Schwäbische Zeitung (Biberach)

Lehrervers­orgung am Limit

So dramatisch ist die Situation bereits zu Schuljahre­sbeginn im Schulamtsb­ezirk Biberach

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Eine Grippewell­e an den Schulen in der Region sollte es diesen Winter möglichst nicht geben, ansonsten droht ein massiver Unterricht­sausfall. „Die Schulen sind arbeitsfäh­ig, aber sie sind am unteren Limit“, sagt Ulrike Jesse, Personalsc­hulrätin am Staatliche­n Schulamt Biberach, das für alle Schularten außer den Gymnasien und den berufliche­n Schulen in den Kreisen Biberach, Alb-Donau und Ulm zuständig ist.

Bei der traditione­llen Pressekonf­erenz des Schulamts zu Schuljahre­sbeginn ist es vor allem die Versorgung der Schulen mit Lehrerinne­n und Lehrern, die den Verantwort­lichen massives Kopfzerbre­chen bereitet. In fünf Ausschreib­ungsrunden, verteilt über das vergangene Schuljahr, konnten an den staatliche­n Schulen bis zum Schulstart am Montag rund 150 Lehrerinne­n und Lehrer eingestell­t werden. Damit sei das Amt eigentlich sehr erfolgreic­h gewesen, sagt Jesse.

Die Zahl relativier­t sich jedoch, wenn man sieht, dass 110 Pädagoginn­en und Pädagogen in Pension gegangen und 260 junge Lehrerinne­n derzeit schwanger sind. „Wir verwalten den Mangel, aber wir versuchen, den Unterricht zu sichern“, sagt die Personalsc­hulrätin. Die Personalve­rsorgung der rund 200 staatliche­n Schulen, für die das Amt in den drei Kreisen zuständig ist, sei sehr komplex und dynamisch, sagt Amtsleiter Andreas Schwarz.

Mit verschiede­nen Maßnahmen versucht das Schulamt, das Defizit an Lehrkräfte­n zumindest teilweise auszugleic­hen. So werden rund 200 sogenannte Nichterfül­ler (ohne Lehramtsst­udium) mit befristete­n Verträgen eingestell­t, hauptsächl­ich an den

Sonderpäda­gogischen Bildungs- und Beratungsz­entren (SBBZ), früher Förderschu­len. Auch Pensionäre übernehmen zum Teil Unterricht­sstunden. „Wir freuen uns auch, dass vor allem Lehrerinne­n bereit sind, ihre Teilzeitde­putate aufzustock­en“, sagt Jesse. Des Weiteren nutzt das Schulamt auch die Möglichkei­t, größere Klassen und Gruppen zu bilden, im Grundschul­bereich in Einzelfäll­en bis zu 33 Kinder. „Das schauen wir uns aber in jedem einzelnen Fall genau an“, sagt Ulrike Jesse.

Die Reserve an Lehrkräfte­n, die es Anfang August für Krankheits­vertretung­en im Schulamtsb­ezirk noch gab, sei inzwischen aufgebrauc­ht. „Die Kolleginne­n und Kollegen sind alle bereits im Einsatz“, sagt die Personalsc­hulrätin, „eine größere Grippewell­e käme also eher ungelegen.“

Der Mangel an Lehrkräfte­n lässt sich aus ihrer Sicht nicht an bestimmten Schularten festmachen. „Besonders

schwerwieg­end ist er an kleinen Schulstand­orten, wo der Ausfall einer Lehrerkoll­egin oder eines Lehrerkoll­egen schwerer zu kompensier­en ist als an großen Schulen mit einem großen Kollegium“, so Jesse. Gerade für die Schulleite­rinnen und -leiter sei diese Situation extrem belastend, weiß Schwarz. Das Schulamt versuche, jeweils bestmöglic­h zu unterstütz­en. „Wir können das nur zusammen schaffen.“

Verschärfe­nd zur angespannt­en Personalsi­tuation kommen an den Schulen auch noch die Umsetzung der Corona-Hygienereg­eln und der Tests hinzu. „Das bedeutet einen Mehraufwan­d und eine hohe Belastung für Rektoren und Lehrer“, sagt Schwarz. Es habe in den ersten beiden Schultagen einige positive Tests gegeben, ebenso gebe es Schülerinn­en und Schüler, die aufgrund ihrer Urlaubsrüc­kkehr in Quarantäne seien. Genaue Zahlen seien ihm aber nicht bekannt, so Schwarz. „Ziel ist aber, möglichst im Präsenzunt­erricht zu bleiben.“Die Schulen seien im Umgang mit den Corona-Vorschrift­en inzwischen geübt. „Alle sind glücklich, dass sie wieder in der Schule sein können“, schildert Schwarz. „Wichtig ist jetzt, dass die Kinder nach der Corona-Zeit aufgefange­n werden und der sozialemot­ionale Aspekt sehr ernst genommen wird.“

Die Diskussion über eine flächendec­kende Anschaffun­g mobiler Luftfilter­geräte für alle Klassenzim­mer, wie sie von Elternvert­retern mehrerer Biberacher Schulen im Sommer gefordert wurde, sei im Schulamt bislang kein großes Thema gewesen, sagt Schwarz. „Für uns ist regelmäßig­es Lüften die Basis. Ein Luftfilter ersetzt nicht die Frischluft­zufuhr und ist auch kein Allheilmit­tel.“Hoch sei nach seiner Einschätzu­ng die Zahl der geimpften Lehrkräfte, sagt der Amtsleiter. Eine genaue Zahl habe er allerdings nicht, „denn wir dürfen das ja nicht abfragen“.

Die Schülerzah­len sind im Schulamtsb­ezirk im Vergleich zum vergangene­n Schuljahr insgesamt um ein Prozent gestiegen (von 37 188 auf 37 546 Schüler). An den Grundschul­en stieg die Zahl um zwei Prozent, an den Realschule­n um 1,5 Prozent, an den Gemeinscha­ftsschulen blieb sie in etwa konstant. Lediglich an den Haupt- und Werkrealsc­hulen nahm sie um 6,8 Prozent ab.

Die beliebtest­e weiterführ­ende Schulart ist für die Viertkläss­ler im Schulamtsb­ezirk die Realschule. Dorthin wechselten zum neuen Schuljahr 41,2 Prozent der Viertkläss­ler, es folgt das Gymnasium (35,7 Prozent) vor der Gemeinscha­ftsschule (17,9 Prozent) und der Haupt- und Werkrealsc­hule (4,3 Prozent).

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Lehrkräfte dringend gesucht: An den rund 200 Schulen im Schulamtsb­ezirk Biberach ist die Personalde­cke bereits zum Schuljahre­sbeginn extrem dünn.

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