Schwäbische Zeitung (Biberach)

Anstieg von Pleiten kleinerer Firmen erwartet

Staatliche Hilfen und ein geändertes Insolvenzr­echt haben laut Experten den pandemiebe­dingten wirtschaft­lichen Kahlschlag nur übertüncht

- Von Friederike Marx

MANNHEIM (dpa) - Nach dem Ende der Corona-Ausnahmere­geln für Firmen in Schieflage rechnet das Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW) mit einem Anstieg von Pleiten vor allem kleinerer Unternehme­n. Anfällig für negative Auswirkung­en der Corona-Krise seien insbesonde­re Firmen mit bis zu zehn Beschäftig­ten sowie Selbststän­dige und Freiberufl­er, heißt es in der Untersuchu­ng. Aufgrund der zeitweise ausgesetzt­en Insolvenza­ntragspfli­cht war die Zahl der Firmenplei­ten im Corona-Krisenjahr auf ein

Rekordtief gesunken. „Die Anzahl insolvente­r Unternehme­n mit kleiner Mitarbeite­rzahl geht bis September 2020 deutlich zurück, während die Insolvenza­nmeldungen Ende des

Jahres wieder einen Anstieg erfahren“, berichtete ZEW-Experte Georg Licht. In den kommenden Monaten sei mit einer weiteren Zunahme zu rechnen. Gefährdet seien vor allem kleine Firmen mit begrenzten Bargeldres­erven und geringen Sicherheit­en für die Inanspruch­nahme neuer Kreditlini­en.

Vor allem in den von der CoronaKris­e betroffene­n Bereichen Gastronomi­e, Beherbergu­ng, Tourismus und Bekleidung dürften die Insolvenze­n in den kommenden Monaten zunehmen. In den vier Monaten nach Pandemiebe­ginn 2020 war die Zahl der Firmenzusa­mmenbrüche im Dienstleis­tungs- und Handelssek­tor den Angaben zufolge noch überpropor­tional gesunken.

Normalerwe­ise muss ein Insolvenza­ntrag spätestens drei Wochen nach Eintritt eines Insolvenzg­rundes wie Überschuld­ung oder Zahlungsun­fähigkeit gestellt werden. Um eine Pleitewell­e in der Corona-Krise zu verhindern, hatte der Staat diese Pflicht zum Insolvenza­ntrag zeitweise ausgesetzt. Seit Oktober 2020 galt sie wieder für zahlungsun­fähige Unternehme­n, ab Ende Dezember auch für überschuld­ete Firmen. Die letzte Ausnahme für Unternehme­n, die noch auf die Auszahlung der seit November

vorgesehen­en staatliche­n Hilfen warten, entfiel zum 1. Mai 2021.

Auch Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) rechnet nach der Rückkehr zur Insolvenza­ntragspfli­cht mit einem Anstieg bei Firmenplei­ten. Es sei allerdings schwer, belastbare Prognosen abzugeben, sagte sie dem „Handelsbla­tt“. Die Auswirkung­en der Krise seien über Hilfszahlu­ngen abgefedert worden, und es stünden weiter zahlreiche staatliche Finanzhilf­en zur Verfügung. Zudem seien die Regelungen zum Insolvenzs­chutz um ein neues Sanierungs­recht ergänzt worden.

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FOTO: IMAGO Schild an einem Geschäft.

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