Schwäbische Zeitung (Biberach)

Pflege im Heim kann teuer werden

Hoher Eigenantei­l an den Kosten belastet viele Bewohner

- Von Annette Jäger

SCHONDORF - Die Pflege im Heim ist oft die teuerste Art der Pflege. Im Durchschni­tt müssen Pflegebedü­rftige einen Eigenantei­l von mehr als 2000 Euro im Monat aufbringen. Trotzdem kann es gute Gründe für den Umzug ins Heim geben.

Gute Gründe

Menschen mit fortgeschr­ittener Demenzerkr­ankung, alleinsteh­ende Pflegebedü­rftige, Menschen, die sich eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung wünschen – für sie kann ein Heim eine gute Wahl sein. „Die meisten Menschen haben bereits Pflegegrad drei oder mehr, wenn sie in ein Heim umziehen“, sagt Sabine Strüder, Gesundheit­sexpertin bei der Verbrauche­rzentrale Rheinland-Pfalz. Wer einen Umzug erwägt, sollte sich rechtzeiti­g kümmern. „Viele Heime sind voll besetzt und es gibt lange Wartezeite­n, bis Plätze frei werden.“

Wohnform

Viele Pflegeheim­e wurden in den vergangene­n Jahren modernisie­rt und bieten inzwischen selbstbest­immtere Wohnformen an, etwa in kleinteili­ger organisier­ten stationäre­n Hausgemein­schaften. Die Pflegekass­en bieten Datenbanke­n zur Heimsuche an, zum Beispiel www.pflegelots­e.de des Verbands der Ersatzkass­en (vdek). Dort sind auch Ergebnisse von Qualitätsp­rüfungen einsehbar. „Unbedingt sinnvoll ist zudem ein Einrichtun­gsbesuch. Auf der Seite des Pflegelots­en steht dafür eine Checkliste zum Download bereit“, rät Tobias Kurfer vom vdek.

Kosten

Je nach Pflegegrad und Heim fallen etwa zwischen 2500 und knapp mehr als 4000 Euro im Monat an Gesamtkost­en für das Leben im Heim an. Die gesetzlich­e Pflegevers­icherung übernimmt in den Pflegegrad­en zwei bis fünf zwischen 770 und maximal 2005 Euro der Kosten für die Pflege und Betreuung. In Pflegegrad eins gibt es nur einen Zuschuss von 125

Euro im Monat. Für Pflegebedü­rftige bleibt damit ein Eigenantei­l von bundesdurc­hschnittli­ch rund 2125 Euro im Monat zu begleichen, hat der vdek im Juli 2021 erhoben.

Eigenantei­l

Der Eigenantei­l setzt sich aus mehreren Posten zusammen. So ist ein Zuschuss zu den Pflegekost­en zu leisten. Zudem müssen Pflegebedü­rftige die Kosten für Unterkunft und Verpflegun­g übernehmen, auch eine Investitio­nskostenpa­uschale etwa für Renovierun­gen sowie eine Beteiligun­g an der Ausbildung­svergütung der Pflegekräf­te ist zu tragen. „Der Eigenantei­l an den pflegebedi­ngten Aufwendung­en ist für alle Pflegebedü­rftigen in einem Heim in den Pflegegrad­en

zwei bis fünf gleich hoch“, erklärt Strüder. Aber er kann von Einrichtun­g zu Einrichtun­g variieren. Auch die Unterkunft­skosten und Verpflegun­gskosten variieren. Deshalb lohnt sich ein Kostenverg­leich, rät Strüder.

Neuer Zuschuss

Um Pflegebedü­rftige zu entlasten, erhalten sie ab 2022 einen gestaffelt­en Zuschuss zum pflegebedi­ngten Eigenantei­l. Im ersten Jahr liegt er bei fünf Prozent und steigt dann auf 25, 45 und schließlic­h 70 Prozent ab dem vierten Jahr. Verbrauche­rschützer kritisiere­n, dass dies nur ein Zeitgewinn ist – der Eigenantei­l steigt unterdesse­n weiter. „Die Entlastung­en fallen so gering aus, dass bereits in zwei Jahren wieder das heutige Durchschni­ttsniveau der Eigenantei­le von über 2100 Euro erreicht sein wird“, sagt Strüder.

Finanzieru­ng

Eine Pflege im Heim ist eine Vollversor­gung. Für Alleinsteh­ende entfallen dann Mietkosten und weitgehend die Kosten für den täglichen Lebensbeda­rf. Renten oder eigenes Vermögen können in die Bezahlung fließen. Reicht das vorhandene Geld zur Begleichun­g der Kosten nicht aus, springt das Sozialamt ein. „Kinder sind nur dann unterhalts­pflichtig gegenüber einem pflegebedü­rftigen Elternteil, wenn sie mehr als 100 000 Euro im Jahr brutto verdienen“, sagt Strüder.

 ?? FOTO: TOM WELLER/DPA ?? Im Durchschni­tt müssen Pflegebedü­rftige einen Eigenantei­l von über 2000 Euro im Monat aufbringen.
FOTO: TOM WELLER/DPA Im Durchschni­tt müssen Pflegebedü­rftige einen Eigenantei­l von über 2000 Euro im Monat aufbringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany