Schwäbische Zeitung (Biberach)
Afghanistan-Krise: Unterkünfte gesucht
Memmingen bereitet sich auf das Szenario vor, dass sie Menschen aus Afghanistan unterbringen müssen
●
MEMMINGEN/UNTERALLGÄU - Der Landkreis Unterallgäu sucht derzeit nach Unterkünften, in denen Menschen aus Afghanistan untergebracht werden können. Und auch die Stadt Memmingen bereitet sich darauf vor, eventuell Flüchtlinge aus dem krisengeschüttelten Land aufzunehmen. Weil sich Afghanistan nach dem Abzug aller deutschen und amerikanischen Truppen im Krisenmodus befindet, hat die Regierung von Schwaben die Städte und Gemeinden dazu aufgefordert.
Memmingen: Derzeit leben in der Stadt 123 Menschen in dezentralen Unterkünften, etwa Gemeinschaftswohnungen. Damit habe Memmingen die Quote erfüllt, die sich aus einem landesinternen Verteilungsschlüssel ergibt, sagt Pressesprecherin Manuela Frieß. Unter diesen 123 Menschen sind auch solche, deren Asylantrag genehmigt wurde, die jedoch noch keine eigene Wohnung gefunden haben.
Viele der Unterkünfte, die während der Flüchtlingswelle von der Stadt angemietet worden waren, stehen nicht mehr zur Verfügung. Weil die Zahl der Flüchtlinge seit dem Höhepunkt der Welle 2015 wieder gesunken sei, wurden viele Mietverträge von der Stadt gekündigt. „Und Standby-Unterkünfte gibt es nicht mehr“, sagt Walter Neß, Leiter des Ausländeramts. Die Stadt muss also nach neuen Unterkünften suchen.
Doch wenn kurzfristig Menschen aus Afghanistan aufgenommen werden müssten, werde es schon schnelle, vorläufige Lösungen geben, so Manuela Frieß.
Von sich aus anzubieten, Flüchtlinge aus Afghanistan unterbringen zu wollen, um in der akuten Not zu helfen, sei für eine Kommune nicht möglich. Oberbürgermeister Manfred Schilder: „Die Verteilung der Flüchtlinge ist im Asylgesetz geregelt (...). Eine eigene kommunale Flüchtlingspolitik, die die Aufnahme von Flüchtlingen aus einem bestimmten Herkunftsland vorsehen würde, ist rechtlich nicht möglich.“
In Memmingen sind derzeit 120 Personen aus Afghanistan als wohnhaft gemeldet. Davon sind 29 als Flüchtlinge anerkannt. In den Asylunterkünften sind laut Stadt bisher nur vereinzelt afghanische Staatsangehörige untergebracht.
Unterallgäu: „Auch wir beobachten in den Medien die Ereignisse in Afghanistan und haben tiefstes Verständnis“, sagt Tobias Ritschel, Leiter der Ausländerbehörde am Landratsamt. „Momentan sind uns als lokale Ausländerbehörde aber die Hände gebunden. Wir können leider keine direkte Unterstützung geben, da der Freistaat über die Bezirksregierungen die Flüchtlinge den einzelnen Kreisverwaltungsbehörden zuweist. Das Landratsamt selbst hat darauf keinen Einfluss.“Der Kreis rechne aber damit, demnächst Menschen aus Afghanistan aufnehmen zu müssen. Deshalb suche er nach zusätzlichen Unterkünften ab einer Wohnfläche von 200 Quadratmetern. Wer eine Unterkunft zur Verfügung stellen möchte, könne sich bei der Ausländerbehörde Unterallgäu melden: Telefon 08261/995-185 oder -279. In den vergangenen Jahren seien mehrere Mietverträge für solche Unterkünfte ausgelaufen, weil kein Bedarf mehr bestand. Teilweise nehme die Ausländerbehörde jetzt mit diesen Vermietern wieder Kontakt auf.
Derzeit gebe es 45 dezentrale Unterkünfte - also Unterkünfte, die vom Landratsamt verwaltet werden. Dort leben 571 Personen. „Damit sind momentan unsere Kapazitäten ausgeschöpft.“Von den 571 Menschen seien etwa ein Drittel anerkannte Asylbewerber, „die eigentlich eine eigene Wohnung suchen müssten. Auf dem angespannten Wohnungsmarkt ist es jedoch sehr schwer für Flüchtlinge, bezahlbaren Wohnraum zu finden“.
Zu diesen Unterkünften, die der Landkreis für Flüchtlinge bereitstellt, kommen noch fünf Gemeinschaftsunterkünfte des Regierungsbezirks Schwaben. Dort wohnen etwa 180 Menschen. Zusammen sind so rund 750 Personen in Flüchtlingsunterkünften im Unterallgäu untergebracht.
Regierung von Schwaben: In den Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber, die von der Regierung von Schwaben betreut werden und von denen es auch welche in Memmingen und im Unterallgäu gibt, war die Zahl der Flüchtlinge aus Afghanistan bereits im Juli gestiegen.
Wegen dieser Entwicklung und der Situation in Afghanistan hatte die Regierung von Schwaben Städte und Landkreise darauf hingewiesen, dass die Zahl an Flüchtlingen noch weiter steigen könne und die Aufnahmekapazitäten moderat ausgebaut werden müssen. In den Gemeinschaftsunterkünften der Regierung in Memmingen und im Unterallgäu sind aktuell 197 Bewohner untergebracht. 208 belegbare Plätze sind noch frei, sagt Karl-Heinz Meyer, Regierungs-Pressesprecher.