Schwäbische Zeitung (Biberach)
M-Dax im Schatten der Dax-Reform
Zahl der Mitglieder in der zweiten deutschen Börsenreihe sinkt von 60 auf 50
STUTTGART - Vor gut einer Woche wurden die zehn Unternehmen präsentiert, mit denen der Deutsche Aktienindex Dax per 20. September von 30 auf 40 Mitglieder aufgestockt werden soll – die größte Reform in der Geschichte der ersten deutschen Börsenliga seit ihrem Start im Jahr 1988, wie die Deutsche Börse es nannte. Der Schwerpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit lag da natürlich auf den zehn Newcomern. Neu mit dabei sind unter anderem der Flugzeugbauer Airbus, die Medizintechnikfirmen Siemens Healthineers und Sartorius oder Porsche und Zalando. Mit Puma gesellt sich zu Adidas gar der zweite Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach. „Der Dax wird damit noch attraktiver, denn die neuen Spieler sind jünger und bringen andere Ideen aufs Spielfeld“, sagt dazu Christine Bortenlänger, geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts (DAI).
Doch im Schatten der Reform des deutschen Leitindex stehen dagegen die Veränderungen, die der kleinere Bruder des Dax, der M-Dax, hinnehmen muss. Während der Dax zehn Unternehmen aus dem Mittelstandsindex hinzugewinnt, reduziert sich nämlich die Zahl der M-Dax-Mitglieder von 60 auf 50. Zwar steigen aus dem S-Dax fünf Unternehmen in den M-Dax auf, dafür werden auch fünf weitere nach unten abgegeben. Dies entspricht unterm Strich einem Aderlass von rund 45 Prozent an Marktkapitalisierung, die der M-Dax hinnehmen muss, ohne dafür wieder aufgestockt zu werden, rechnet das Deutsche Aktieninstitut vor. Darauf müssen sich nun Privatanleger, die über Fonds oder ETFs im M-Dax investiert sind, nun einstellen.
Denn gleichzeitig geht die Schrumpfung des M-Dax mit signifikanten Verschiebungen der Sektorgewichtungen in dem Index einher, sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank. Während die Indexanteile der Sektoren Immobilien, Informationstechnologie und Kommunikationsdienstleistungen um sechs beziehungsweise um jeweils vier Prozentpunkte auf zweistellige Werte steigen dürften, büßen die Sektoren Zyklischer Konsum und Gesundheit laut Deutscher Bank etwa elf beziehungsweise acht Prozentpunkte ein. Im neuen M-Dax sind sie dann nur noch mit acht beziehungsweise mit neun Prozent gewichtet. Industrieunternehmen werden indes auch nach der Umstellung mit rund 20 Prozent Indexanteil den größten Sektor bilden. Die entstandene Lücke zu schließen, wäre ohnehin gar nicht so einfach gewesen.
Denn hier zeigt sich nach der Lesart des DAI eine generelle Schwäche des deutschen Kapitalmarkts: Im Fußball würde man sagen, es liegt an der mangelhaften Nachwuchsarbeit. Die Rahmenbedingungen für Börsengang und Börsennotiz gelten demnach am deutschen Kapitalmarkt im internationalen Vergleich schlicht zu unattraktiv. Damit ist auch die Zahl der börsennotierten Unternehmen in Deutschland generell zu gering, um eine starke erste Börsenliga und dazu einen ebenso kraftvollen Unterbau aus weiteren starken Spielklassen zu stellen. Im europäischen und internationalen Vergleich schneidet Deutschland bei der Zahl börsennotierter Firmen deshalb schlecht ab. So gibt es hierzulande nur 500 börsennotierte Unternehmen – gegenüber 2300 in Großbritannien oder Spanien mit fast 2800. Umkehrt spiegelt diese Betrachtung die Dominanz von mittelständischen Firmen wider, was ja gemeinhin als ein Erfolgsmerkmal der deutschen Wirtschaft gilt.
Damit kristallisiert sich der MDax zum Verlierer der Indexreform heraus. Unterm Strich bleibt dem Mittelstandsindex dennoch eine, wenn auch geschwächte Rolle als Anlage-Orientierung am deutschen Kapitalmarkt. So erachtet Stephan von der Deutschen Bank den M-Dax weiterhin für Anleger als interessant. „Wegen des höheren Risikos bei Nebenwerten verspricht der Index auch zukünftig eine höhere Rendite“, sagt er. Ob sich der M-Dax freilich, so wie in der Vergangenheit, besser als sein großer Bruder entwickelt, muss sich erst noch zeigen.
Wie beim erweiterten Dax 40 gelten auch für den M-Dax die geänderten Bedingungen der Deutschen Börse. Mit am wichtigsten ist, dass die Index-Mitglieder nur noch nachdem Parameter der Marktkapitalisierung gewogen werden. Das Kriterium Börsenumsatz dagegen entfällt. Außerdem müssen die Kandidaten in ihren letzten beiden Jahresbadschlüssen ein positives Vorsteuerergebnis ausweisen.