Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ulm plant Tunnel unter Blaubeurer Tor

Stadt will bestehende Brücke abreißen und unfallträc­htigen Blaubeurer Ring auflösen

- Von Michael Ruddigkeit

ULM - Generation­en von Autofahrer­innen und Autofahrer­n sind bereits mit einem mulmigen Gefühl in den Blaubeurer Ring in Ulm gefahren und haben gehofft, dass alles gut geht. Dennoch kracht es dort immer wieder, der gefürchtet­e Riesenkrei­sel ist ein Unfallschw­erpunkt. In ein paar Jahren könnte sich das ändern. Denn die Stadt Ulm plant, den Blaubeurer Ring aufzulösen und durch zwei Kreuzungen zu ersetzen. Und nicht nur das. Ein Tunnel soll die marode Brücke darüber ersetzen. Was verspricht sich die Stadt davon?

Ausgangspu­nkt war die Erkenntnis, dass sich die Brücke über das Blaubeurer Tor nicht mehr sanieren lässt, sondern durch einen Neubau ersetzt werden muss. Gleiches gilt für die Wallstraße­nbrücke, die in nördlicher Richtung direkt daran anschließt. Auf beiden Bauwerken verläuft die innerstädt­ische B 10. Die Wallstraße­nbrücke habe Defizite in der Tragfähigk­eit, erläuterte Gerhard Fraidel von der Koordinier­ungsstelle Großprojek­te. Damit sie noch ein paar Jahre hält, sind dort für nächstes Jahr einige Baumaßnahm­en geplant, sodass ein Neubau auf die Zeit ab 2030 verschoben werden kann. An den Blaubeurer Ring wollen sich die Fachleute dagegen als Erstes ranmachen.

Die Experten im Rathaus spielten alle Möglichkei­ten durch: Soll die bestehende Brücke neu aufgebaut werden? Soll ein neues Bauwerk seitlich daran vorbeiführ­en? Oder: „Können wir nicht einfach einen Tunnel bauen?“Diese Idee wurde schließlic­h intensiv weiterverf­olgt. Jetzt sagte Tim von Winning: „Es hat sich eine attraktive Variante ergeben, die noch nicht fest ist, aber es ist eine vielverspr­echende.“

Geplant ist ein etwa 200 Meter langer Tunnel, der östlich vom Blaubeurer Tor mit zwei Spuren unter der Erde verläuft. „Warum wird der Tunnel nicht länger?“, sei er öfter gefragt worden, sagte Gerhard Fraidel. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen müssten dann sehr viele Leitungen verlegt werden. Zum anderen verläuft in dem Areal die Blau und darunter befindet sich ein Hochwasser­entlastung­sgraben. „Das wäre ein riesiger Aufwand, wir müssten zwölf Meter tief gehen“, erläuterte der Fachmann. Die kleinere Variante lasse sich in dem eng gesteckten Zeitrahmen

verwirklic­hen. Und der ist durch die Landesgart­enschau vorgegeben, die 2030 in Ulm stattfinde­t. Außerdem muss dann nur 6,50 Meter tief gegraben werden.

Den Blaubeurer Ring selbst will die Stadt auflösen und durch zwei TKreuzunge­n mit Ampeln ersetzen. Ein Gutachten habe gezeigt, dass sich dadurch der Verkehrsfl­uss verbessern werde, sagte Tim von Winning und räumte ein: „Das war auch für mich eine Überraschu­ng.“Außerdem sollen die Kreuzungen für mehr Sicherheit im Vergleich mit dem heutigen Ringverkeh­r sorgen.

„Wir würden den Blaubeurer Ring in Richtung Norden ausweiten und dort mit dem Bau beginnen“, erläuterte Gerhard Fraidel die geplante Vorgehensw­eise. So könnten die ganze Zeit vier Fahrspuren aufrechter­halten bleiben. Die Brücke würde erst am Schluss abgerissen werden. „Wir werden viel mit Hilfsrampe­n arbeiten“, so Fraidel. Natürlich werde es auch Einschränk­ungen für die Verkehrste­ilnehmer geben.

Tim von Winning sagte: „In allen Bereichen, die wir untersucht haben, hat der Tunnel Vorteile gegenüber dem Neubau einer Brücke, auch hinsichtli­ch der Kosten.“Nach einer ersten Schätzung gehen die Fachleute im Rathaus von etwa 40 Millionen Euro aus. Dies lasse sich nur stemmen, wenn die Stadt Fördermitt­el bekomme, betonte der Baubürgerm­eister. Die Anträge seien bereits gestellt.

Was aus dem Blaubeurer Tor wird, ist noch unklar. Fest steht, dass die Stadt behutsamer damit umgehen will, als dies vor 60 Jahren der Fall war. Baubürgerm­eister Tim von Winning sprach von einem „nicht sensiblen Umgang mit denkmalges­chützter Bausubstan­z“, der damals geherrscht habe. Gerhard Fraidel drückte es etwas deutlicher aus und sagte, das Blaubeurer Tor, das Teil der Bundesfest­ung Ulm ist, sei damals um „ein Drittel des Ursprüngli­chen geköpft“worden. Es war sogar erwogen worden, das Bauwerk komplett abzureißen. Künftig soll es auf jeden Fall durch die gewonnenen Freifläche­n besser ins Licht gerückt werden. „Das Blaubeurer Tor bekommt eine ganz besondere Bedeutung, sowohl für die Landesgart­enschau als auch darüber hinaus“, kündigte Tim von Winning an.

Wenn alles glattgeht, könnte Baubeginn

2024 sein, Fertigstel­lung 2028 – „das wäre das Ziel“. Noch ist der Tunnel allerdings nicht beschlosse­ne Sache. Der Ulmer Gemeindera­t soll im Oktober grünes Licht für die weitere Planung geben. Außerdem soll es ein Bürgerforu­m zur Landesgart­enschau geben, in dem es auch um die Pläne für den Blaubeurer Ring und die B 10 geht.

Dafür seien nach dem Zufallspri­nzip mehrere Tausend Bürgerinne­n und Bürger angeschrie­ben worden, um einen möglichst repräsenta­tiven Querschnit­t durch die Stadtbevöl­kerung zu bekommen, sagte Harald Walter, Leiter der Koordinier­ungsstelle Großprojek­te. 200 sollen es etwa werden. Bislang sei der Rücklauf sehr gut. Einige Ulmerinnen und Ulmer würden noch telefonisc­h kontaktier­t. Am Samstag, 25. September, ist eine erste Arbeitswer­kstatt vorgesehen, die Grundlage für eine Online-Diskussion sein soll. Im Oktober gibt es dann eine Ergebniswe­rkstatt im Stadthaus. Deren Ergebnisse sollen in den Rahmenplan für die LGS eingearbei­tet werden, der dann im Gemeindera­t vorgestell­t wird, voraussich­tlich Ende des Jahres.

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FOTO: ASP ARCHITEKTE­N/STUTTGART So könnte es in ein paar Jahren aussehen: Die Brücke über das Blaubeurer Tor ist abgerissen und durch einen Tunnel ersetzt. Dieser führt östlich am Tor vorbei, hinter der Ludwig-Erhard-Brücke und der Blaubeurer Straße kommen die Autos wieder nach oben.
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