Schwäbische Zeitung (Biberach)
Konzept für den Hochdorfer Hochwasserschutz steht
Mit dem vorgestellten Werk ist die erste Hürde für die Bezuschussung von Hochwassermaßnahmen geschafft
HOCHDORF - Die Hochwasser- und Starkregenthematik ist in der Gemeinde Hochdorf schon seit sechs Jahren ein Thema. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde dem Rat das genehmigte kommunale Starkregenrisikomanagementkonzept (SRRM) für die Gesamtgemeinde Hochdorf vorgestellt. Ein vom Ingenieurbüro Huchler gefertigtes Werk mit insgesamt 77 Seiten.
Das Thema Starkregen und die Vorsorge ist in der Gemeinde Hochdorf spätestens seit der Überflutung am 1. Mai 2015 und dem Starkregenereignis am 29. Mai 2016 ein Thema. Bereits 2017 wurde die Gefährdungsanalyse sowie Fertigung von Starkregenkarten beim Ingenieurbüro Pro Aqua in Auftrag gegeben. Diese sind ebenfalls Teil des SRRM.
Die Gemeinde mit ihren drei Teilorten liegt am östlichen Rand des Rißtals. In allen Ortsteilen sind Siedlungsbereiche gefährdet, da sie an beziehungsweise unterhalb der teils steil aufsteigenden Hanglagen liegen. Bei ungünstigen Wetterlagen können massive Abflüsse entstehen, die mit hohen Geschwindigkeiten und Energie Richtung Tal ablaufen und sich auch Abflusskorridore durch Siedlungen bahnen. Ingenieur Max Huchler erläuterte über eine Stunde lang sein Werk und beschrieb beeindruckende Szenarien, die bei einem Extremereignis laut den Starkregenkarten passieren können. „Die Ereignisse werden im SRRM in drei Kategorien – selten, außergewöhnlich und extrem – eingeteilt“, sagte Huchler. „Das Hochwasser, das wir 2016 in Hochdorf und Schweinhausen erlebt haben, liegt in der kleinsten Kategorie – selten.“Alle Experten seien sich einig, dass durch den Klimawandel Starkregenfälle häufiger und heftiger auftreten werden. Deshalb sei von der Kommune und von Privat Vorsorge zu treffen.
Als Risikobereiche werden im SRRM in Schweinhausen der Tobel oberhalb und die Bischof-Sproll-Straße selbst, die Stauferstraße, die Ummendorfer Straße, der Bereich westlich der Stauferstraße, der Bereich östlich der Bahnlinie sowie zwischen Bahnlinie und Riß beschrieben. In
Hochdorf der Bereich Franzosenloch, die Baugebiete Auwiesen und Kreuzäcker mit dem Tobel oberhalb, der Tulpen-, Öschle- und Angerweg, das Gewerbegebiet Steigäcker, der Bereich südlich von Hochdorf und der Bundestraße 30 sowie die Bahnunterführung. Laufende Probleme bereitet der vom Wettenberger Ried kommende Rosenbach. Dieser flutete zuletzt im Juni den Ort. In Unteressendorf sind drei Bereiche genannt, aus denen Wasser in die Ortslage gelangt. Der Tobel aus Richtung Scharben, das Gelände aus Richtung Oberessendorf und der Bereich westlich der B 30 und südlich von Unteressendorf.
Für Unteressendorf zeichnete Huchler im Extremfall ein düsteres Bild mit teils hohen Überflutungstiefen – vor allem im Prozessionsweg. „Unteressendorf hat bisher Glück gehabt“, sagte Huchler. Das größte Problem insgesamt seien die hohen Fließgeschwindigkeiten des Wassers, dadurch werde viel Schlamm, Geröll und Gehölz mitgeführt und die Rechenbauwerke an der Einleitung in die Dohlen verstopft. Die an sich ausreichend dimensionierten Dohlen leiten dann nur noch einen kleinen Teil des möglichen Wassers ab. Alles Wasser könne auch durch Baumaßnahmen nicht zurückgehalten, aber gedrosselt werden und Geröll, Schlamm und Gehölz zurückgehalten werden.
Als Maßnahmen sind Abflussbremsen mit Zäunen, Hecken und Blühstreifen, Abflusshindernisse in Form von Wällen und Dämmen, Erdbecken und die Vergrößerung der Einlaufbauwerke mit Schutzanlagen vorgesehen. Für all diese im SRRM und von der unteren Wasserbehörde plausibilisierten Maßnahmen liegen die geschätzten Kosten für Schweinhausen bei 133 000 Euro, für Hochdorf bei 639 000 Euro und für Unteressendorf bei 250 000 Euro. Insgesamt bei 1,02 Millionen Euro ohne notwendigen Grunderwerb. Das SRRM ist Voraussetzung für die Beantragung von Förderzuschüssen. Diese können bis zu 70 Prozent der Baukosten sein.
Außerdem beinhaltet das SRRM für jedes gefährdete öffentliche Gebäude einen Risikosteckbrief. In diesem sind dessen Daten, die Betroffenheit, das Risiko und wo Wasser ins Gebäude eintreten könnte, beschrieben. Weiter enthält das SRRM im dritten Teil ein Handlungskonzept. Hier geht es um die Informationsvorsorge, die kommunale Flächenvorsorge und das Krisenmanagement im Ernstfall.
„Mit dem fertigen Starkregenrisikomanagementkonzept haben wir einen großen Schritt für die Bezuschussung von Starkregenmaßnahmen erreicht“, sagte Bürgermeister Stefan Jäckle. „Es liegen noch einige bürokratische Hürden vor uns. In verschiedenen Berechnungen muss nun dargelegt werden, ob die geplanten Maßnahmen auch tatsächlich notwendig und wirtschaftlich sind. Auch die Alarm- und Einsatzplanung muss koordiniert und festgehalten werden. Dann muss der Gemeinderat über die ersten Maßnahmen entscheiden, die geplant werden sollen, und danach die Genehmigungen einholen.
Für den notwendigen Grunderwerb ist Jäckle mit den Eigentümern im Gespräch. „Aktuell haben die Bürgerinnen und Bürger die Geschehnisse noch vor Augen. Aus diesem Grund müssen wir jetzt handeln, solange die Situation in den Köpfen noch präsent ist. Desto länger sich das Verfahren zieht, umso mehr gerät es in Vergessenheit. Wir leiden halt alle unter Starkregendemenz“, so Jäckle.