Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mit Motorrad und Bagger gegen die Fluten
Heiko Feist fährt Motorradstreife für das Rote Kreuz in Memmingen und war nun im Hochwassergebiet Ahrweiler
MEMMINGEN (sz) - „Die Eindrücke aus Ahrweiler haben mich erschüttert“, sagt Heiko Feist. Er war als Motorradstreife für das Bayerische Rote Kreuz (BRK) vor Ort im Ahrtal, das im Juli vom Hochwasser verwüstet worden war. Nach der großen Flutkatastrophe fuhren Hilfskräfte aus ganz Schwaben für fünf Tage nach Nordrhein-Westfalen, um bei den Aufräumarbeiten zu unterstützen.
„Wir waren in einem Konvoi von 22 Fahrzeugen unterwegs“, erzählt Feist. Vier Motorradstreifen aus Schwaben hätten diesen Zug begleitet. „Unsere Aufgabe bei der Begleitung des Konvois ist beispielsweise die Sicherung von Kreuzungen und
Ausfahrten.“Die Motorradfahrer sperren beispielsweise die anderen Einfahrten der Kreuzung, damit keine Unfälle passieren.
Im Katastrophenfall, wie im Ahrtal, übernimmt eine Streife meist Erkundungsfahrten. „Wir überprüfen, ob man gewisse Straßen noch befahren kann, und erledigen Botengänge“, sagt Feist. Gerade wenn das Mobilnetz zusammenbreche, überbringe er Nachrichten zwischen den verschiedenen Standorten der Hilfskräfte.
„Wir haben auch kleinere Versorgungen übernommen“, erzählt der 52-Jährige. Einmal hätten sie ihre Taschen am Motorrad komplett ausgeräumt und bis oben hin mit Wasserflaschen gefüllt. „Dann sind wir durch die Orte gefahren und haben jedem Wasser angeboten.“
Seit knapp zehn Jahren fährt Heiko Feist für das Rote Kreuz. Der 52Jährige absolvierte zunächst die Ausbildung zum Rettungssanitäter, bevor er den Fachlehrgang Motorrad machte. Von Anfang Mai bis Ende September sind sie auf den Autobahnen unterwegs und helfen bei Unfällen.
Auch 2013 bei der großen Überschwemmung im niederbayerischen Landkreis Deggendorf war er im Einsatz. „Das war bereits ein sehr einprägendes Erlebnis, aber Ahrweiler war noch heftiger. Die Ausmaße kann man sich kaum vorstellen.“Er versucht, die Zerstörung trotzdem zu beschreiben. Erzählt von Straßen, in denen die Wucht der Wassermassen einfach den Asphalt weggerissen haben. Von Wohnhäusern, die von den Besitzern nicht mehr betreten werden dürfen, weil sie einsturzgefährdet sind. Und von den leeren Gesichtern der Leute, die dort Tag und Nacht arbeiten. „Diese Bilder nimmt man mit“, sagt Feist.
Auch der THW-Ortsverband Memmingen war im Ahrtal noch einmal mit einer fünfköpfigen Mannschaft im Einsatz. „Der Schwerpunkt wurde dieses Mal auf die Instandsetzung der Infrastruktur gesetzt“, erzählt Gruppenführer Stephan Zettler. Die sogenannte Fachgruppe Räumen rückte in Bad Neuenahr mit Bagger und Tieflader an. In sechs Einsatztagen half die Truppe beim Aufbau von Brücken, beispielsweise in dem sie Brückenteile transportierte. „Rund 40 Brücken sind bei der Flutkatastrophe zerstört worden“, sagt der 28-Jährige. Nun werden 24 Behelfs-Übergänge gebaut. Es sind weiterhin viele Hilfsorganisationen und Privathelfer vor Ort, beobachtet Zettler. „Generell gibt es eine große Solidargemeinschaft hier.“