Schwäbische Zeitung (Biberach)
Bezahlbares Wohnen: Heimstätte feiert Jubiläum
87 Wohnungen der Baugenossenschaft sind derzeit im Bau und 100 weitere in der Planungsphase
ULM (sz) - Die Idee zur Gründung von Wohnungsbaugenossenschaften ist ein Kind des 19. Jahrhunderts. Aus der großen Not der abhängig Beschäftigten erwuchs eine zunehmende Arbeiteridentität. Vielen war klar, dass der einzige Ausweg aus scheinbar auswegloser Lage nur die Selbsthilfe sein konnte. Wo man alleine zu schwach war, konnten in der Gemeinschaft Berge versetzt werden. Eines der drängendsten Probleme jener Tage: bezahlbarer Wohnraum.
1896 aus der Wohnungsnot der Industrialisierung Ulms gegründet, ist die Ulmer Heimstätte (UH) heute ein wichtiger Wohnungsgeber für die Menschen in Ulm. Dabei ist sie ihrer Gründungsidee, bezahlbaren Wohnraum „für ein glückliches und menschenwürdiges Leben“zu schaffen, treu geblieben. Heute verfügt die UH über einen Bestand von über 2500 Wohnungen und hat mehr als 5600 Mitglieder. „Seit 125 Jahren steht die Ulmer Heimstätte für bezahlbaren Wohnraum. Damals wie heute ist die Gründungsidee brandaktuell. Denn die Nachfrage nach preiswerten Mietwohnungen ist ungebrochen“, so Christoph Neis, Vorstand der UH.
Die Geschichte der UH nahm am 2. Mai 1896 ihren Lauf, als sich einige Ulmer Bürger im Saal des Gasthauses Krone in der Kronengasse zusammenfanden, mit dem Ziel, die erste Ulmer Wohnungsbaugenossenschaft zu gründen. Unter Federführung von Friedrich Fallscheer wurde an diesem Abend der „Sparund Bauverein“ins Leben gerufen. Der 2. Mai 1896 gilt fortan als Gründungsdatum der UH. Angetan von der Idee gründete sich nur fünf Jahre später im Jahr 1901 der „Bau und Sparverein Blauflesch“und über die Jahre folgten noch drei weitere Baugenossenschaften. Die letzte Gründung erfolgte 1925 mit der „Ulmer Wohnungsbau eGmbH“. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten sorgte dafür, dass sich nach und nach bis Dezember 1940 die fünf Ulmer Baugenossenschaften zur heutigen UH zusammenschlossen.
Die UH hat zwei Besonderheiten aus ihrer bewegten Geschichte mitgenommen. Von bundesweit insgesamt 1840 Baugenossenschaften ist sie eine von 47 Baugenossenschaften mit einer eigenen Spareinrichtung. Bereits der „Spar- und Bauverein“ und der „Bau- und Sparverein Blauflesch“hatten es als wichtiges Finanzierungselement erkannt und eine Spareinrichtung eingeführt. Über den Zusammenschluss der fünf Genossenschaften hinweg, behielt man die Spareinrichtung bis heute bei. Auch im 21. Jahrhundert werden die Spareinlagen der Mitglieder ausschließlich zur Finanzierung des eigenen Wohnungsbestands eingesetzt. Der eigene Regiebetrieb ist dagegen ein Relikt aus der Nachkriegszeit. Aufgrund der Vollauslastung der Handwerksbetriebe stellte die UH damals ihre eigenen Handwerker ein. 1949 wurde eine eigene Werkstatt eingerichtet und das Team auf drei Personen erweitert. Und auch heute gilt, dass alle Maler-, Schreiner- oder Sanitärarbeiten, die innerhalb eines Tages durchgeführt werden können, vom Regiebetrieb erledigt werden.
„Wir sind sehr stolz auf unseren Regiebetrieb. Gerade in Zeiten, in denen das Handwerk wieder voll ausgelastet ist, erweist sich unser eigenes Team als wertvoll. So können wir schnell und flexibel auf unvorhergesehene Schäden reagieren und unseren Mietern einen guten Service bieten“, so Michael Lott, Vorstand der Ulmer Heimstätte.
Der Reiz der Genossenschaft ist weiterhin ungebrochen und als Anteilseigner bilden die Mitglieder das Fundament der Ulmer Heimstätte. Alle Mitglieder einer Genossenschaft haben die gleichen Rechte und Pflichten, unabhängig von der Höhe ihrer Anteile, damals wie heute. Auch im 21. Jahrhundert bleibt das Thema Bezahlbares Wohnen aktuell. Auch in Ulm übersteigt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum das Angebot. Daher ist die Realisierung von sozialgebundenem Wohnraum in allen Neubauprojekten ein wesentliches Ziel der UH. Mit ihren ambitionierten Wohnungsbauprojekten leistet die Heimstätte einen wichtigen Beitrag zur Entspannung des Wohnungsmarktes. Auch die konsequenten Investitionen in die Wohnungsbestände sichern weiterhin die Attraktivität der Bestandswohnungen. So sind aktuell 87 Neubauwohnungen im Bau und 100 weitere in der Planungsphase. Die UH prägt mit ihren Bestandsgebäuden ganze Quartiere, dabei ist die Weststadt der Mittelpunkt der Baugenossenschaft.