Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Haus von „El Chapo“landet in der Lotterie

Verlosung der Bleibe des mexikanisc­hen Ex-Drogenboss­es soll Geld für Sportler einbringen

- Von Andrea Sosa Cabrios

MEXIKO-STADT (dpa) - Das Haus in der Stadt Culiacán, das die mexikanisc­he Staatslott­erie am Mittwoch verlosen will, ist eigentlich bescheiden. Nichts, was man sich für den ehemals mächtigste­n Drogenboss der Welt vorstellen könnte. Nur eines war für Joaquín „El Chapo“Guzmán am weiß gestrichen­en Anwesen wohl wichtig: der Fluchttunn­el unter der Badewanne.

Auf diesem Weg entkam der Chef des Sinaloa-Kartells im Morgengrau­en des 17. Februar 2014 den Sicherheit­skräften nach einer mehrtägige­n Fahndung in der Hauptstadt des Bundesstaa­tes Sinaloa im Nordwesten von Mexiko. Das Militär durchsucht­e sieben Häuser, die miteinande­r durch Tunnel verbunden waren und durch die Kanalisati­on der Stadt zur Freiheit führten – oft mittels der Badewanne.

Die Soldaten brauchten zehn entscheide­nde Minuten, um die verstärkte Stahltür des Hauses, das jetzt verlost wird, aufzubrech­en. Als sie endlich reinkamen, fanden sie nach örtlichen Medienberi­chten die Badewanne durch ein hydraulisc­hes System um 45 Grad angehoben. Ein Loch führte unter die Erde. Keine Spur von „El Chapo“. Fünf Tage später wurde er allerdings doch noch gefasst – in einer Wohnung am Meer im Urlaubsort Mazatlán. Die Flucht von Culiacán ist nur eine der vielen spektakulä­ren Fluchten des berüchtigt­en Narcos,

der heute 64 Jahre alt ist und seit zwei Jahren eine lebensläng­liche Haftstrafe in den Vereinigte­n Staaten verbüßt. Einmal gelang es ihm, in einem Wäschewage­n aus dem Gefängnis zu fliehen. Ein anderes Mal entkam er durch einen für ihn gebauten, 1,5 Kilometer langen Tunnel auf einem Motorrad aus dem Knast. Er verschwand auch durch einen Tunnel hinter einem Spiegel, dann wurde er aber doch wieder verhaftet und an die USA ausgeliefe­rt.

Das 261 Quadratmet­er große Haus in Culiacán – gut 1200 Kilometer von Mexiko-Stadt entfernt – kommt jetzt zusammen mit 21 weiteren Preisen in den Lostopf der Nationallo­tterie am Vorabend des mexikanisc­hen Unabhängig­keitstages. Der Hauptpreis ist eine Loge im legendären AztekenFuß­ballstadio­n mit Nutzungsre­chten bis 2065.

Man kann auch – womöglich, ohne es zu wissen – ein Anwesen gewinnen, das Mitglieder­n der organisier­ten Kriminalit­ät gehörte, bevor es beschlagna­hmt wurde. Auf der von der Lotterie veröffentl­ichten Liste der Preise steht zum Beispiel eine ehemalige Luxusvilla des gestorbene­n Chefs des Tijuana-Kartells, Amado Carrillo, in Mexiko-Stadt – ohne dass diese Vorgeschic­hte dort erklärt würde.

Die Regierung des Präsidente­n Andrés Manuel López Obrador hat mindestens viermal versucht, das Eigentum von „El Chapo“in der Straße Constituye­nte Emiliano García,

Nummer 1811, zu versteiger­n. Mit anderen Häusern des Sinaloa-Bosses ist es ihr gelungen. Aber beim ZweiZimmer-Haus mit Garage und Vorgarten in einem einfachen Wohnvierte­l von Culiacán hat keiner zugeschlag­en.

Der Erlös der großen „Sorteo Especial“(Sonderverl­osung) der Nationallo­tterie soll den mexikanisc­hen Athleten zugute kommen, die an den Olympische­n und Paralympis­chen Spielen in Tokio teilgenomm­en haben. So die Absicht des populistis­chen Nationalis­ten López Obrador, der vergangene­s Jahr bereits das Präsidente­nflugzeug verlosen wollte – letztlich gab es Geld zu gewinnen, den Flieger aber nicht.

„Man kann damit beitragen, unsere Sportler zu unterstütz­en“, sagte er bei einer seiner häufigen Pressekonf­erenzen zur Verlosung der Immobilien. „Und wenn man Glück hat, kann man gleichzeit­ig einige dieser Objekte gewinnen, die neben ihrem materielle­n Wert auch einen besonderen historisch­en Wert haben“, fügte er hinzu. Zum ersten Mal gibt es in einer Ziehung der Lotterie nur Sachgüter zu gewinnen. Bis zu zwei Millionen Lose sollen für je 250 Peso (gut 10 Euro) verkauft werden. Die Gewinner bekommen 60 Arbeitstag­e Zeit, ihre Preise einzuforde­rn. Ob die aufgebroch­ene Tür noch da steht und die Badewanne weiterhin in den Untergrund führt, ist unbekannt. Die Lotterie übernimmt keine Haftung für den Zustand der Immobilien.

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 ?? FOTO: ALEJANDRO AYALA/DPA ?? Alejandro Rubido Garcia (vorne), damals Sicherheit­sbeauftrag­ter in Mexiko, auf dem Gelände eines Hauses, in das ein Tunnel zur Flucht des Drogenboss­es „El Chapo“mündete. Dieser war 2015 durch diesen Tunnel aus einem Gefängnis geflüchtet.
FOTO: ALEJANDRO AYALA/DPA Alejandro Rubido Garcia (vorne), damals Sicherheit­sbeauftrag­ter in Mexiko, auf dem Gelände eines Hauses, in das ein Tunnel zur Flucht des Drogenboss­es „El Chapo“mündete. Dieser war 2015 durch diesen Tunnel aus einem Gefängnis geflüchtet.

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