Schwäbische Zeitung (Biberach)
Für Ungeimpfte wird es ungemütlich
Im Südwesten treten strengere Corona-Beschränkungen in Kraft – Was wann gilt
STUTTGART - Sind die Kliniken in Baden-Württemberg überlastet, treten ab heute harte Einschränkungen für ungeimpfte Erwachsene in Kraft. So sieht es die neue Corona-Verordnung vor. Welche Bereiche sind davon betroffen? Ab welchem Wert gilt welche Regelung? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Welche Warnstufen gibt es ab Donnerstag?
Es wird drei Stufen geben: eine Basis-, eine Warn- und eine Alarmstufe. Die Basisstufe gilt landesweit, solange unter 250 Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt sind (AIBWert) oder unter acht von 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen mit Symptomen in eine Klinik eingeliefert worden sind – die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz. So lange gelten die bislang gültigen 3G-Regeln. Das heißt, so lange reicht ein negativer Schnelltest oder PCRTest, eine Corona-Genesung oder Impfung, um am öffentlichen Leben teilzuhaben – wobei die Genesung nicht länger als sechs Monate zurückreichen darf. Die Warnstufe greift ab einer Hospitalisierungsinzidenz von mindestens acht oder eines AIB-Werts jenseits der 250. Dann sollen Ungeimpfte nur noch mit einem PCR-Test Zugang zu bestimmten öffentlichen Bereichen haben. Zudem darf sich – ebenfalls im Falle von Ungeimpften – nur noch ein Haushalt mit fünf weiteren Personen treffen. Das Land will die Alarmstufe auslösen, wenn 390 Covid-Patienten auf Intensivstationen behandelt werden oder die Hospitalisierungsinzidenz bei zwölf liegt. Dann soll die 2G-Regel gelten – man muss also geimpft oder genesen sein. In diesem Fall darf sich im Südwesten ein Haushalt nur noch mit einer weiteren Person treffen.
Welche weiteren Maßnahmen gibt es?
Unter anderem gilt für Kultur- und Sporveranstaltungen ab der Warnstufe eine PCR-Nachweispflicht, ab der Alarmstufe gilt 2G. Das gilt auch für Museen, Galerien, Messen oder Angebote der außerschulischen Bildung. Für Veranstaltungen wird eine absolute Obergrenze auf 25 000 Besucher festgesetzt, dabei dürfen die vorhandenen Kapazitäten des Veranstaltungsortes bis 5000 Besucher voll ausgelastet werden. Darüber hinung. naus hat der Veranstalter die Wahl: Entweder er lastet zu 50 Prozent aus – oder er lässt nur Geimpfte und Genese nehinein. Dann sind 25 000 Personen zugelassen. Für Einrichtungen mit gastronomischem Angebot gilt in der Warnstufe eine PCR-Pflicht, in der Alarmstufe gilt 2G.
Darf man ungeimpft weiterhin ohne Einschränkungen einkaufen? Es kommt darauf an. Geschäfte der Grundversorgung und Märkte außerhalb geschlossener Räume sind von Maßnahmen ausgenommen. Für Einzelhandelsbetriebe und Märkte gibt es in der Alarmstufe eine 3GPflicht, ein Schnelltest reicht.
Bleiben die Tests kostenlos?
Wie viel die sogenannten Bürgertests kosten und welche Ausnahmen greifen, regelt die BundestestverordDie Tests für Schüler in der Schule bleiben laut baden-württembergischem Sozialministerium – zumindest bis zu den Herbstferien – kostenlos. Das umfasst sowohl PCRals auch Antigen-Schnelltests. Kommunen entscheiden jeweils selbst, welche Testart sie in den Schulen einsetzen. Diese werden vom Land finanziert. Das Bundesministerium für Gesundheit will nach Angaben des Sozialministeriums ab dem 11. Oktober die kostenfreien Tests deutlich einschränken. Außerhalb der Schulen werden Schnelltests bislang noch vom Bund bezahlt. Die Kosten für anlasslose PCR-Tests, also solche ohne Infektionsverdacht, müssen Privatpersonen bereits seit geraumer Zeit selbst tragen.
Und was ist mit Verdienstausfällen bei Quarantäne?
Ungeimpfte, die sich ab Donnerstag aufgrund einer Corona-Infektion in Quarantäne befinden, müssen mit der Ablehnung einer Entschädigung rechnen. Die zugrundeliegende Rechtsgrundlage ist bereits seit über einem Jahr per Bundesgesetz geregelt. Diesem Gesetz nach bekommen Personen eine staatliche Kompensation des Verdienstausfalls, wenn sie auf behördliche Anweisung in häusliche Quarantäne müssen, deshalb nicht arbeiten können und daher keinen Lohn erhalten. Bisher haben Arbeitgeber diese Summen vorgestreckt und sie sich beim Bundesland wiedergeholt. Das Gesetz besagt aber auch, dass man keinen Anspruch auf Entschädigung hat, wenn der Ausfall durch eine empfohlene Schutzimpfung vermeidbar gewesen wäre. Baden-Württemberg hat nun den 16. September als den Termin festgelegt, an dem das greifen soll. Man gehe davon aus, dass nun jeder die Möglichkeit zu einer Impfung gehabt habe, so das Sozialministerium. Geimpfte, die erkranken oder in Quarantäne müssen, erhalten weiterhin eine Entschädigung.
Was sagen Kritiker?
Die Gewerkschaften Verdi und DGB in Baden-Württemberg kritisieren diese Regelung. Er glaube, dass dieser Schritt als indirekte Impfpflicht empfunden werde und viel Misstrauen bringe, sagte Verdi-Landeschef Martin Gross am Mittwoch dem SWR. Er halte es für besser, die Menschen von der Impfung zu überzeugen. Zudem fürchtet Gross durch diese Maßnahme eine Spaltung in den Betrieben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Änderung ebenfalls. „Der Entzug des Einkommens ist eine unverhältnismäßig harte Maßnahme“, erklärte der badenwürttembergische Vorsitzende Martin Kunzmann laut Mitteilung.
Wer bleibt ausgenommen? Ausgenommen sind Personen unter 18 Jahren, Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder für die es keine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission gibt.
Wann könnten die Grenzwerte erreicht werden?
Uwe Lahl, Amtschef im württembergischen Sozialministerium, erklärte, wenn sich die Entwicklung so fortsetze, werde man Ende des Monats die 250 erreichen und die 390 dann im Oktober.