Schwäbische Zeitung (Biberach)
Enttarnt in der vollen Hütte
Liebe Frau König (oder darf ich Silvi sagen, wie fast alle Gäste?), Sie haben mich bei meinem anonymen Restauranttest in Ihrem Haus ebenso charmant wie konsequent enttarnt, sodass wir hier ja jetzt ganz offen reden können. Wir sind ja unter uns. Ich war bei Ihnen mit einem lieben Kollegen – und der schüttet sich heute noch aus vor Lachen, wenn er sich an folgende Szene erinnert: Sie führen uns zum Tisch, den ich auf den Namen „Egger“reserviert hatte, und fragen: „Sind Sie der Herr Egger?“Und nach kurzer Pause: „Nicht zufällig der Nyffen-egger?“Da konnte ich Ihnen ja schlecht ins freundliche Gesicht lügen, während Ihre Hütte – nomen est omen – an jenem sonnigen Abend bumsvoll war. Hochbetrieb, müssen Sie gedacht haben. Und dann noch dieser Zeitungsheini von einem Restaurantkritiker. Jedenfalls muss ich ein verlegenes Gesicht gemacht haben.
So sehr, dass es für meinen Kollegen unvergesslich ist, und er jetzt stets nur grinst, sobald er mich sieht. Danke schon mal dafür!
Ich muss gestehen, dass ich zunächst Vorbehalte hatte: Eine Gastronomie, die sich freiwillig „In d’ Hütte“nennt, Stallbesenromantik pflegt, mitten im Nirgendwo bei Bavendorf in die Landschaft gepflanzt ist, nur an vier Tagen in der Woche auf hat – und die die Gäste dafür loben, dass niemand hungrig heimgeht, selbst wenn er nur die kleine Portion bestellt. Das alles erinnert an Häuser, die auf Masse statt Klasse setzen. Als ich so dachte, wusste ich halt noch nicht, wie viel Wert Sie und Ihr Team auf handgemachtes Essen legen. Auf ein Angebot, das auch im Detail noch Sorgfalt zeigt. Das geröstete Brot zum kleinen Salat mit den hausgemachten vegetarischen Maultaschen ist beispielsweise noch mit einem Hauch
Knoblauch veredelt.
Der Kartoffelsalat – mustergültig ausgewogen zwischen Schlotzigkeit und tollem Biss – kann sich mehr als sehen lassen, inklusive einer schönen Estragonnote. Da sei es verziehen, dass in den ansonsten recht guten Karotten-Kraut-Salat Ananasstückchen reingemischt sind.
Großen Respekt verdient das Schmalz, mit dem Sie noch Mut zur Griebe und zum Rauchfleisch zeigen. Mit hausgemachtem Brot ist das fast schon eine komplette Mahlzeit. Die beeindruckende Tellersulz, die mein Kollege hatte, war von der Menge her ein Sonntagsbraten mit etwas Gelee. Eine herzhafte Säure macht sie frisch, Zwiebeln rustikalwürzig. Alle Achtung – wenn mein Begleiter sagt, so eine gute Tellersulz hat er seit Ewigkeiten nicht gegessen, dann will das was heißen.
Die zart-mürben Ochsenbäckchen mit der zünftigen Soße, die kein bisschen künstlich geschmeckt hat, beweisen, dass Sie nicht nur gute Schnitzel und Wurstsalat servieren können, sondern auch vom Schmoren Ahnung haben. Dass die Spätzle
● locker und kernig sind, scheint eine Selbstverständlichkeit. Und dass Sie sich die Mühe machen, zum Dessert sogar die Apfelküchle frisch zu machen, damit sie luftig und zart sind – hat mich endgültig für Sie und Ihre Familie eingenommen. Man hat wirklich das Gefühl, dass Sie alles mit freudiger Erwartung auf den Tisch stellen. Ein bisschen so wie ein Kind, das den ersten Kuchen für seine Mama gebacken hat – und sich versichern will, dass es ihr auch wirklich schmeckt. Liebe Frau König, das tut es. Machen Sie bitte weiter so. Es gibt viel zu wenig Wirtsleute von Ihrem Schlag, die selbst bei großem Ansturm noch Qualität aus der Küche tragen.
In d‘ Hütte
Hütte 1
88213 Bavendorf www.indhuette.de
Geöffnet Donnerstag bis Sonntag ab 17 Uhr, Montag bis Mittwoch Ruhetage. Hauptgerichte 8,5022,50 Euro.