Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wie Memmingen gegen Ratten vorgeht
Die Nager haben sich stark vermehrt, weil Unbekannte den Enten eimerweise Haferflocken und Brot bringen
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MEMMINGEN - Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Das gilt auch für manches, das vermeintlich aus Tierliebe geschieht. Weil entlang des Holzstegs im Memminger Stadtpark kübelweise Futter hingeschüttet wird, musste das Gartenamt nun eine Schädlingsbekämpfungsfirma einschalten. Was wohl Enten und Wasservögeln zugedacht ist, lockt nämlich andere Tiere an: Ratten haben die Plätze mit üppigem Nahrungsangebot für sich entdeckt.
Michael Koch, Leiter des Gartenund Friedhofsamts, geht den Holzsteg entlang, der in der Nähe von Schumacherring und Wohnmobilstellplatz den Bach flankiert. Als kürzlich der Steg erneuert wurde, erzählt er, „hat’s hier gewumselt vor Ratten“. Deren Spuren sind deutlich zu erkennen: Koch zeigt auf Löcher, die den Rand des Stegs säumen. Dann hält er inne und deutet nach vorn: Ein paar Handbreit entfernt vom Ruheplatz einer Stockente huscht eine Ratte vorbei, gleich darauf ist sie weg. So scheu verhalten sich die Nager laut Koch nicht immer: „Wir haben Beschwerden von Anwohnern auf der anderen Uferseite bekommen, weil dort Ratten über die Terrasse spaziert sind.“
Auf einer Brücke sind gerade zwei Mütter stehen geblieben und verteilen mit ihren Kindern altes Brot an die Enten. Gegen solche Familienausflüge hat Koch nichts einzuwenden. Denn die Menge ist überschaubar und die wartenden Enten machen sich sofort darüber her.
Das Problem verursachten vielmehr „ein paar wenige, die wirklich regelmäßig eimerweise Haferflocken oder Brot an ein paar Stellen kippen“. Übrigens tun sie damit den Wasservögeln keinen Gefallen, wie Koch erklärt: Durch den „Lieferservice“büßen diese nach seinen Worten die Fähigkeit ein, selbst nach Nahrung zu suchen, die ihr Lebensraum zur Genüge biete.
Noch dazu wirkt sich das auf den Nachwuchs aus, denn ihm fehlen Stoffe aus der natürlichen Nahrung, die wichtig für das Wachstum sind. Und weil bei Vögeln wie bei Ratten gilt „Umso mehr Futter, desto mehr Nachwuchs“stört das Füttern das Gleichgewicht in der Natur: Betroffen sind davon nach Kochs Worten etwa (Klein-)Lebewesen, die von den Enten gefressen werden und deren Lebensraum am Ufer von einer Überpopulation der Wasservögel negativ beeinflusst wird.
Durch Ansammlungen der Enten können sich außerdem Parasiten und Krankheiten ausbreiten, Kot und Futterreste verschlechtern die Wasserqualität.
Demnächst werden deshalb Schilder mit der Aufschrift „Tiere füttern verboten!“aufgestellt und gegen die Ratten geht die Stadt mit Giftködern vor. Weil Koch zufolge inzwischen strengere Vorgaben dazu existieren, wer diese auslegen darf, wurde dafür eine Schädlingsbekämpfungsfirma beauftragt.
Zunächst wurden in einer Testphase im Bereich des Stegs Fraßköder verteilt, um zu ermitteln, wo der größte Zulauf von Ratten herrscht. Danach werden Giftköder angebracht: „Wir versuchen, den Bestand der Tiere runterzuschrauben und dann hören wir wieder auf “, erklärt Koch. Über welchen Zeitraum sich das erstrecken wird und wie oft die Köder ausgetauscht werden müssen, kann er noch nicht abschätzen: „Wir müssen sehen, wie es sich entwickelt und dann entscheiden. Abhängig ist es zum Beispiel davon, wie schnell die Ratten den Köder annehmen.“
Weil Ratten clever sind, kommt Koch zufolge ein Gift zum Einsatz, das verzögert wirkt: „Die Tiere verenden erst nach zwei Tagen.“Andernfalls würden Artgenossen einen Zusammenhang herstellen und den Köder nicht mehr annehmen. Angebracht werden die Köderboxen am Steg: Hundebesitzer müssten sich aber keine Sorgen machen, sagt Koch.
Die Box enthält demnach im Inneren eine Trennwand und ist so konstruiert, dass die Ratte im 90Grad-Winkel um sie herum gehen muss. An das Gift komme ein Hund und selbst ein Mensch mit der Hand nicht heran. Um zu vermeiden, dass solche Aktionen nun öfter stattfinden müssen, hofft Koch auf die Einhaltung des Fütterungsverbots – und die Einsicht der Besucherinnen und Besucher im Stadtpark.
Ähnliches gilt am Schrannenplatz, wo es einzelne Taubenfans übertrieben haben. Das sorgt nicht nur für Massenansammlungen der Tiere, sondern auch für Probleme durch massive Verschmutzung. Anwohner machten die Stadt darauf aufmerksam, die darum zwei Schilder aufstellte. Sie weisen darauf hin, dass es dort nicht erlaubt ist, die Vögel zu füttern. Für die Kontrolle sind das Ordnungsamt und die Polizei zuständig. Bei einem Verstoß werden die Betreffenden zunächst mündlich darauf hingewiesen, im nächsten Schritt ist eine schriftliche Verwarnung möglich, im Wiederholungsfall dann eine Verwarnung mit einem Bußgeld von 20 Euro.
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