Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kavo soll Ende 2021 verkauft werden
Wer den Dentalgerätehersteller übernehmen will und was das für die Beschäftigten heißt
BIBERACH - Beim in Biberach ansässigen Dentalgerätehersteller Kavo Dental GmbH mit Werken in Biberach und Warthausen zeichnen sich Veränderungen ab: Zum Jahresende will das finnische Unternehmen Planmeca, einer der größten eigentümergeführten Anbieter zahnärztlicher Technologien, Kavo übernehmen. Derzeit gehört Kavo zum USUnternehmen Envista Holdings Corporation.
Das 1909 in Berlin gegründete Dentalunternehmen Kaltenbach & Voigt (Kavo) verlagerte seinen Sitz und die Produktion 1946 nach Biberach. 2004 ging Kavo für rund 350 Millionen Euro an den US-amerikanischen Mischkonzern Danaher Corporation mit Sitz in Washington D.C. Dieser wiederum gründete 2019 das eigenständige Unternehmen Envista Holdings Corporation mit Sitz in Brea (Kalifornien). In diesem bündelte Danaher seinen Dentalbereich. Unter dem Dach von Envista findet sich seither auch Kavo wieder.
Der amerikanische Nachrichtendienst Bloomberg hatte bereits Anfang Juni gemeldet, dass Envista einen Verkauf von Kavo prüfe. Als Käufer, so spekulierte Bloomberg damals, kämen wahrscheinlich Finanzinvestoren in Frage. Nun wurde bekannt, dass Planmeca, einer der größten eigentümergeführten Anbieter zahnärztlicher Technologien aus Helsinki (Finnland), einen verbindlichen Vertrag mit Envista über den Erwerb der Geschäftsbereiche Behandlungseinheiten und Instrumente der Firma Kavo geschlossen hat. Dies haben sowohl Planmeca als auch Envista dieser Tage in Pressemitteilungen bestätigt. Als Kaufpreis nennt Envista 455 Millionen US-Dollar, umgerechnet aktuell rund 385 Millionen Euro, inklusive einer sogenannten Earn-Out-Klausel von bis zu 30 Millionen US-Dollar (rund 25,3 Millionen Euro).
Sollte der Verkauf wie geplant zustande kommen, sei das für Kavo „eine Ideallösung“, sagt Dr. Martin Rickert, der als beauftragter Berater von Planmeca in dieser Sache tätig ist. Von 2000 bis 2006 war Rickert bereits Kavo-Geschäftsführer. Derzeit befinde man sich im Kaufprozess am Punkt zwischen Unterschrift und Übergabe. „Das ist eine sehr arbeitsreiche Phase, weil es viele Vernetzungen zwischen Kavo und
Envista gibt, die später wieder bei Kavo angesiedelt sein sollen“, sagt er.
Das führe aus seiner Sicht dazu, dass bei Kavo nach dem Kauf durch Planmeca auch ein Mitarbeiteraufbau stattfinden werde, „weil einige Zentralfunktionen, unter anderem im Finanzbereich, wieder nach Biberach zurückkehren sollen“. Die Kavo-Standorte in Biberach und Warthausen sollen erhalten bleiben, an einen Mitarbeiterabbau sei nicht gedacht, so Rickert.
Der Kauf durch Planmeca bedeute für Kavo aus seine Sicht wieder den Weg hin zu einer inhabergeführten Struktur, die langfristig ausgerichtet sei. Die Unternehmensphilosophie der finnischen Planmeca-Eigentümer passe gut zum Biberacher Dentalgerätehersteller. „Beide Firmen ergänzen sich in ihrem Produktportfolio, was für die Kunden und die beiden Firmen vorteilhaft ist“, sagt Rickert.
Dadurch könnten beide Unternehmen dem zahnärztlichen Fachpersonal den weltweit besten modernen digitalen Workflow anbieten, schreibt Planmeca in seiner Pressemitteilung. „Beide Unternehmen werden weiterhin als eigenständige Geschäftseinheiten agieren. Starke Synergien werden im Produktportfolio, in technologischen Innovationen sowie im Vertriebsnetzwerk erwartet.“
Heikki Kyöstilä, Eigentümer, Gründer und Geschäftsführer der Planmeca-Gruppe, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, meint hierzu: „Durch diese Partnerschaft werden wir ein äußerst starker Akteur im Dentalbereich. Meiner Ansicht nach passen unsere Unternehmen sehr gut zusammen – wir teilen die gleichen Standards und Leidenschaft in Bezug auf Technologie, Qualität sowie Innovation und bieten unseren Kundinnen und Kunden einen komplett digitalen Workflow an.“Zusätzlich habe man eine ähnliche Unternehmenskultur mit starken Wurzeln als Familienunternehmen. „Die Beziehungen zu unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Kundenfokus waren immer wichtige Werte für uns beide“, so Kyöstilä.
Man habe Kavo als Premiummarke schon immer sehr geschätzt, teilt Tuomas Lokki, Senior Vice President der Planmeca-Gruppe, mit. „Es ist unser Ziel, der führende Anbieter von digitalen zahnärztlichen Lösungen weltweit zu werden.“
Planmeca wird an Kavo Behandlungseinheiten und Instrumente einen Anteil von 51 Prozent übernehmen, Heikki Kyöstilä als Privatperson die restlich 49 Prozent. Nach Abschluss der Akquisition wird die Planmeca Gruppe rund 4500 Menschen weltweit beschäftigen.
Die rund 1500 Mitarbeiter, die Kavo hauptsächlich in den Werken Biberach und Warthausen, aber auch weltweit beschäftigt, seien in Form einer Videobotschaft über den geplanten Verkauf an Planmeca informiert worden, sagt Eustachio Di Pelo, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ulm, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“.
Er habe in den vergangenen Tagen mehrfach Kontakt zu Kavo-Betriebsräten gehabt, sei auch selbst im Betrieb gewesen, und berichtet von einer „leicht positiven Stimmung“in der Belegschaft. Man werde nun versuchen, sich auch mit den finnischen Gewerkschaftskollegen in Helsinki auszutauschen.