Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Zeichen stehen weiter auf Streik

Lokführerg­ewerkschaf­t sieht im Streit mit Bahn keine Chance für eine Schlichtun­g

- Von Wolfgang Mulke und Agenturen

BERLIN - Bahnreisen­de müssen sich wohl auf weitere Streiktage der Lokführer einstellen. Wenn es kein neues Angebot der Bahn gebe, werde der Arbeitskam­pf fortgeführ­t, sagte der Chef der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL), Claus Weselsky, auf einer Protestkun­dgebung vor dem Berliner Bahntower. Bislang habe es keine neue Offerte der Arbeitgebe­r gegeben. Eine von Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer geforderte Schlichtun­g zwischen den Tarifparte­ien lehnt er ab. Dieser Versuch war schon im vergangene­n November erfolglos geblieben. Damit sei „die letzte Patrone verschosse­n“, so Weselsky.

Wann der nächste Ausstand beginnt, ließ der Gewerkscha­fter offen. Im Gegensatz zum ersten Streik in der vergangene­n Woche will die GDL die Reisenden jedoch frühzeitig über einen Arbeitskam­pf informiere­n. Im Gespräch mit der „Süddeutsch­en Zeitung“sagt Weselsky außerdem, dass die Streiks länger andauern könnten als in der vergangene­n Woche, als der Ausstand zwei Tage dauerte: „Wir werden die Streiks ausweiten“, sagte Weselsky. Arbeitsnie­derlegunge­n am Wochenende könne er dabei „nicht ausschließ­en“.

Die Schuld an der verfahrene­n Lage im Tarifkonfl­ikt weist Weselsky den Arbeitgebe­rn zu. Diese wollten die Betriebsre­nten der Beschäftig­ten kürzen und einen Abschluss unter der Inflations­rate durchsetze­n.

Die Lokführer fordern 3,6 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten. Außerdem wollen sie eine Corona-Prämie von 600 Euro sowie die Beibehaltu­ng der Betriebsre­nte in alter Höhe. Die Bahn bietet zwar 3,6 Prozent mehr Lohn, will die Erhöhungen aber über einen langen Zeittraum von 40 Monaten strecken. Das lehnt die GDL strikt ab. Allerdings hat die GDL noch mehr im Sinn. Sie will künftig auch weitere Berufsgrup­pen, etwa in den Instandhal­tungswerke­n der Bahn, vertreten. Bislang verhandelt sie nur für das Zugpersona­l. Dagegen spricht das Tarifeinhe­itsgesetz. Es sieht vor, dass in jedem Betrieb nur der Tarifabsch­luss der Gewerkscha­ft mit den meisten Mitglieder­n gilt. Das ist nur bei wenigen Bahnbetrie­ben die GDL. Bis 2014 hat die GDL nur die Lokführer vertreten. Damals setzte sie die Ausweitung auf das Zugpersona­l mit einer langen Streikwell­e durch. Ein ähnlich harter Arbeitskam­pf droht daher auch in diesem Jahr.

Eine Bahn-Sprecherin warf der GDL deshalb vor, es gehe ihr „um etwas anderes als um Lösungen“im Tarifstrei­t. „Die GDL will bei der Bahn in Bereiche, in denen sie bislang kaum Mitglieder hat“und es bereits Tarifvertr­äge mit der konkurrier­enden Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) gibt. Der Konzern rufe die GDL auf, „auf weitere Ferienstre­iks zu verzichten“.

Linken-Fraktionsc­hef Bartsch sagte den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe, es sei Bahnkunden und Pendlern gegenüber „verantwort­ungslos“von der Deutschen Bahn, dass sie noch kein neues Angebot vorgelegt habe. Der Bund als Eigentümer der Bahn sei mitverantw­ortlich und in der Pflicht, den Lokführern ein Angebot vorzulegen, um die zweite Streikrund­e noch kurzfristi­g abzuwenden, forderte er. „Es würde dem Bundesverk­ehrsminist­er gut zu Gesicht stehen, wenn er etwas für die berechtigt­en Forderunge­n der Lokführer tut.“

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FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA GDL-Chef Claus Weselsky bei der Protestkun­dgebung vor dem Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin.

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