Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ulm plant Tunnel unter Blaubeurer Tor
Stadt will bestehende Brücke abreißen und unfallträchtigen Blaubeurer Ring auflösen
ULM - Generationen von Autofahrerinnen und Autofahrern sind bereits mit einem mulmigen Gefühl in den Blaubeurer Ring in Ulm gefahren und haben gehofft, dass alles gut geht. Dennoch kracht es dort immer wieder, der gefürchtete Riesenkreisel ist ein Unfallschwerpunkt. In ein paar Jahren könnte sich das ändern. Denn die Stadt Ulm plant, den Blaubeurer Ring aufzulösen und durch zwei Kreuzungen zu ersetzen. Und nicht nur das. Ein Tunnel soll die marode Brücke darüber ersetzen. Was verspricht sich die Stadt davon?
Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass sich die Brücke über das Blaubeurer Tor nicht mehr sanieren lässt, sondern durch einen Neubau ersetzt werden muss. Gleiches gilt für die Wallstraßenbrücke, die in nördlicher Richtung direkt daran anschließt. Auf beiden Bauwerken verläuft die innerstädtische B 10. Die Wallstraßenbrücke habe Defizite in der Tragfähigkeit, erläuterte Gerhard Fraidel von der Koordinierungsstelle Großprojekte. Damit sie noch ein paar Jahre hält, sind dort für nächstes Jahr einige Baumaßnahmen geplant, sodass ein Neubau auf die Zeit ab 2030 verschoben werden kann. An den Blaubeurer Ring wollen sich die Fachleute dagegen als Erstes ranmachen.
Die Experten im Rathaus spielten alle Möglichkeiten durch: Soll die bestehende Brücke neu aufgebaut werden? Soll ein neues Bauwerk seitlich daran vorbeiführen? Oder: „Können wir nicht einfach einen Tunnel bauen?“Diese Idee wurde schließlich intensiv weiterverfolgt. Jetzt sagte Tim von Winning: „Es hat sich eine attraktive Variante ergeben, die noch nicht fest ist, aber es ist eine vielversprechende.“
Geplant ist ein etwa 200 Meter langer Tunnel, der östlich vom Blaubeurer Tor mit zwei Spuren unter der Erde verläuft. „Warum wird der Tunnel nicht länger?“, sei er öfter gefragt worden, sagte Gerhard Fraidel. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen müssten dann sehr viele Leitungen verlegt werden. Zum anderen verläuft in dem Areal die Blau und darunter befindet sich ein Hochwasserentlastungsgraben. „Das wäre ein riesiger Aufwand, wir müssten zwölf Meter tief gehen“, erläuterte der Fachmann. Die kleinere Variante lasse sich in dem eng gesteckten Zeitrahmen
verwirklichen. Und der ist durch die Landesgartenschau vorgegeben, die 2030 in Ulm stattfindet. Außerdem muss dann nur 6,50 Meter tief gegraben werden.
Den Blaubeurer Ring selbst will die Stadt auflösen und durch zwei TKreuzungen mit Ampeln ersetzen. Ein Gutachten habe gezeigt, dass sich dadurch der Verkehrsfluss verbessern werde, sagte Tim von Winning und räumte ein: „Das war auch für mich eine Überraschung.“Außerdem sollen die Kreuzungen für mehr Sicherheit im Vergleich mit dem heutigen Ringverkehr sorgen.
„Wir würden den Blaubeurer Ring in Richtung Norden ausweiten und dort mit dem Bau beginnen“, erläuterte Gerhard Fraidel die geplante Vorgehensweise. So könnten die ganze Zeit vier Fahrspuren aufrechterhalten bleiben. Die Brücke würde erst am Schluss abgerissen werden. „Wir werden viel mit Hilfsrampen arbeiten“, so Fraidel. Natürlich werde es auch Einschränkungen für die Verkehrsteilnehmer geben.
Tim von Winning sagte: „In allen Bereichen, die wir untersucht haben, hat der Tunnel Vorteile gegenüber dem Neubau einer Brücke, auch hinsichtlich der Kosten.“Nach einer ersten Schätzung gehen die Fachleute im Rathaus von etwa 40 Millionen Euro aus. Dies lasse sich nur stemmen, wenn die Stadt Fördermittel bekomme, betonte der Baubürgermeister. Die Anträge seien bereits gestellt.
Was aus dem Blaubeurer Tor wird, ist noch unklar. Fest steht, dass die Stadt behutsamer damit umgehen will, als dies vor 60 Jahren der Fall war. Baubürgermeister Tim von Winning sprach von einem „nicht sensiblen Umgang mit denkmalgeschützter Bausubstanz“, der damals geherrscht habe. Gerhard Fraidel drückte es etwas deutlicher aus und sagte, das Blaubeurer Tor, das Teil der Bundesfestung Ulm ist, sei damals um „ein Drittel des Ursprünglichen geköpft“worden. Es war sogar erwogen worden, das Bauwerk komplett abzureißen. Künftig soll es auf jeden Fall durch die gewonnenen Freiflächen besser ins Licht gerückt werden. „Das Blaubeurer Tor bekommt eine ganz besondere Bedeutung, sowohl für die Landesgartenschau als auch darüber hinaus“, kündigte Tim von Winning an.
Wenn alles glattgeht, könnte Baubeginn
2024 sein, Fertigstellung 2028 – „das wäre das Ziel“. Noch ist der Tunnel allerdings nicht beschlossene Sache. Der Ulmer Gemeinderat soll im Oktober grünes Licht für die weitere Planung geben. Außerdem soll es ein Bürgerforum zur Landesgartenschau geben, in dem es auch um die Pläne für den Blaubeurer Ring und die B 10 geht.
Dafür seien nach dem Zufallsprinzip mehrere Tausend Bürgerinnen und Bürger angeschrieben worden, um einen möglichst repräsentativen Querschnitt durch die Stadtbevölkerung zu bekommen, sagte Harald Walter, Leiter der Koordinierungsstelle Großprojekte. 200 sollen es etwa werden. Bislang sei der Rücklauf sehr gut. Einige Ulmerinnen und Ulmer würden noch telefonisch kontaktiert. Am Samstag, 25. September, ist eine erste Arbeitswerkstatt vorgesehen, die Grundlage für eine Online-Diskussion sein soll. Im Oktober gibt es dann eine Ergebniswerkstatt im Stadthaus. Deren Ergebnisse sollen in den Rahmenplan für die LGS eingearbeitet werden, der dann im Gemeinderat vorgestellt wird, voraussichtlich Ende des Jahres.