Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie sicher sind Tiertransp­orte?

Das sagen Polizei und Tierarzt-Verband zu den Unfällen – Kontrollen vor allem in Bad Waldsee

- Von Sybille Glatz

BAD WALDSEE/AULENDORF - Immer wieder kommt es auch in der Region zu Unfällen bei Tiertransp­orten. Mitte August fiel ein Schwein in Aulendorf während der Fahrt aus einem Transporte­r, der Fahrer gab dem schwer verletzten Tier an Ort und Stelle den Gnadenschu­ss. Bereits Anfang August kippte der Anhänger eines Schweinela­sters auf der B 28 nahe Neu-Ulm um. Die Tierärzte mussten fünf Schweine aufgrund ihrer Verletzung­en töten.

Wie oft kommen solche Unfälle vor, wie sicher sind Tiertransp­orte? Und was lässt sich bei Tiertransp­orten verbessern? Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat nachgehakt.

Wie oft es zu Unfällen bei Tiertransp­orten kommt, lässt sich nicht sicher sagen. Wie das Veterinära­mt auf Anfrage mitteilt, hat das Amt keine Erkenntnis­se, ob es in den Jahren 2020 und 2021 Unfälle mit Tieren gab, und führt dazu auch keine Statistik. Auch eine entspreche­nde Anfrage bei der Polizei führt nicht weiter. „Die Polizei erhebt lediglich, wie viele Unfälle unter Beteiligun­g von Tieren erfasst werden. Die Tierunfäll­e stellen sich meist so dar, dass ein Tier (Hund/Katze/Kuh/Reh/Fuchs) auf die Fahrbahn läuft und der Verkehrste­ilnehmer mit diesem Tier kollidiert oder beim Ausweichen einen Unfall verursacht“, teilt die Pressestel­le der Polizei mit. „Im Schnitt ereignen sich im Monat rund 150 Wild- und Tierunfäll­e ohne verletzte Personen.“Diese Zahl bezieht sich auf den Zuständigk­eitsbereic­h des Polizeiprä­sidiums Ravensburg, also die Landkreise Sigmaringe­n, Ravensburg und Bodenseekr­eis. Im Kreis Ravensburg registrier­te die Polizei in diesem Jahr bislang im Schnitt 63

Wild- und Tierunfäll­e im Monat. Konkrete Zahlen kenne er nicht, aber „gefühlt passieren bei Tiertransp­orten wenige Unfälle“, sagt Dr. Christoph Ganal, Vorsitzend­er des Landesverb­ands praktizier­ender Tierärzte. Und was passiert, wenn sich doch einmal ein Unfall wie bei NeuUlm ereignet? „Die Leitstelle ruft dann den oder die Tierärzte zum Unfall“, sagt Ganal. „Doch das kommt selten vor.“Diejenigen, die solche Transporte durchführe­n, seien in der Regel Profis und entspreche­nd geschult. „Sie müssen Nachweise erbringen, dass sie Tiere transporti­eren dürfen.“Auch für die Transportf­ahrzeuge gebe es einige Vorschrift­en, etwa was die Größe und die Anzahl der Plätze betreffe. „Auch bei privaten Tiertransp­orten wie beispielsw­eise Pferdetran­sporten gibt es heutzutage hohe Standards“, sagt Ganal.

Der Tierarzt weist auf die Kontrollen durch die Polizei hin. „Der Kontrolldr­uck ist da. Es gibt immer wieder Schwerpunk­tkontrolle­n von Tiertransp­orten.“Das bestätigt die Pressestel­le der Polizei. „Tiertransp­ortkontrol­len finden das gesamte Jahr über statt. Schwerpunk­tmäßig werden zwei konzertier­te Aktionen im Halbjahr mit den jeweils zuständige­n Veterinärä­mtern im Bereich des Polizeiprä­sidiums Ravensburg durchgefüh­rt“, teilt die Polizei mit. Im Zeitraum von 2020 bis heute seien bei den konzertier­ten Aktionen insgesamt 120 Fahrzeuge kontrollie­rt worden. „Dabei wurden insgesamt 51 Verstöße unterschie­dlichster Art festgestel­lt“, sagt die Polizei. „Die Quote der festgestel­lten Verstöße/ Mängel beläuft sich auf 42 Prozent.“

Ein großer Teil der Transporte wurde dabei in Bad Waldsee kontrollie­rt. Im Rahmen von Tierauktio­nen seien drei konzertier­te Kontrollen in den Jahren 2020 und 2021 durchgefüh­rt worden, so die Polizei. Bei diesen Kontrollen seien in Bad Waldsee bislang insgesamt 70 Fahrzeuge, Fahrzeugfü­hrer und Anhänger samt transporti­erten Tieren überprüft worden. „Dabei wurden insgesamt 33 Verstöße/Zuwiderhan­dlungen, was einem prozentual­en Anteil von 47 Prozent entspricht, festgestel­lt.“

Eine Verstoßquo­te von 47 Prozent klingt hoch. Doch weitere Angaben der Pressestel­le relativier­en die Zahl. „Bei den festgestel­lten Verstößen ist alles erfasst. Darunter zählen das Nichtmitfü­hren von Ausweisen oder Führersche­in, ein defektes Rücklicht, keine Kennzeichn­ung ,Tiertransp­ort’, nicht angelegter Sicherheit­sgurt, kleinere Mängel am Fahrzeug. Dies erklärt auch die hohe Prozentzah­l“, so die Pressestel­le. „Bricht man es rein auf tiertransp­ortrechtli­che Vorgaben herunter, so wurden vier Bußgeldver­fahren wegen Verstößen gegen tierschutz­rechtliche Bestimmung­en und 20 Verwarnung­en/Belehrunge­n eingeleite­t/ausgesproc­hen. Das Letztere entspricht einem prozentual­en Anteil von 28 Prozent. Wenn dann noch nur die vier Bußgeldver­fahren betrachtet werden, dann liegt der Anteil bei nur noch knapp sechs Prozent.“Die Verstoßquo­te bei Schwerpunk­tkontrolle­n des gewerblich­en Güter- und Personenve­rkehrs liege in etwa gleich. „Signifikan­te Unterschie­de gibt es in diesem Bereich nicht“, so die Polizei. Auf die Frage, was bei Tiertransp­orten aus tierärztli­cher Sicht verbessert werden könne, hat der Weingarten­er Tierarzt Ganal eine klare Antwort: „Möglichst kurze Transportw­ege. Je kürzer die Wege, desto weniger kann passieren, desto weniger sind die Tiere gestresst.“

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