Schwäbische Zeitung (Biberach)
Tierschutz-Verstoß: Mann erhält Kaninchen zurück
Tiere wurden aus Haltung ohne Wasser in Niederrieden herausgeholt – Doch im Tierheim blieben sie nur kurz
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MEMMINGEN - Als am Samstagabend beim Memminger Tierheimleiter Heinz Wilke das Telefon klingelt, ist die Polizei am Apparat. Zuvor haben Beamte aufgrund eines Hinweises einem Kaninchenbesitzer in Niederrieden einen Besuch abgestattet und sind dort am 14. August auf eine erschreckende Situation gestoßen: Bei prallem Sonnenschein und knapp 30 Grad Außentemperatur sind viele der Tiere auf engstem Raum in Käfigen zusammengepfercht, sie haben weder Futter noch Wasser. Nun geht es um schnelle Hilfe für die Tiere.
Zusammen mit seinem Sohn Alexander steigt Wilke ins Auto, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Währenddessen bereiten Personal und Ehrenamtliche Transportkörbe vor und nach einer Abstimmung mit der „Vorhut“fahren auch Horst Müller und Teilzeitkraft Jenny Gebhardt los: zum Rettungseinsatz für – wie nun feststeht – 25 Kaninchen. Unter Hochdruck schaffen Angestellte Nadja Röder und Helferin Sylvia Schuler Platz für die Neuankömmlinge: Pensionskaninchen werden kurzfristig umquartiert, Ställe anders belegt. „Wir haben das Kleintierhaus auf den Kopf gestellt“, erzählt Röder.
Die Polizei habe keineswegs zu früh eingegriffen, sagen Röder und Wolfgang Courage, Vorsitzender des Tierschutzvereins. „Mein Vater hat viele Kaninchen gehalten“, sagt Courage, denn nach dem Zweiten Weltkrieg habe dies auch eine Art Lebensgrundlage dargestellt. „Aber so etwas hat es nie gegeben“, sagt er und deutet auf eines der leeren Käfiggestelle, das aus Niederrieden mitgenommen wurde. Weil die Kaninchen darin übereinander und teils auf blankem Gitterboden hausten – bis zu acht der großen Tiere in einem Käfig – fiel Kot auf die Vierbeiner im unteren Bereich.
Im Tierheim stehen für sie in vier Räumen größere Ställe mit Stroh und Auslauf bereit. „Anfangs hatten sie wahnsinnigen Durst – man hätte das Wasser fast in Kübeln reinstellen können“, erzählt Röder. Ein Tier hatte eine Wunde, die versorgt wurde. Zudem erzählt Röder von Jungtieren, die zu früh von ihrer Mutter getrennt wurden. Weil Kaninchen sensibel auf Hitze reagieren, hatte die Tierheim-Angestellte „fast damit gerechnet, dass nicht alle durchkommen“. Doch nach dem ersten Schock hätten sich die Tiere gut erholt – „die fühlen sich pudelwohl“, sagt Röder und schaut den schwarzen und gefleckten Tieren zu, die durchs Stroh hoppeln oder am bereitgelegten Gemüse knabbern.
Alle 25 Tiere zu vermitteln, wäre eine „echte Aufgabe“geworden, sagen Courage und Röder – doch dazu kommt es nicht: Denn der Besitzer darf seine Tiere wieder abholen. Etwas, das beim Team für gedämpfte Stimmung sorgt. Der Grund dafür, dass die Kaninchen so schnell an den 39-Jährigen zurückgehen, liege in einem Missverständnis zwischen dem Unterallgäuer Veterinäramt und der Polizei, erklärt auf Nachfrage das Landratsamt. „Das ist sehr bedauerlich und Vertreter unseres Veterinäramts werden umgehend kontrollieren, wie es den Kaninchen geht und wie die Haltungsbedingungen inzwischen aussehen“, sagt Pressesprecherin Eva Büchele.
Sollten die Haltungsbedingungen dann „noch immer nicht tolerierbar“sein, müsse der Eigentümer die Kaninchen vorläufig wieder abgeben. Beurteilt die Behörde die Umstände als akzeptabel, erhält der Eigentümer eine Frist, innerhalb der er noch bestehende Mängel beseitigen muss. Normalerweise, so Büchele, hätte das natürlich umgekehrt laufen müssen: „Zunächst kontrollieren die Veterinäre, ob der Eigentümer die Haltungsbedingungen verbessert hat, dann erhält dieser gegebenenfalls die Tiere wieder.“
Sie erklärt Grundsätzliches zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Demnach hat das Veterinäramt verschiedene Möglichkeiten einzugreifen: Es kann Auflagen erteilen. Überdies darf die Behörde der betreffenden Eigentümerin beziehungsweise dem Eigentümer die Tiere vorübergehend wegnehmen, bis diese Vorgaben erfüllt sind. Als letztes Mittel kann auch ein Tierhalteverbot ausgesprochen werden. Dieser Schritt, betont Büchele, bedeutet jedoch einen massiven Eingriff in die Rechte und das Eigentum eines Tierhalters. Daher sei das Veterinäramt dazu verpflichtet zu prüfen, ob das Tierwohl durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen sichergestellt werden kann.
Im Fall des Kaninchenbesitzers aus Niederrieden ist zudem noch zu klären, ob er die Tiere gewerbsmäßig hielt und züchtete. Sollte dies zutreffen, tat der Mann dies ohne die Genehmigung.