Schwäbische Zeitung (Biberach)
Endlich Bewegung
Fast ein Jahr lang haben sich die Lokführergewerkschaft GDL und die Arbeitgeber der Deutschen
Bahn vor allem mit Vor- würfen überhäuft. In den Tarifverhandlungen ging nichts voran. Die Streiks der letzten Wochen waren durch das Drehbuch ordentlicher Tarifverhandlungen damit vorprogrammiert. Doch nun kommt anscheinend endlich Bewegung in den Stellungskrieg um höhere Löhne und die Erweiterung des Einflusses der kleinen Spartengewerkschaft. Es wird auch Zeit. Die meisten Fahrgäste, die unter den Arbeitskämpfen leiden, haben die Nase davon voll.
Die Hoffnung auf einen Neuanfang am Verhandlungstisch nährt sich aus dem jüngsten Verhalten der Kontrahenten. Sie schweigen. Das deutet darauf hin, dass hinter den Kulissen längst an tragfähigen Kompromissen gearbeitet wird. Das jüngste Angebot der Bahn an die GDL zeigt ebenfalls Bewegung. In schwer verständlichen Formulierungen deuten die Arbeitgeber die Bereitschaft an, an einem der wichtigsten Punkte nachzugeben. Sie akzeptieren nun wohl doch eine teilweise Ausweitung des Verhandlungsmandats der GDL auf weitere Berufsgruppen. Und sie würden auch bei einem Lohnplus schon in diesem Jahr etwas drauflegen. Ob der Vorschlag ein zusätzliches Pausenbrot oder eher tatsächlich ein verbessertes Einkommen ausmacht, ist nicht klar. Das ist am Ende auch Verhandlungssache. Doch in diesem Fall ist öffentliches Schweigen auch Gold.
Die Bahn hat damit zumindest in allen Bereichen der umstrittenen Verhandlungspunkte etwas nachgegeben. Das sollte reichen, in Gesprächen statt im nächsten Streik eine Auflösung der komplizierten Gemengelage anzustreben. Zumindest gibt es erstmals Hoffnung auf einen streikfreien Herbst.