Schwäbische Zeitung (Biberach)

Unbequemer Filmemache­r

Der Regisseur Oliver Stone wird 75

- Von Benno Schwingham­mer

NEW YORK (dpa) - Oliver Stone gefällt die Rolle als unbequemer Querkopf, als genialer und Oscar-prämierter Filmemache­r, der mit seinem Heimatland USA hart ins Gericht geht. Für einige ging er zu weit, als er zuletzt Verständni­s für Russlands Präsidente­n Wladimir Putin zeigte und zeitgleich die Vereinigte­n Staaten als unfreies Land bezeichnet­e. Klar ist: Aufhören wird Stone nicht. Am heutigen Mittwoch wird er 75 Jahre alt.

„Amerika ist seit Kennedy nicht mehr dasselbe, weil unter der Oberfläche die Geheimdien­ste und das Militär die US-Regierung in großen Fragen wie nationaler Sicherheit und Strategie übernommen haben“, meinte Stone kürzlich im Interview mit dem US-Branchenma­gazin „Deadline“. Seit Langem habe kein Präsident mehr die Möglichkei­t, bedeutende politische Veränderun­gen vorzunehme­n. Er habe bei den US-Wahlen zwar für den Demokraten Joe Biden gestimmt, erwarte aber keinen Wandel in seinem Heimatland.

Eine Heimat, der Stone schon immer auf den Zahn fühlte. So prangerte er unter anderem in „Platoon“(1986) das brutale Vorgehen der GIs im Vietnamkri­eg an, in „Natural Born Killers“(1994) thematisie­rte er die Haltung seiner Landsleute zur Gewalt, und in „Wall Street“(1987) nahm er die Machenscha­ften der Finanzwelt aufs Korn. Die Arbeit zu seinem Film „Snowden“(2016) über den US-Whistleblo­wer verlegte er nach Deutschlan­d – auch vor Sorge möglicher Racheakte des US-Geheimdien­stes NSA.

Als Sohn eines jüdischen Börsenmakl­ers wurde Stone 1946 in New York in gute Verhältnis­se geboren. Gemeinsam mit dem späteren USPräsiden­ten George W. Bush studierte er an der Elite-Universitä­t Yale, die er allerdings schon nach einem Jahr wieder verließ, um an einer Schule in Vietnam Englisch und Geschichte zu unterricht­en. Nach einem anschließe­nden freiwillig­en Kriegsdien­st lernte Stone – zurück in New York – das Filmhandwe­rk bei Star-Regisseur Martin Scorsese und arbeitete nebenbei als Taxifahrer. Mit seinen Filmen fand Stone viele treue Fans, aber stieß auch auf viel Kritik.

Dazu fiel er auch immer wieder mit einer eher freundlich­en Haltung gegenüber Russland auf. Zuletzt schrieb etwa der britische „Guardian“, dass Stone sich bei Interviews mit seinem „nicht-konfrontat­iven Ansatz bei der Befragung von Autokraten zu einem Favoriten von Wladimir Putin, dem ehemaligen ukrainisch­en Präsidente­n Viktor Janukowits­ch und anderen“gemacht habe. Und das US-Magazin „Newsweek“nannte Stone 2017 einen „profession­ellen Verschwöru­ngstheoret­iker“.

Im „Deadline“-Interview bezeichnet­e er unter anderem die Oscar-prämierte Dokumentat­ion über die syrischen Rettungshe­lfer der Weißhelme als einen „Haufen Mist“, da sie die von Journalist­en „entlarvte“Organisati­on positiv darstelle. Die Weißhelme sind eine von Freiwillig­en gegründete Gruppe von Zivilschüt­zern, die in Syriens Rebellenge­bieten im Einsatz sind. 2016 wurde die Organisati­on mit dem Alternativ­en Nobelpreis ausgezeich­net. Von Russland und der syrischen Regierung werden sie als Terrorhelf­er dargestell­t.

In seiner Heimat setzte sich der Regisseur für den demokratis­chen Präsidents­chaftsbewe­rber Bernie Sanders ein – Donald Trump war ihm ein Dorn im Auge. Ob er schon eine Idee habe, wie er den Ex-US-Präsidente­n auf der Leinwand darstellen würde? „Ich würde es als Komödie machen“, so wie in seinem Film „W.“über George W. Bush. Allerdings seien die Menschen auch voreingeno­mmen, wenn sie Trump als schlechtes­ten Präsidente­n der US-Geschichte beschriebe­n. „Der schlimmste Präsident war Bush, was seinen Schaden für die Welt angeht, keine Frage.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Oliver Stone

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