Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nach Ladendiebstahl mit Luxusauto geflüchtet
Amtsgericht setzt Freiheitsstrafe trotz Rückfall nochmals zur Bewährung aus
RIEDLINGEN - Einen prall gefüllten Einkaufswagen mit Waren im Wert von 462,95 Euro hat ein 30-Jähriger in einem Riedlinger Supermarkt an der Kasse vorbeigemogelt, während seine 29-jährige Ehefrau am Ausgang aufgepasst hat. Das blieb allerdings nicht unbemerkt, weshalb sich beide jetzt wegen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls vor dem Amtsgericht verantworten mussten.
Dem jungen Mitarbeiter an der Kasse war am 20. Februar dieses Jahres die Frau durchaus aufgefallen, die gegen 17 Uhr in der Nähe des Ausgangs wartete und offenbar ein Zeichen gegeben hat. Wie er vor Gericht erzählte, sei dann ein Mann mit dem Einkaufswagen „vorbeigehuscht“und habe den Laden verlassen – ohne zu bezahlen: „Das passiert gerade jeden Tag.“Zusammen mit einem Kollegen habe er den Kunden verfolgt und noch gesehen, wie der in ein Auto gestiegen sei und eilends den Parkplatz verließ.
Die Polizei traf den Fahrer danach an der Halteradresse an. Dieser habe zunächst abgestritten, überhaupt in dem Supermarkt gewesen zu sein, berichtete ein Polizist. Einen Kassenbeleg für die Waren habe er nicht vorweisen können. Nach dem Hinweis, dass es sowohl Zeugen als auch Videoaufzeichnungen des Supermarkts gebe, habe der Mann den Diebstahl eingeräumt. Die Beute, vor allem Lebensmittel und ein paar Haushaltswaren, sei dann in den Streifenwagen umgeladen und zurückgebracht worden.
Auch vor Gericht waren beide Angeklagten in vollem Umfang geständig. „Es ist aus der Not heraus passiert“, versuchte die Frau den gemeinschaftlichen Diebstahl zu erklären. Ihr Einkommen habe lediglich ausgereicht für die Miete und Ratenzahlungen, zumal damals nur ihr Mann gearbeitet habe und zwei kleine Kinder zu versorgen seien. „Aber warum gleich so viel?“, wollte Staatsanwalt Sascha Musch wissen. „Wir haben nur so viel genommen, wir wir benötigten“, versuchte die
Frau zu erklären. Die beiden Flaschen Whisky unter der Beute seien nicht für den Eigenkonsum gewesen, sondern zum Verkauf – um mit dem Erlös das Familienauto betanken zu können. Weshalb es denn ein LuxusSUV sein müsse, wunderte sich Musch weiter: „Wenn man neue Reifen braucht oder Reparaturen anstehen, ist das doch viel teurer als bei einem kleinen Auto.“Die Familie habe kein Geld, um ein kleines Auto bar zu bezahlen, ließ die Angeklagte wissen.
Was dem Staatsanwalt besonders aufstieß, war das einschlägige Vorstrafenregister des Ehepaars, das sich erst seit 2017 in Deutschland aufhält. „Ein fettes Brett“sei dabei die Verurteilung vor dem Amtsgericht Biberach zu einer Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, wegen eines nahezu identischen Delikts in Biberach gerade mal drei Monate vor dem Vorfall in Riedlingen: „Das kann die Staatsanwaltschaft nicht durchgehen lassen.“Musch hielt angesichts der dreisten Vorgehensweise eine Freiheitsstrafe von vier Monaten schuld- und tatangemessen. Unter Tränen bat die Frau, die mit ihrem Mann ohne anwaltlichen Beistand erschienen war, um eine weitere Chance: „Was passiert mit den Kindern, wenn wir im Gefängnis sind?“Sie verwies darauf, dass sie derzeit beide Arbeit und deshalb höheres Einkommen hätten, dass sie dennoch das teure Auto verkaufen und sich eine günstigere Wohnung suchen wollten.
Eine weitere Chance gestand ihnen Richter Bürglen zu, räumte aber ein: „Wir reizen jetzt alles aus.“Die Freiheitsstrafe von vier Monaten setzte er zur Bewährung für vier Jahre aus. Positiv rechnete Bürglen das Geständnis und die Reue vor Gericht ein. Beide müssen in den kommenden beiden Jahren jeweils 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Und Bürglen ordnete die Unterstellung unter die Aufsicht der Bewährungshilfe an. „Jetzt darf nichts mehr passieren“, rief er dem Paar ins Gewissen, „nochmals eine Bewährung wird es nicht geben“.