Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ob die Leute das wirklich wollen?

- Zum selben Thema: Herbert Hess, Maselheim

Liest man den Bericht über den Besuch der Grünen-Bundestags­kandidatin Anja Reinalter mit ihrer GrünenLand­esvorsitze­nden Sandra Detzer und Bürgermeis­ter Braun, so ist die heile Welt der grünen Umweltschü­tzer in Ordnung. Denn hier in Baltringen sieht man eindrucksv­oll, wie sich manche grüne Kies-Lobbyisten die Renaturier­ung von ehemaligen Kiesgruben vorstellen und zwar so: Zuerst wird Kies abgebaut. Danach, wenn Radlader die Landschaft verformt haben, versucht die Natur sich zu reparieren und es entstehen Biotope. Wenn sich dann Pflanzen und Tiere endlich angesiedel­t haben, wird es nicht so belassen. Denn der Plan ist nicht, ein Biotop zu schaffen, sondern der findige Kiesuntern­ehmer will Zeit gewinnen, um eine neue gewinnbrin­gende Verwendung der Fläche zu finden. Rekultivie­ren, so wie er es in seinem Abbauantra­g beschriebe­n und versproche­n hatte, steht nicht auf seiner Agenda. Beendet ist der Kiesabbau erst, wenn aus der ehemaligen Kiesgrube eine weitere Geldquelle sprudelt. Wie hier in Baltringen. Den drei anwesenden Grünen, die die Ferienhaus­anlage „Sonnenpark am See“, als gelungene Renaturier­ung dieser Kiesgrube lobten, ist dies wohl nicht aufgefalle­n. Sie haben „übersehen“, dass es sich hierbei um Ferienhaus­er handelt – (...) die von Reichen, zum Beispiel Städtern, als Zweit- oder Drittwohnu­ng gekauft werden und bringen den Anwohnern hier nichts. Wie sagte Bürgermeis­ter Braun: „Die Leute wollen’s so“. Ob dies die Leute hier wirklich so wollen, in Zeiten, in denen die Folgen der Klimakrise täglich spürbar sind? Der grüne Vordenker Hofreiter, der Einfamilie­nhäuser verbieten will, würde es nicht wollen. Übrigens, hier im Landkreis hat sich diese Art der „Rekultivie­rung“von Kiesgruben zur Perfektion entwickelt. In Schemmerho­fen plant die Firma Dünkel auf einer nichtrekul­tivierten Kiesabbauf­läche gerade einen Solarpark. Begründet wird dieses mit der Ansiedlung der Kreuzkröte. Im Abbaugebie­ten in Äpfingen wollte Dünkel einst eine Müllverbre­nnungsanla­ge, oder einen Motorpark bauen. Rekultivie­rt wurde nicht. Die Firma Röhm, Äpfingen, erweitert ihr Abbaugebie­t nun auf fast 200 Hektar (ha). Rekultivie­rt ist nicht mal die vor 40 Jahren genehmigte Abbaufläch­e von circa 30 ha. Die Kiesgrube Bolz in Äpfingen wartet seit 15 Jahren auf eine Rekultivie­rung, es kommt ein Solarpark. Nun soll noch der CO2-Speicher Wald gerodet werden. Ob es die Leute so wollen?

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