Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Die Branche muss den Kopf hinhalten“
Boris Aierstock, Obermeister der Friseurinnung Biberach, spricht über die neueste Corona-Verordnung
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BIBERACH - Und schon wieder gibt es eine neue Corona-Verordnung des Landes, die seit Montag gilt. Demnach gilt die 3G-Regel ab sofort inzidenzunabhängig für viele Bereiche im Alltag. Auch ein Friseurbesuch ist wieder nur den Kundinnen und Kunden möglich, die geimpft, genesen oder getestet sind. Ausnahmen gibt es für Kinder unter sechs Jahren, Schüler und Berufsschüler. Erneut ein herber Rückschlag für die Friseurbranche. Tanja Bosch hat mit Boris Aierstock, Obermeister der Friseurinnung Biberach, gesprochen.
Herr Aierstock, wie ist die Stimmung bezüglich der neuen CoronaVerordnung?
Boris Aierstock: Meine Gefühlslage ist nicht so toll. In den vergangenen Wochen, ohne die Testpflicht, hatte sich die Lage bei den Friseuren endlich wieder ein bisschen normalisiert. Jetzt wird das wieder jäh unterbrochen und wir sind die Leidtragenden.
Ich habe kein Verständnis mehr dafür, warum wir zusammen mit unserer Kundschaft drangsaliert werden.
Ist die Testpflicht bei Friseuren denn nicht nötig, um die Pandemie einzudämmen?
Wir hatten bislang so gut wie keinen Corona-Ausbruch in der Branche,
● wir arbeiten unter strengsten Hygieneauflagen und halten uns an die Abstände. Wer eine Maske trägt, ist voll geschützt. Geht es um Behandlungen wie Make-up oder einen Bartschnitt, könnte man die neue Regel diskutieren, aber 95 Prozent der Kundschaft kommt zum Haareschneiden oder Färben. Da frage ich mich schon, was der Unterschied zum Bus- oder Bahnfahren ist, das geht schließlich auch ohne Test.
Welche Auswirkungen könnte die neue Regelung mit sich bringen?
Zum einen ist ein Teil der Kundschaft sehr verunsichert und kommt möglicherweise nicht zum Friseur oder nicht mehr so häufig. Wobei ich hoffe, dass mittlerweile die meisten Menschen geimpft sind. Zum anderen besteht die Gefahr, dass ein Teil der Dienstleistungen in den illegalen Bereich abwandert und dafür sollte nicht Vorschub geleistet werden. Zumal Ausnahmeregelungen für Schüler und Berufsschüler zu Diskussionen führen können, wenn der Nachweis nicht vorliegt. Das vergangene
Jahr war wirtschaftlich desaströs für die Branche, damit werden wir erneut geschwächt.
Was würden Sie sich von der Politik wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass wir nicht dafür benutzt werden, eine „versteckte Impfpflicht“bei den Menschen zu erzwingen. Die Branche muss den Kopf hinhalten und die Politik nimmt in Kauf, dass wir wieder wirtschaftlich geschwächt werden. Zudem werden wir so ungewollt zu Kontrollen gezwungen, die zu Diskussionen führen, die bei uns eigentlich fehl am Platz sind. Ein Friseurbesuch ist dafür da, den Menschen ein gutes Gefühl zu geben.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir werden nun wieder die 3G-Regel kontrollieren und schauen, wie die Lage sich entwickelt. Zusätzlich müssen wir wieder die Anwesenheit dokumentieren und die Kontaktdaten aufnehmen. Etwas anderes bleibt uns aktuell nicht übrig.