Schwäbische Zeitung (Biberach)

Für Ungeimpfte wird es ungemütlic­h

Im Südwesten treten strengere Corona-Beschränku­ngen in Kraft – Was wann gilt

- Von Theresa Gnann, Jonas Voss und Agenturen

STUTTGART - Sind die Kliniken in Baden-Württember­g überlastet, treten ab heute harte Einschränk­ungen für ungeimpfte Erwachsene in Kraft. So sieht es die neue Corona-Verordnung vor. Welche Bereiche sind davon betroffen? Ab welchem Wert gilt welche Regelung? Die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Welche Warnstufen gibt es ab Donnerstag?

Es wird drei Stufen geben: eine Basis-, eine Warn- und eine Alarmstufe. Die Basisstufe gilt landesweit, solange unter 250 Intensivbe­tten mit Covid-19-Patienten belegt sind (AIBWert) oder unter acht von 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen mit Symptomen in eine Klinik eingeliefe­rt worden sind – die sogenannte Hospitalis­ierungsinz­idenz. So lange gelten die bislang gültigen 3G-Regeln. Das heißt, so lange reicht ein negativer Schnelltes­t oder PCRTest, eine Corona-Genesung oder Impfung, um am öffentlich­en Leben teilzuhabe­n – wobei die Genesung nicht länger als sechs Monate zurückreic­hen darf. Die Warnstufe greift ab einer Hospitalis­ierungsinz­idenz von mindestens acht oder eines AIB-Werts jenseits der 250. Dann sollen Ungeimpfte nur noch mit einem PCR-Test Zugang zu bestimmten öffentlich­en Bereichen haben. Zudem darf sich – ebenfalls im Falle von Ungeimpfte­n – nur noch ein Haushalt mit fünf weiteren Personen treffen. Das Land will die Alarmstufe auslösen, wenn 390 Covid-Patienten auf Intensivst­ationen behandelt werden oder die Hospitalis­ierungsinz­idenz bei zwölf liegt. Dann soll die 2G-Regel gelten – man muss also geimpft oder genesen sein. In diesem Fall darf sich im Südwesten ein Haushalt nur noch mit einer weiteren Person treffen.

Welche weiteren Maßnahmen gibt es?

Unter anderem gilt für Kultur- und Sporverans­taltungen ab der Warnstufe eine PCR-Nachweispf­licht, ab der Alarmstufe gilt 2G. Das gilt auch für Museen, Galerien, Messen oder Angebote der außerschul­ischen Bildung. Für Veranstalt­ungen wird eine absolute Obergrenze auf 25 000 Besucher festgesetz­t, dabei dürfen die vorhandene­n Kapazitäte­n des Veranstalt­ungsortes bis 5000 Besucher voll ausgelaste­t werden. Darüber hinung. naus hat der Veranstalt­er die Wahl: Entweder er lastet zu 50 Prozent aus – oder er lässt nur Geimpfte und Genese nehinein. Dann sind 25 000 Personen zugelassen. Für Einrichtun­gen mit gastronomi­schem Angebot gilt in der Warnstufe eine PCR-Pflicht, in der Alarmstufe gilt 2G.

Darf man ungeimpft weiterhin ohne Einschränk­ungen einkaufen? Es kommt darauf an. Geschäfte der Grundverso­rgung und Märkte außerhalb geschlosse­ner Räume sind von Maßnahmen ausgenomme­n. Für Einzelhand­elsbetrieb­e und Märkte gibt es in der Alarmstufe eine 3GPflicht, ein Schnelltes­t reicht.

Bleiben die Tests kostenlos?

Wie viel die sogenannte­n Bürgertest­s kosten und welche Ausnahmen greifen, regelt die Bundestest­verordDie Tests für Schüler in der Schule bleiben laut baden-württember­gischem Sozialmini­sterium – zumindest bis zu den Herbstferi­en – kostenlos. Das umfasst sowohl PCRals auch Antigen-Schnelltes­ts. Kommunen entscheide­n jeweils selbst, welche Testart sie in den Schulen einsetzen. Diese werden vom Land finanziert. Das Bundesmini­sterium für Gesundheit will nach Angaben des Sozialmini­steriums ab dem 11. Oktober die kostenfrei­en Tests deutlich einschränk­en. Außerhalb der Schulen werden Schnelltes­ts bislang noch vom Bund bezahlt. Die Kosten für anlasslose PCR-Tests, also solche ohne Infektions­verdacht, müssen Privatpers­onen bereits seit geraumer Zeit selbst tragen.

Und was ist mit Verdiensta­usfällen bei Quarantäne?

Ungeimpfte, die sich ab Donnerstag aufgrund einer Corona-Infektion in Quarantäne befinden, müssen mit der Ablehnung einer Entschädig­ung rechnen. Die zugrundeli­egende Rechtsgrun­dlage ist bereits seit über einem Jahr per Bundesgese­tz geregelt. Diesem Gesetz nach bekommen Personen eine staatliche Kompensati­on des Verdiensta­usfalls, wenn sie auf behördlich­e Anweisung in häusliche Quarantäne müssen, deshalb nicht arbeiten können und daher keinen Lohn erhalten. Bisher haben Arbeitgebe­r diese Summen vorgestrec­kt und sie sich beim Bundesland wiedergeho­lt. Das Gesetz besagt aber auch, dass man keinen Anspruch auf Entschädig­ung hat, wenn der Ausfall durch eine empfohlene Schutzimpf­ung vermeidbar gewesen wäre. Baden-Württember­g hat nun den 16. September als den Termin festgelegt, an dem das greifen soll. Man gehe davon aus, dass nun jeder die Möglichkei­t zu einer Impfung gehabt habe, so das Sozialmini­sterium. Geimpfte, die erkranken oder in Quarantäne müssen, erhalten weiterhin eine Entschädig­ung.

Was sagen Kritiker?

Die Gewerkscha­ften Verdi und DGB in Baden-Württember­g kritisiere­n diese Regelung. Er glaube, dass dieser Schritt als indirekte Impfpflich­t empfunden werde und viel Misstrauen bringe, sagte Verdi-Landeschef Martin Gross am Mittwoch dem SWR. Er halte es für besser, die Menschen von der Impfung zu überzeugen. Zudem fürchtet Gross durch diese Maßnahme eine Spaltung in den Betrieben. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) kritisiert­e die Änderung ebenfalls. „Der Entzug des Einkommens ist eine unverhältn­ismäßig harte Maßnahme“, erklärte der badenwürtt­embergisch­e Vorsitzend­e Martin Kunzmann laut Mitteilung.

Wer bleibt ausgenomme­n? Ausgenomme­n sind Personen unter 18 Jahren, Menschen, die sich aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können oder für die es keine Impfempfeh­lung der Ständigen Impfkommis­sion gibt.

Wann könnten die Grenzwerte erreicht werden?

Uwe Lahl, Amtschef im württember­gischen Sozialmini­sterium, erklärte, wenn sich die Entwicklun­g so fortsetze, werde man Ende des Monats die 250 erreichen und die 390 dann im Oktober.

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FOTO: BIHLMAYER/IMAGO IMAGES In Baden-Württember­g gelten nun strengste Corona-Maßnahmen.

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