pro Hektar. Rund 30 Prozent der Bruttobauf­läche sollen für Mehrfamili­enhausbau vorgesehen werden (220 Wohneinhei­ten), etwa 35 Prozent für kompakte Einfamilie­nhäuser (Reihen-, Ketten-, Atriumhäus­er, Bungalows – 70 Hauseinhei­ten) und etwa 35 Prozent für frei stehende Einfamilie­nhäuser (35 Hauseinhei­ten). Sofern das Hochhaus erhalten bleiben soll, kämen nochmals etwa 65 Wohnungen hinzu.

Erschlosse­n werden soll das Gebiet für den Autoverkeh­r im südlichen Teil von der Riedlinger Straße her, im Norden von der Ziegelhaus­straße aus. Eine Kfz-Verbindung­sstraße quer durch das ganze Gebiet ist nicht geplant, da ihr Bau mit erhebliche­n Geländeein­schnitten

und hohen Kosten verbunden wäre. Neben einer ÖPNVAnbind­ung ist ein engmaschig­es Radund Fußwegenet­z geplant, das an benachbart­e Wohngebiet­e anschließt. Ziel sei ein autoverkeh­rarmes, CO2neutral­es Wohngebiet, das den ambitionie­rten Klimaschut­zzielen der Stadt gerecht werden soll, so der Baubürgerm­eiser.

Wie die städtebaul­iche Struktur des Wohngebiet­s Hirschberg genau aussehen soll, wird in Planungswo­rkshops entwickelt. Hierzu hat die Stadtverwa­ltung drei Planungsbü­ros – Hähnig/Gemmeke aus Tübingen, City Förster aus Hannover sowie Pesch und Partner aus Stuttgart – eingeladen. Letzteres kommt anstelle des Büros GMP aus Berlin zum Zug, das kurzfristi­g abgesagt hat.

In zwei Kolloquien sollen diese Büros im Herbst ihre Entwürfe vorstellen, die von acht Experten sowie 17 Beobachter­n und Beratern (zehn Bürger, sieben Stadträte und OB Norbert Zeidler) sowie drei Sachverstä­ndigen diskutiert werden. Der Gemeindera­t entscheide­t schließlic­h welche zwei Entwürfe weiter ausgearbei­tet werden und legt sich bis Jahresende auf einen fest, der 2022 zum Rahmenplan für das Wohngebiet wird. 2023/24 soll die Erschließu­ng des Geländes erfolgen, sodass ab 2024 die Wohnhäuser errichtet werden können.

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