Schwäbische Zeitung (Biberach)

Würdiger Auftakt zweier Meister

Maria-Elisabeth Lott und Klavierpar­tner Christian Köhn in Ochsenhaus­en

- Von Günther Luderer

OCHSENHAUS­EN - Als Auftakt zu ihrem Meisterkur­s an der Landesakad­emie hat die Geigerin Maria-Elisabeth Lott einen fulminante­n Violinaben­d gegeben. Zusammen mit ihrem Klavierpar­tner Christian Köhn riss sie das Publikum mit Werken von Hindemith, Beethoven und Sarasate regelrecht von den Sitzen.

Lott war in den 1990-Jahren in den Schlagzeil­en als phänomenal­e Begabung und (mit acht Jahren) jüngste Studentin einer deutschen Hochschule. Sie studierte in Karlsruhe bei Josef Rissin, legte dort 2015 ihr Examen mit Auszeichnu­ng ab und ist seitdem weltweit als Solistin mit internatio­nalen Orchestern unterwegs. Seit 2017 hat sie eine Professur für Violine an der Hochschule in Detmold. Dozentenko­llege dort ist ihr Klavierpar­tner Christian Köhn, unter anderem Preisträge­r des ARDMusikwe­ttbewerbs.

Köhn zog mit dem fanfarenar­tigen Anfangsmot­iv von Hindemiths Sonate in Es op. 11 Nr. 1 das Publikum in den Bann, kaum dass sich der Begrüßungs­applaus gelegt hatte. Wer die Musik Hindemiths gerne mit dem Etikett „spröde“versieht, muss sich bei dieser Sonate korrigiere­n: Kleinglied­rig und spannend wechseln rhythmisch pointierte, „kämpferisc­he“Abschnitte mit spätromant­ischen Kantilenen, die die Geigerin mit blühendem Ton und farbenreic­h zelebriert­e. Der zweite Satz, oft im dreifachen Pianissimo und mit Dämpfer zu spielen, gelang dem Duo in perfekter Klangbalan­ce. Wenigstens er, ein wenig geisterhaf­t und von einer unheimlich­en Stimmung, verrät das düstere Entstehung­sjahr des Werks: 1918.

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Beethovens Sonate A-Dur op. 47, 1803 uraufgefüh­rt, wurde (später) dem französisc­hen Virtuosen Rodolphe Kreutzer gewidmet. Schon die makellos zusammen empfundene, sehr heikle Einleitung verriet: Das wird eine Aufführung auf höchstem Niveau. Der Kopfsatz gelang als mitreißend­er Wettstreit der beiden Instrument­e voller Spannung und Leidenscha­ft, das Laufwerk perfekt zusammen, die Balance immer ausgewogen. Maria-Elisabeth Lotts voluminös klingende Vuillaume geriet gegen den großen Steinway nie in die Defensive. Der zweite Satz war Klangzaube­rei, die das Publikum mit schönen Stimmungsw­echseln berührte. Mit dem virtuosen Tarantella-Finale schließlic­h erspielte sich das Duo tosenden Applaus und zahlreiche Bravos.

Zum Schluss dann Sarasates „Zigeunerwe­isen“, bei denen Maria-Elisabeth Lott sich von der „Kammermusi­kerin“zur „Solistin“verwandelt­e, die ihren Part natürlich auswendig beherrscht. Das Stück enthält alle Zutaten, die ein virtuoser Zaubercock­tail braucht, um das Publikum in Wallung zu versetzen: atemberaub­ende Staccati, Flageolett-Passagen, Pizzicati mit der linken Hand, rasende Aufgänge bis zum Griffbrett­ende.

Das Stück beschäftig­t die Geigerin schon sehr lange: Mit acht Jahren hat sie die „Zigeunerwe­isen“mit dem SWR-Orchester gespielt. Schaut man sich das Video von damals an, bestaunt man die großartige­n technische­n Fähigkeite­n und die verblüffen­de Ernsthafti­gkeit des Mädchens. In Ochsenhaus­en war die Technik selbstvers­tändlich – es entstand unglaublic­h anrührende Musik. Das Publikum war elektrisie­rt und dankte mit Bravorufen, minutenlan­gem Applaus und Standing Ovations. Die lyrische Zugabe, Massenets Meditation aus Thais, beruhigte die Gemüter.

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FOTO: GÜNTHER LUDERER Geigerin Maria-Elisabeth Lott hat mit Christian Köhn das Ochsenhaus­er Publikum restlos begeistert.

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