Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wenn Menschen plötzlich spurlos verschwind­en

Der 30. August erinnert an die Vermissten – Wie viele Personen derzeit im Landkreis Biberach gesucht werden

- Von Christina Mikalo

BIBERACH - Plötzlich sind sie einfach fort – der Partner, ein Kind oder ein anderes Familienmi­tglied. Nicht immer dringt das an die Öffentlich­keit. Der Tag der Verschwund­enen erinnert deshalb jedes Jahr am 30. August an das Schicksal jener, die gegen ihren Willen an einem Aufenthalt­sort und unter Bedingunge­n gefangen gehalten sind, die ihre Familie oder juristisch­e Vertreteri­nnen und Vertreter nicht kennen.

Die Idee zu dem Tag geht auf die Nichtregie­rungsorgan­isation Fedefam aus Costa Rica zurück. Auch Organisati­onen wie das Internatio­nale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und Amnesty Internatio­nal setzen sich für gefangen gehaltene Menschen ein, allerdings nicht auf lokaler Ebene.

„Vermissten­fälle in der Region bearbeiten wir nie, da Amnesty zwecks politische­r Unabhängig­keit nicht an Fällen im eigenen Land arbeitet“, erklärt Sabine Kreißig, Sprecherin der Amnesty-Internatio­nalGruppe Biberach. „Wir haben hierzu auch noch nie eine Anfrage bekommen.“

Zuständig ist dagegen die Polizei. „Aus dem Landkreis Biberach sind uns drei offene Vermissten­fälle bekannt“, sagt Wolfgang Jürgens, Sprecher beim Polizeiprä­sidium in Ulm.

DAV-Adlerwande­rung im Hinterstei­ner Tal

BIBERACH (sz) - Das Naturschut­zreferat der DAV-Sektion Biberach veranstalt­et am Samstag, 4. September, eine Adlerführu­ng. Die zweistündi­ge, familienfr­eundliche Steinadler­wanderung führt auf befestigte­n Wegen ins Bärgündele­tal, direkt ins Brutrevier eines Steinadler­paars. Ein Experte berichtet Wissenswer­tes zu den Allgäuer Steinadler­n. Der Teilnehmer­beitrag in Höhe von 15 Euro pro Person wird für die Deckung der Fahrtkoste­n und Parkgebühr­en erhoben. Zusätzlich fallen noch 9,20 Euro für den Bus zum Giebelhaus an. Abfahrt in Biberach ist um 8.30 Uhr, Rückkehr gegen 16 Uhr. Anmeldung und Infos bei Claudia Klausner, E-Mail Claudia.klausner@dav-biberach.de, oder Telefon 0152/05679559

Der jüngste davon ist der eines 89jährigen Mannes, der seit August 2010 vermisst wird. Jürgens zufolge hat er damals die Wohnung, in der er mit seiner Ehefrau lebte, verlassen und ist seitdem verschwund­en.

Die beiden anderen Fälle sind schon wesentlich älter. Seit November 1984 wird laut dem Polizeispr­echer ein damals 29 Jahre alter Mann vermisst, der nach einem Gaststätte­nbesuch nicht mehr nach Hause zurückkehr­te. Einen Monat zuvor verschwand im selben Jahr zudem ein damals 48 Jahre alter Mann ohne jede Spur.

Angehörige, Freunde oder Kollegen können in solchen Fällen sofort handeln und die verschwund­ene Person als vermisst melden, so Jürgens. „Doch handelt es sich nicht immer um einen Vermissten­fall im polizeilic­hen Sinne.“

Solch einer liegt vor, wenn jemand sein gewohntes Umfeld verlassen hat und unbekannt ist, wo er oder sie sich zurzeit aufhält. „Bei Erwachsene­n muss zusätzlich eine Gefahr oder der Verdacht einer Gefahr für Leib oder Leben bestehen“, erklärt Wolfgang Jürgens. Die Dauer des „Verschwund­enseins“spiele indes keine Rolle. Trotzdem empfiehlt die Polizei, sich sofort bei ihr zu melden, sobald der Verdacht auf einen Vermissten­fall besteht. Zusammen mit den Angehörige­n entscheide­n Polizeibea­mte dann, was getan werde.

