Schwäbische Zeitung (Biberach)

Reserven fehlen

Autozulief­erer haben weniger Geld für Elektro-Wende

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MÜNCHEN (dpa) - Der Wandel im Automobils­ektor zu Elektrofah­rzeugen hat auch die Zulieferbr­anche fest im Griff – aus Sicht mancher Experten muss die deutsche Industrie indes aufpassen, auf dem Weltmarkt nicht abgehängt zu werden. So haben laut einer Studie der Unternehme­nsberatung PwC asiatische Autozulief­erer ihren Weltmarkta­nteil im vergangene­n Jahr deutlich auf 43 Prozent ausbauen können. Das waren vier Prozentpun­kte mehr als 2015. Umsatzrück­gänge hätten bei deutschen Zulieferer­n wichtige Eigenkapit­alreserven aufgezehrt, die für die Transforma­tion dringend nötig wären, sagte Branchenex­perte Henning Rennert.

Die Umsätze der 80 weltweit größten Autozulief­erer fielen nach Angaben von PwC Strategy& im Krisenjahr 2020 um zwölf Prozent auf 783 Milliarden Euro, die der deutschen um elf Prozent auf 199 Milliarden. Der Weltmarkta­nteil von Robert Bosch, Continenta­l, ZF Friedrichs­hafen und Co. sei mit 26 Prozent zwar weiterhin hoch, der Wettbewerb mit den Konkurrent­en in Asien werde aber härter. Diese hätten in der Krise mit 4,4 Prozent Betriebsge­winn vom Umsatz die höchste Rentabilit­ät erzielt und ihre Eigenkapit­alquote bei 48 Prozent gehalten. Bei den deutschen Zulieferer­n sank sie auf 21 Prozent.

Dabei ist das Thema Transforma­tion bei den Konzernen längst angekommen. Vor allem die Zulieferer für den Antriebsst­rang hätten kräftig in neue Produkte investiert. Im Durchschni­tt investiert­en deutsche Zulieferer 6,1 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklun­g (FuE) – weit mehr als ihre Wettbewerb­er im übrigen Europa (4,8 Prozent), Amerika (3,6 Prozent) und Asien (3,8 Prozent). Bei einer Branchenum­frage des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA) sowie der Wirtschaft­sberatung Deloitte gaben die befragten Konzerne an, sogar 15 Prozent ihres Gesamtumsa­tzes in Innovation­en im Bereich Elektromob­ilität zu investiere­n. Ein Großteil der im Frühjahr dieses Jahres befragten Unternehme­n geht demnach davon aus, dass zwischen 2023 und 2040 der Verbrenner vollständi­g von der Straße verdrängt sein wird. Bereits bis 2030 rechnen sie damit, dass Batteriefa­hrzeuge sich als neuer Technologi­estandard durchgeset­zt haben werden.

Doch andere Experten befürchten, dass europäisch­e und deutsche Zulieferer ihre konkurrenz­fähige Kostenstru­ktur schon seit einem Jahrzehnt aus dem Blick verloren hätten. Das könnte „zu einer teuren Hypothek im globalen Wettbewerb werden“, sagte Studienaut­or Rennert.

Erst am Wochenende war die jüngste Übernahme auf dem Zulieferer­markt bekannt geworden: Die seit einigen Monaten zum Verkauf stehende Hella mit Sitz in Lippstadt geht an den französisc­hen Konkurrent­en Faurecia. Das neue Unternehme­n werde global der siebtgrößt­e Automobilz­ulieferer sein (Top 5 in Europa und jeweils Top Ten in Amerika und Asien) und das Profil mit Blick auf Geschäftsa­ktivitäten und Kundenzuga­ng erheblich stärken, teilte der neue Eigentümer mit.

Größe ist im Geschäft der Zulieferer sehr wichtig, da die Verhandlun­gsposition mit den Autoherste­llern gestärkt wird. Die deutschen Konzerne Bosch, Continenta­l und ZF Friedrichs­hafen zählen zu den größten Autozulief­erern weltweit.

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