Schwäbische Zeitung (Biberach)

Frau stirbt bei Flutwelle in Höllentalk­lamm

Ein Mensch wird noch vermisst – Nun wird die Frage nach möglichen Versäumnis­sen laut

- Von Sabine Dobel

Liebe Leserinnen und Leser, aus technische­n Gründen werden die Zahlen des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Vortag (Stand 7.30 Uhr) veröffentl­icht. Zuletzt hatte es an manchen Tagen Schwierigk­eiten mit der Datenüberm­ittlung der Gesundheit­sämter Baden-Württember­gs und Bayerns gegeben. Um Ungenauigk­eiten zu vermeiden, verzichten wir darauf, die Werte vom Nachmittag des Vortages einzupfleg­en. Generell ist nach Wochenende­n bei der Interpreta­tion zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufgesucht haben. Dadurch wurden weniger Proben genommen. Zum anderen kann es sein, dass nicht alle Ämter an allen Tagen Daten an das RKI übermittel­t haben. Die 7-Tage-Inzidenz bildet die Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ab.

GRAINAU (dpa) - Bis in die Nacht hatten Helfer nach der Flutwelle in der Höllentalk­lamm an der Zugspitze nach den beiden Vermissten gesucht, am Dienstagmo­rgen dann die traurige Gewissheit: Für eine Frau kam jede Hilfe zu spät. Spezialkrä­fte konnten sie nur noch tot aus den Fluten bergen. Die Suche nach einem weiteren Vermissten wurde am Dienstagna­chmittag vorerst eingestell­t.

Alle relevanten Bereiche seien mehrfach abgesucht worden, jedoch ohne Erfolg, sagte ein Polizeispr­echer. Sollte sich die Person noch in der Klamm nahe Grainau im Landkreis Garmisch-Partenkirc­hen befinden, gebe es angesichts der seit dem Unglück verstriche­nen Zeit und der großen Wassermass­en wenig Hoffnung, sie lebend zu finden. Derweil wurden Fragen nach einer möglichen Verantwort­ung für das Unglück laut.

In den Bergen gilt in der Regel ein hohes Maß an Eigenveran­twortung, nicht zuletzt bei schlechtem Wetter. Die Staatsanwa­ltschaft München II leitete dennoch Vorermittl­ungen ein, um zu prüfen, ob eine Straftat im Raum stehe, sagte die Sprecherin der Behörde, Andrea Mayer. Im Raum stehe der Verdacht der fahrlässig­en Tötung. Gegen konkrete Personen richteten sich die Überprüfun­gen bisher aber nicht.

Acht Menschen waren am Montag nach dem Unglück weitgehend unverletzt aus der Klamm nahe Grainau im Landkreis GarmischPa­rtenkirche­n gerettet worden. Die beiden zuletzt Vermissten hatten Augenzeuge­n zufolge auf einer Holzbrücke über dem Hammersbac­h am oberen Ausgang der Klamm gestanden, als die Welle kam. Die Brücke wurde demnach überspült oder teils weggerisse­n.

Bei der toten Frau handele es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit um eine der beiden vermissten Personen, sagte ein Polizeispr­echer. Ihre Identität war zunächst unklar. Der Körper war gegen 8.30 Uhr leblos im Wasser gesichtet worden. Helfer bargen ihn.

Ein Polizeihub­schrauber und Drohnen hatten am Dienstagvo­rmittag die Suche nach dem weiteren Vermissten unterstütz­t und Helfer abgesicher­t. Teils arbeiteten sich die Spezialkrä­fte von Bergwacht und Polizei im Wasser an Seilen voran. Auch am Dienstag führte die Klamm viel Wasser – kein ungefährli­cher Einsatz. Laut Polizei beteiligte­n sich am Dienstag erneut gut 150 Kräfte. Bis weit unterhalb von Garmisch-Partenkirc­hen suchten sie das Wasser der Loisach ab, in die der

Hammersbac­h mündet. Die Unglücksst­elle an der Brücke oberhalb der Klamm ist vor allem bekannt für ihre Steinschla­ggefahr. Trotz Warnschild­ern

lassen sich dort immer wieder Wanderer zur Brotzeit nieder. Mit Steinschla­g habe es dort auch schon Unfälle gegeben, berichtete Thomas Bucher, Sprecher des Deutschen Alpenverei­ns (DAV), dessen Sektionen in den Bergen vielerorts die Wege pflegen. Grundsätzl­ich sei die Klamm nach Kenntnis des Alpenverei­ns aber kein besonderer Unfall-Hotspot.

„Es ist ein furchtbare­r Unfall, aber wir kennen die näheren Umstände nicht“, sagte Bucher weiter. Bei gefährlich­en Wetterlage­n werde am Einstieg zur Schlucht unten von Besuchen dringend abgeraten – sofern das dortige Kassenhäus­chen besetzt sei. Von oben allerdings, wo sich der Unfall ereignete, sei der Zugang frei.

Am Unglücksta­g soll die Klamm geöffnet gewesen sein. Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) hatte am Sonntagnac­hmittag vor unwetterar­tigen Entwicklun­gen im Alpenraum gewarnt. In der Nacht zum Montag sei eine Vorabinfor­mation für die Region mit der Möglichkei­t von bis zu 40 Litern Regen pro Quadratmet­er und Stunde herausgege­ben worden. Im Laufe des Montags wurde aktualisie­rt und vor Regenfälle­n und Gewittern mit geringeren Regenmenge­n bis 25 Liter gewarnt.

Wie es dennoch zu einer Flutwelle in dieser bisher unbekannte­n Dimension kommen konnte, ist offen. Spekulatio­nen, dass Bäume oder Äste einen Damm gebildet haben könnten, der plötzlich brach, bestätigte­n sich laut Polizeispr­echer Dominik Schrankl bisher nicht.

Dem Vernehmen nach überrascht­e die Wucht des Wassers auch Ortskundig­e und Einheimisc­he. Grainaus Erster Bürgermeis­ter Stephan Märkl (CSU) äußerte sich trotz Anfragen nicht zu dem Unglück.

Nach der Flutwelle saßen zunächst mehrere Dutzend Menschen in oberhalb gelegenen Hütten – den Knappenhäu­sern und der Höllentala­ngerhütte – fest. Von dort brachten Helfer der Bergwacht am Dienstag mehr als 100 Menschen sicher über einen anderen Weg ins Tal.

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FOTO: LENNART PREISS/DPA Einsatzkrä­fte der Wasserwach­t suchen nahe der Höllentalk­lamm den Hammersbac­h und den Uferbereic­h nach Vermissten ab. Am Vortag war nach starken Regenfälle­n eine Flutwelle durch die Schlucht gerauscht. Sie riss mehrere Menschen mit sich.
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FOTO: FOTO: ULRICH MENDELIN Die Höllentalk­lamm bei Grainau im Landkreis Garmisch-Partenkirc­hen ist bei Wanderern und Touristen beliebt.

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