Schwäbische Zeitung (Biberach)
Das Dietrich macht sich fit für den Neustart
Kino nutzt die Corona-Zwangspause zur Rundumerneuerung
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NEU-ULM - Als Roman Sailer, Betreiber des Neu-Ulmer Dietrich-Theaters sowie der Ulmer „Arthaus“-Kinos Lichtburg, Mephisto und Obscura, im vergangenen Herbst die eigene Situation und die der anderen Lichtspielhäuser beschrieb, sprach er davon, dass die Corona-Pandemie „ein langfristiges Problem“sei. Er erzählte, dass die Kinos 2020 kaum 50 Prozent von dem erwirtschaften konnten, was vor Covid-19 gang und gäbe war.
Jetzt sieht er die Lage zwar realistisch („Was die Öffnung unserer Kinos anbetrifft, sind wir abhängig von der Inzidenz und da sind wir hier von einer guten Zahl noch weit entfernt“), aber auch mit verhaltenem Optimismus: „Im Dietrich-Theater laufen massive Umbauarbeiten, insbesondere auch im Gastronomiebereich. Wir können das finanziell stemmen und wollen den künftigen Besuchern etwas Tolles bieten.“Mitarbeiter wie zum Beispiel Sebastian Schmid, dem die Gesamtleitung Kino obliegt, freuen sich, wenn vor allem das zu großen Teilen neu gestaltete Dietrich-Theater mit seinen elf Leinwänden wieder geöffnet werden darf – und haben für den Neustart Anfang bis Mitte Juni ins Auge gefasst.
Interessant ist, was sich gerade im Dietrich-Theater abspielt, das momentan einer Baustelle gleicht. Sebastian Schmid ist über die Pandemie alles andere als glücklich, sagt aber: „Man muss das ganz pragmatisch sehen. Wir nutzen einfach die Zeit, in der wir unser Haus geschlossen haben müssen, für die notwendigen Renovierungsarbeiten.“Klar, das ist besser, als wenn das Kino während der Spielzeit ganz oder teilweise dicht machen müsste. Es gab auch finanzielle Unterstützung für das Kino und so kann das DietrichTheater top hergerichtet werden. Das ist auch Schmid ganz wichtig: „Obwohl bei uns das Preisniveau moderat ist, pflegen wir hohe Qualitätsstandards und glauben ans Kino. Streaming ist etwas ganz anderes, kann das Kino nicht ersetzen. Kino und Gastronomie sind ein schönes Gesamterlebnis. Wir haben ein Parkhaus, großartige Technik, Filme für alle Geschmäcker und einen Gastrobereich, insbesondere das ‘Peach Pit’, das gerade völlig neu gestaltet wird.“
In vier Kinosälen werden die Sessel komplett ausgetauscht. Zum Teil sind die neuen schon montiert und die alten, aber noch gut erhaltenen, verkauft. Im großen Saal fünf werden die letzten Reihen mit Luxus-Einzelsesseln ausgestattet, die ein kleines Tischchen haben und per Knopfdruck zu einer Art Liegesessel umfunktioniert werden können. „In den Sälen vier und sechs haben wir das gleiche vor“, erläutert Schmid. Ende Mai sollen die Sessel aus Australien kommend in Hamburg eintreffen, anschließend werden sie nach NeuUlm verfrachtet, wie der Kino-Gesamtleiter erzählt. Auch an der Technik wird im Haus gebastelt. „Im Saal sechs haben wir die Anzahl der Lautsprecher um ein Vielfaches erhöht“, so Schmid. „Wie in den Sälen acht und neun setzen wir dort nun auf das Surround-Sound-Format ‘Dolby Atmos’. Da können wir beim Ton richtig Gas geben. Das wird ein Kinoerlebnis, das einen in die Sessel drückt.
Im vergangenen Sommer setzten Kinobetreiber in der Region noch auf andere Formate: Autokinos sollten, coronakonform, das Publikum anlocken. Doch die Sache mit den Autokinos dürfte sich in der Region ziemlich erledigt haben, vielleicht auch, weil die Kinobetreiber auf ein baldiges Ende von Corona setzen. Michael Freudenberg, der Cineasten vergangenes Jahr ein solches in der Ulmer Weststadt angeboten hatte, sagt: „Dieses Jahr wird es von mir kein Autokino geben.“Dafür haben Roman Sailer und sein Team geplant, im
Freibad des SSV Ulm wieder OpenAir-Kino zu zeigen. Als noch bis 2020 ein Augsburger Unternehmen dies betrieben hatte, hieß es „Donauflimmern“. Nun wird es den Namen „Donau, Film und Sterne“tragen und unter der Ägide des lokalen Betreibers stehen.
Auch die Neu-Ulmer gehen nicht ans Autokino ran. Schmid: „Die Vielzahl der Autokinos im vergangenen Jahr war nicht sehr erfolgreich und uns stehen auch keine geeigneten Flächen zur Verfügung.“Trotz der vorsichtigen Zuversicht hinsichtlich des künftigen Kinogeschäfts ist sich Kinoleiter Sebastian Schmid sicher: „Ein bisschen was wird sich durch die Pandemie verschieben. Wir brauchen ein Konzept und müssen auf Trends reagieren.“