Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die vergessenen Räder von Memmingen
Fast 100 Fund-Fahrräder und andere Objekte stehen in einer Halle der Stadt
MEMMINGEN - Eine Fahrradversteigerung hat es in Memmingen seit fast zwei Jahren nicht mehr gegeben. 96 Räder haben sich in dieser Zeit in einer Halle der Stadt angesammelt. Doch bald sollen die Drahtesel unter den Hammer kommen: Im Spätherbst oder im Winter wird es eine Versteigerung geben, sagt Michael Foit, Leiter des städtischen Ordnungsamts. Sie werde bereits geplant, ein Termin stehe aber noch nicht fest.
Fundräder: Das ist nicht immer gleichzusetzen mit alt, rostig und defekt. Solche Fahrräder stehen zwar auch in der Halle. Aber ebenso hochwertige Zweiräder. „Bei denen fragt man sich schon manchmal, warum sich die Eigentümer nicht melden“, sagt Foit. So einige Objekte lassen Fragen aufkommen. Zum Beispiel das Kinderfahrrad, an dem sogar noch der Helm hängt. Und der Rollator. Und das Mountainbike, das mit den großen, getrockneten Schlammspritzern aussieht, als wäre es noch durchs Gelände gepflügt, bevor es im Fundbüro landete. Sie werden ihre Geheimnisse vermutlich nie preisgeben.
Besitzanspruch stellen: Alle der 96 Räder werden aber nicht unter den Hammer kommen. Denn auf manche davon haben die Finder Besitzanspruch angemeldet. Das funktioniert so: Jemand merkt, dass ein Fahrrad über eine längere Zeit nicht bewegt wird. Zum Beispiel steht es seit drei Wochen an einem Gartenzaun. Dann ruft die Entdeckerin das Fundamt der Stadt an. Das lässt zum Beispiel durch den Bauhof das Rad abholen. Die Finderin wird am Telefon gefragt, ob sie das Fahrrad haben möchte, wenn sich der Eigentümer innerhalb eines halben Jahres nicht meldet. Wenn ja, kann sie es nach Ablauf der Frist beim Fundamt abholen. Sie bekommt dann eine Bestätigung ausgestellt, dass das Rad nun offiziell ihr gehört. Der ehemalige Eigentümer hat nun keinen Anspruch mehr auf das Zweirad.
Fund-Unterschlagung: Wer ein offensichtlich vergessenes Fahrrad entdeckt, darf es nicht einfach behalten, sagt Ordnungsamtsleiter Michael Foit. Das wäre Fund-Unterschlagung, und die ist strafbar. In jedem Fall müsse das Fundamt eingeschaltet werden.
Gestohlen? Ob ein im Fundbüro abgegebenes Rad vielleicht Diebesgut ist, überprüft die Polizei. Beamte schauen sich die Fundräder an und gleichen sie mit Diebstahl-Anzeigen ab. Wurde ein Rad nicht als gestohlen gemeldet, darf es in der Halle stehenbleiben.
Fahrrad vermisst? Wer sein Rad vermisst und es im Fundbüro vermutet, hat zwei Möglichkeiten, es wiederzubekommen. Erstens: Im Idealfall hat die Eigentümerin oder der Eigentümer einen Fahrradpass, der im Fundbüro vorgezeigt werden kann. Darin werden die Merkmale des Zweirades beschrieben wie Farbe, Größe und Marke.
Und auch die Rahmennummer, die bereits vom Hersteller eingeprägt wird. Noch sicherer ist es laut ADFC, ein Fahrrad codieren zu lassen. Dabei wird ein Code aus Buchstaben und Zahlen in den Rahmen graviert oder auf einen Aufkleber gedruckt, der auf den Rahmen geklebt wird. Dieser Code verrät einer Behörde, wem das Rad gehört und wo die Eigentümerin oder der Eigentümer wohnt. Auch dazu gibt es einen Fahrradpass. Wo Räder codiert werden können, darüber können laut Polizei Fachhändler Auskunft geben. Zweitens: Wer beides nicht hat, aber sein Rad im Fundbüro detailliert beschreiben kann, hat auch die Chance, es mit nach Hause nehmen zu können.
Nicht versteigert – und nun? Fahrräder, die während der Versteigerung keinen Interessenten finden, werden entweder verschrottet oder ihre Einzelteile werden aufgehoben, um damit Diensträder der Stadt reparieren zu können.