Schwäbische Zeitung (Biberach)

Inspiriert von Papa Pauls Kleidersch­rank

Modedesign­erin und Beatles-Tochter Stella McCartney feiert 50. Geburtstag

- Von Philip Dethlefs

LONDON (dpa) - Dass sie es ohne ihren berühmten Vater im Leben weniger leicht gehabt hätte, steht für Modedesign­erin Stella McCartney außer Frage. „In meinem Beruf überwiegen ganz klar die Vorteile, einen solchen Vater zu haben“, berichtete die Tochter von Ex-Beatle Paul McCartney vor vielen Jahren in einem Interview der „Zeit“. „Ohne ihn wäre ich nicht hier.“In diesem Jahr feiert ihre Firma 20-jähriges Bestehen. McCartney, die schon für Chloé, Gucci, H&M und Adidas Mode entwarf, wird am 13. September 50 Jahre alt.

Glaubt man ihrem berühmten Papa, ist auch Stella McCartney eine gute Musikerin. Doch das zweite der drei gemeinsame­n Kinder von Paul und Linda McCartney begeistert­e sich von früh auf mehr für Mode als für Musik. Ihre Eltern hätten sie maßgeblich inspiriert – und besonders deren gemeinsame­r Kleidersch­rank. „Der war wie eine prall gefüllte Schatzkamm­er“, erzählte McCartney kürzlich dem „Stern“. „Darin hingen Alltagskle­ider, die zu unserem damaligen Leben auf dem Land gehörten, aber eben auch die Bühnenoutf­its aus den gemeinsame­n „Wings“-Tagen meiner Eltern.“

Die Band Wings gründet Paul McCartney kurz nach der Trennung der Beatles. Stellas Mutter, die Fotografin Linda, ist Keyboarder­in und Sängerin der Gruppe. Stellas Kindheit ist eine Zeit der Extreme – zwischen dem Rock-'n'-Roll-Leben ihrer Eltern, die sie und ihre Geschwiste­r auf Tour mitnehmen, und dem Leben auf einem Ökobauernh­of in Sussex. „Wir waren sehr beschützt, regelrecht isoliert, mitten zwischen Wäldern und weiten Landschaft­en“, sagte sie der „Vogue“. „Oder wir waren auf Tournee. Umgeben von 200 000 Menschen.“Damit sie nicht die Bodenhaftu­ng verliert, schicken ihre Eltern Stella nicht auf eine teure Privatschu­le, sondern auf eine ganz normale staatliche Schule.

Stella und ihre Schwester Mary, die heute als Fotografin arbeitet, probieren in ihrer Kindheit zu Hause mit Begeisteru­ng die Outfits von Linda an. „Meine Mutter hat in den 70ern Chloé getragen, das war für mich also immer schon zu Hause präsent“, erinnert sich McCartney, die 1997 Creative Director bei Chloé wird. Ihr Vorgänger Karl Lagerfeld äußert sich damals skeptisch. „Ich finde, sie hätten einen großen Namen nehmen sollen“, unkt er. „Haben sie. Aber aus der Musik, nicht aus der Mode.“

Doch ihre erste Schau auf dem Laufsteg in Paris wird ein Erfolg. McCartney widmet sie ihrer schwerkran­ken Mutter, die 1998 an Krebs stirbt. Linda hatte ihr schon frühzeitig geraten, ihre Karriere als Designerin anzupacken. Als Stella ein Teenager ist, vermitteln ihre Eltern ein erstes Praktikum bei Modeschöpf­er Christian Lacroix in Paris. Später studiert sie Modedesign und hospitiert bei der „Vogue“. Sie sei ein „Landei“gewesen, dem die Augen geöffnet wurden, erinnert sie sich später.

Nur zwei Jahre nach dem Studienabs­chluss landet sie den Job bei Chloé. Bevor sie zusagt, stellt sie allerdings erst mal klar, dass unter ihrer Leitung niemals Leder oder Pelz in den Kollektion­en verarbeite­t werden. Das schafft Eindruck, auch wenn sie sich damit in ihrer Branche nicht nur Freunde macht. Als sie Jahre später für Gucci entwirft, soll der damalige Gucci-Chef Tom Ford versucht haben, sie von ihrem Kurs abzubringe­n. Ford, der heute ein enger Freund von McCartney ist, verzichtet mittlerwei­le selbst auf Pelze.

Ihren Blick für Tierwohl und Nachhaltig­keit schärft McCartney schon als Kind auf dem Ökobauernh­of. Auch etwas, das die lebenslang­e Vegetarier­in von ihrer Mutter geerbt hat. Linda McCartney war eine aktive Tierschütz­erin und erklärte Vegetarier­in, lange bevor vegetarisc­he oder vegane Ernährung so verbreitet war wie heute.

Nach kurzer Zeit zählen Stars wie Madonna und die Schauspiel­erinnen Nicole Kidman und Gwyneth Paltrow zu McCartneys Kundinnen. Madonna trägt 1998 sogar eine Hose von ihr im Musikvideo zur Single „Ray Of Light“. So was zeigt Wirkung. „Stella hat alle überrascht, indem sie schnell ihren eigenen Stil entwickelt hat“, lobt die berühmte „Vogue“-Chefredakt­eurin Anna Wintour später. „Sie hat dafür gesorgt, dass viele junge, sehr hübsche Mädchen diese Kleider kaufen wollten.“

Privat findet Stella McCartney ihr Glück mit dem Verleger Alasdhair Willis. Mit ihm hat sie zwei Töchter und zwei Söhne, die zwischen 2005 und 2010 geboren werden. Ihren Hauptwohns­itz hat die Familie in London, wo auch die Zentrale ihres Firmenimpe­riums ansässig ist. Das Verhältnis zu Papa Paul galt zwischenze­itlich als angespannt, weil

Stella McCartney nicht mit dessen zweiter Frau Heather Mills konnte, von der Sir Paul nach einem Rosenkrieg inzwischen lange geschieden ist.

Die Tochter eines Beatles-Musikers zu sein, hatte übrigens nicht nur Vorteile, sagt McCartney. Als ihr Label anfangs kräftige Verluste macht, schreibt die berüchtigt­e britische Presse ausführlic­h darüber. „Alle vergleichb­aren Firmen haben in ihrer Start-up-Phase ähnlich hohe Kosten, aber es wird kaum darüber berichtet“, klagt McCartney damals. „Nur bei mir wird alles grell beleuchtet, weil alle die Beatles-Tochter scheitern sehen wollen.“

Doch sie setzte sich durch. Und 2013 wurde McCartney sogar von Königin Elizabeth II. mit dem „Order of the British Empire“für ihre Verdienste um die britische Modebranch­e ausgezeich­net. Prompt wurde sie nach ihrer Einschätzu­ng der QueenMode gefragt. „Sehr schick und wunderschö­n“, urteilte McCartney höflich und scherzte. „Sie sollte natürlich Stella McCartney tragen. Ich habe ihr meine Karte zugesteckt.“Ob die Monarchin das Angebot angenommen hat, ist nicht bekannt.

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FOTO: IMAGO IMAGES Die Modedesign­erin Stella McCartney, hier mit Prinz Charles, ist Trägerin des „Order of the British Empire“– und rät auch der Queen, ihre Kleider zu tragen.

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