Schwäbische Zeitung (Biberach)
Nicht ohne Witz
Normalerweise geht es hier um Wörter, nicht um Bilder. Heute ist eine Ausnahme fällig. In der letzten Glosse war die Rede von quer geteilten Fensterläden an mittelalterlichen Häusern, wo Waren verkauft wurden. Das konnten sich manche nicht richtig vorstellen. Deswegen hier nun ein konkretes Beispiel aus einer um 1440 geschaffenen Altartafel von Konrad Witz. Dargestellt sind im Vordergrund jenes Bildes die heiligen Magdalena und Katharina, ganz hinten aber hat der Meister eine kleine Alltagsszene eingebaut, die einen solchen zeigt.
Nun aber noch ein paar Worte zu jenem Künstler: Dass Witz kurz nach 1400 in Rottweil auf die Welt kam, gilt als gesichert. 1435 wurde der hochgeschätzte Maler in Basel eingebürgert, kurz vor 1447 muss er gestorben sein. Seine Identifikation verdanken wir der Kombinationsgabe eines Basler Konservators um 1900. Auf der Tafel mit dem „Wunderbaren Fischzug“des Genfer Petrus-Altars ist von einem
die Rede, der sie 1444 gemalt habe. Wenn man lateinisch als übersetzt, liegt die Lösung auf der Hand:
Es war eben Usus unter den Gebildeten des Mittelalters und vor allem der Renaissance, deutsche Familiennamen ins Griechische oder Lateinische zu übersetzen. Für eine Anleihe aus dem Griechischen steht der bedeutende Reformator
aus Bretten, der ursprünglich
hieß. Auch sein Basler Reformatorenkollege Johannes Husschyn
oder Hausschein legte sich den griechischen Namen Oekolampad zu (oikos = Haus, lampas = Lampe). Etliche Personen, die Neumann hießen, wurden zu Neander, und jene mit Namen Müller nannten sich
So verbirgt sich etwa hinter
jener der 1507 die berühmte, früher auf Schloss Wolfegg gehütete Weltkarte zeichnete, auf der erstmals der Namen auftauchte. Hier noch einige der latinisierten Namen: Johannes Aurifaber (Johann Goldschmidt), Beatus Rhenanus (Beat Bild von Rheinau), Nicolaus Cusanus (Nikolaus von Kues), Henricus Institoris (Heinrich Kramer), Johannes Regiomontanus (Johann Müller von Königsberg) – und eben auch jener Conradus Sapientis alias Konrad Witz.
In einem ganz anderen Kontext aufgegriffen wurde sein Name von Kurt
Schwitters. In einer Eloge auf Basel reimte jener Vertreter des Dadaismus 1935 in Anspielung auf die großen Künstler in den dortigen Museen nicht ohne Witz: Dort lint es Böck, dort beint es Hol, es waldet grün
Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutungen und Schreibweisen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.
Dass aus Namen Verben werden, kennen wir auch heute noch: Wie oft wurde in den letzten Jahren quer durch alle Medien! Nun hat es sich dem einen zur Freud, dem anderen zum Leid.
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