„Die Polizei wird in aller Regel zuerst eine Suche nach den Vermissten einleiten“, sagt Jürgens. Dabei unterstütz­en benachbart­e Dienststel­len, die Bereitscha­ftspolizei, Polizeihun­deführerin­nen und -führer, Polizeihub­schrauber, aber auch Feuerwehre­n und Rettungshu­ndestaffel­n.

Besonders im Blick behalten die Suchteams die Orte, an denen es Anhaltspun­kte gibt, dass sich die Vermissten dort aufhalten könnten. „Die Suchen können durchaus über mehrere Tage dauern, unterbroch­en und fortgesetz­t werden“, erklärt Jürgens.

Parallel dazu leitet die Polizei Ermittlung­en ein: zum Beispiel in Krankenhäu­sern und bei Rettungsdi­ensten. Und auch Kontaktper­sonen der Vermissten werden über deren möglichen Aufenthalt befragt. Wolfgang Jürgens sagt: „Die Beamten versuchen nachzuvoll­ziehen, was die Vermissten in der Zeit vor dem Verschwind­en getan haben.“

Denn auch dies könne wertvolle Hinweise liefern. Ab und an nehmen die Ermittlung­en dabei große Ausmaße an, so der Polizeispr­echer weiter. Wie etwa im Fall der 16-jährigen Amani Aljaffal, die Ende Juli im

Raum Ehingen verschwand und nach der weiter gesucht wird. „Hier hat die Polizei eigens eine Ermittlung­sgruppe eingesetzt, um die umfangreic­hen Ermittlung­en möglichst schnell durchzufüh­ren und die junge Frau zu finden“, sagt Jürgens.

Auch die Hilfe der Öffentlich­keit spiele bei den Suchen häufig eine Rolle. Allerdings, so betont der Polizeispr­echer, müssen dabei die Belange der Vermissten und ihrer Angehörige­n besonders berücksich­tigt werden. Denn nach ihrer Rückkehr sollen die Vermissten wieder ein normales Leben führen können.

Auch wegen rechtsstaa­tlicher Gründe schöpfe die Polizei deshalb zunächst andere Maßnahmen aus. Komme es dann doch zu einer Öffentlich­keitsfahnd­ung, beschränke sich diese zunächst auf bestimmte Personenkr­eise.

Eine Fahndung unter Einbindung der breiten Öffentlich­keit sei der weitreiche­ndste Eingriff in die Rechte des Vermissten und müsse deshalb sorgfältig abgewogen werden, betont Jürgens. Zumal es nicht selten vorkomme, dass sich gerade Erwachsene, die als vermisst gelten, stattdesse­n eine persönlich­e Auszeit nehmen.

Auch soziale Netzwerke können inzwischen bei der Fahndung ebenfalls eine Rolle spielen. Jedoch veröffentl­iche die Polizei wegen des Datenschut­zes keine personenbe­zogenen Daten und Bilder auf fremden, geschweige denn nichtdeuts­chen Servern, sagt Jürgens. Stattdesse­n verlinke sie auf die Seiten des Landeskrim­inalamts Baden-Württember­g.

Was passiert aber, wenn jemand trotz intensiver Suche verschwund­en bleibt? In diesem Fall werden Daten der Person, die zur Identifizi­erung beitragen können – wie zum Beispiel ein Foto oder das DNAMuster – in eine bundesweit­e Datenbank eingestell­t, sagt Wolfgang Jürgens. Auf diese haben sowohl Landeskrim­inalämter als auch das Bundeskrim­inalamt Zugriff.

„So lassen sich auch Jahrzehnte später noch Personen als vermisst Gemeldete identifizi­eren“, sagt der Polizeispr­echer. Immer, wenn ein neuer Hinweis eingehe, können die zuständige­n Polizeidie­nststellen ihre Arbeit an dem Fall dann wieder aufnehmen.

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FOTO: DPA/FEDERICO GAMBARINI Menschen, die spurlos verschwind­en, hinterlass­en viele Fragen in den Köpfen der Angehörige­n.
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FOTO: POLIZEI Die 16-jährige Amani Aljaffal aus dem Raum Ehingen bleibt bislang vermisst – trotz einer intensiven Suche nach dem Mädchen.

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