Schwäbische Zeitung (Biberach)
Streit über Ende der Corona-Maßnahmen
Ärztefunktionär will Freiheitstag – Sorge um Impfmüdigkeit bei Menschen über 60 Jahren
BERLIN (AFP/dpa) - Zum Ende der bundesweiten Aktionswoche zur Corona-Impfung debattiert die Politik über das Impftempo und den Umgang mit den zahlreichen Ungeimpften. „Von den 24 Millionen Menschen im Alter über 60 Jahren sind knapp vier Millionen noch ungeimpft“, warnte etwa Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der Erfolg der Kampagne sei aber deutlich messbar: „Wir haben in der Aktionswoche insgesamt rund 500 000 der wichtigen Erstimpfungen geschafft, etwa die Hälfte dürfte auf Aktionen zurückgehen.“Zugleich
gibt es Streit über ein mögliches fixes Datum für das Ende der Eindämmungsmaßnahmen.
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, forderte einen baldigen Stopp der Maßnahmen. Nötig sei „eine klare Ansage der Politik: In sechs Wochen ist auch bei uns Freedom Day“, sagte er mit Verweis auf das entsprechende Vorgehen in Großbritannien im Juli. Am 30. Oktober sollten alle Beschränkungen aufgehoben werden. Er würde darauf wetten, dass dann die Impfquote bei mindestens 70 Prozent liege. Aktuell sind etwa 63
Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft.
Diese Forderung kritisierte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. „Jetzt so zu tun, als sei die Pandemie ein Privatvergnügen und Ungeimpfte letztlich selbst dran Schuld, und wir könnten uns jetzt von allen Schutzmaßnahmen verabschieden, das halte ich für zynisch“, sagte Dahmen. Für eine Lockerung der Maßnahmen bräuchte es eine Impfquote bei den über 60Jährigen von über 90 Prozent, in der Gesamtbevölkerung bei den impffähigen Personen von über 80 Prozent.
Tatsächlich sind nur etwa 83 Prozent der über 60-Jährigen geimpft.
Angesichts der großen Gruppe Ungeimpfter in der älteren Bevölkerung zeigt sich Bundesgesundheitsminister Spahn besorgt: „Würde sich mit der sehr ansteckenden Delta-Variante ein Großteil dieser Gruppe innerhalb weniger Wochen infizieren, dann würden unsere Intensivstationen sehr unter Stress kommen“, warnte er.
Die Zahl der Neuansteckungen geht indes weiter zurück. So sank die Sieben-Tage-Inzidenz am sechsten Tag in Folge auf 70,5 am Sonntagmorgen (Vortag: 72)