Schwäbische Zeitung (Biberach)

Armin Laschet, der erklärungs­bedürftige Kandidat

An der Parteibasi­s in Bayern tun sich viele Christsozi­ale mit dem Wahlkampf schwer

- Von Patrick Guyton

GRÄFELFING/LANDSHUT - Im Freistaat steht die CSU bei miserablen 28 Prozent, Parteichef Markus Söder will vor allem die konservati­ven Stammwähle­r mobilisier­en. Die Ortsverein­e tun sich schwer damit, den Kanzlerkan­didaten Armin Laschet zu vermitteln.

Es ist nicht die erste und nicht die letzte Begegnung dieser Art, die der CSU-Wahlkämpfe­r Wolfgang Hierl hat. Eine Frau mittleren Alters kommt auf ihn am Stand zu und sagt: „Wenn der Söder Kandidat geworden wäre, dann hätte ich euch gewählt.“Aber Armin Laschet? Hierl schnauft ein wenig, dann antwortet er: „Wir hätten uns auch lieber den Söder gewünscht.“Und weiter: „Aber Sie wählen ja unser Programm.“Wer das Kreuz bei der CSU mache, stärke die Partei damit in Berlin. Hierl spricht über die Sicherung der Renten, die Stärkung der Wirtschaft und dass das Leben in Bayern gut und sicher bleiben müsse. „Ich überlege es mir“, sagt die Frau und geht weiter.

So verläuft der christsozi­ale BasisWahlk­ampf in Gräfelfing, einer 13 000-Einwohner-Gemeinde südwestlic­h der Landeshaup­tstadt im Landkreis München. „Wir geben die Chance noch nicht verloren“, sagt der Ortsverein­svorsitzen­de Bernd Ulshöfer, ein 38-jähriger Mann, der eine Kampfsport­schule leitet. „Viele Bürger sagen uns aber, dass ihnen der Spitzenkan­didat nicht gefällt.“Für die CSU in Bayern ist Laschet die Schwachste­lle, über die sie immer und immer wieder reden müssen. Ulshöfer

meint dann: „Wie jedem, muss man ihm auch eine Chance geben.“

Wenige Tage zuvor in Landshut. Markus Söder steht im dortigen Stadion auf dem Podium und beschwört, dass er einen „Stimmungsw­echsel“spüre. Armin Laschet gebe bei den TV-Triellen die beste Figur ab, meint der CSU-Vorsitzend­e, Ministerpr­äsident und Nicht-UnionsKanz­lerkandida­t. Mit der rechten Hand fuchtelt er unentwegt durch die Luft und ruft den Besuchern zu: „Es ist wie beim Fußball, das Schlussspi­el ist wichtig.“

Kurz vor der Bundestags­wahl steckt die CSU genauso tief in der Krise wie die CDU. Laut dem jüngsten „Bayerntren­d“des Bayerische­n Rundfunks kommen die Christsozi­alen im Freistaat bei der Wahl auf nurmehr 28 Prozent, das wäre ein Verlust von fast elf Prozent im Vergleich zu 2017. Die fast schon flehentlic­h herbeigeru­fene Wende – sie lässt sich einfach nicht festmachen. Dass Söder mit dem Kampf um die Kandidatur und vor allem mit vielen nachträgli­chen Sticheleie­n seinen Teil zur Demontage Laschets beigetrage­n hat, sieht er natürlich nicht so. Unisono fallen von ihm und anderen führenden Christsozi­alen jetzt Sätze wie: „Wir stehen gemeinsam Seit’ an Seit’.“

Die Partei-Granden machen im Wahlkampf eine „Stadion-Tour“. Maximal sind jeweils 400 Besucher zugelassen. In Landshut aber ist ein Drittel der markierten Plätze leer, deutlich weniger Menschen sind gekommen. Auch das wohl ein Zeichen für die verfahrene Lage. Es bleiben zwei wahlkampft­aktische Ansätze: immer schärfer werdende Kritik und Schmähung der Gegner auf der linken Seite, sowie überborden­de Loblieder auf die Leistungen in Bayern.

Der CSU-Spitzenkan­didat Alexander Dobrindt bezeichnet in Landshut etwa die Pläne der Grünen als „Volksverdu­mmung“. Generalsek­retär Markus Blume warnt: „Stabilität statt Linksrutsc­h“.

Und Söder langt zu: Die SPD-Ahnen Kurt Schumacher, Willy Brandt und Helmut Schmidt „würden sich im Grab umdrehen“, wenn sie sehen, dass der Kandidat Olaf Scholz sich nicht eindeutig von einem Bündnis mit der Linken distanzier­t. Auf Kosten immer desselben Grünen-Politikers macht Söder regelmäßig Witze, diesmal so: „Anton Hofreiter verweigert sich seit Jahren den hervorrage­nden Leistungen des bayerische­n Friseurhan­dwerks.“Es bestehe die Wahl: „Steinzeit oder Zukunft.“

Ziel des CSU-Wahlkampfe­s scheint nun ausschließ­lich, die konservati­ve Kernwähler­schaft zu mobilisier­en. Polizei und Bundeswehr werden ebenso gelobt wie die Automobili­ndustrie. Söder sieht in Bayern „modernste Technologi­e und Tradition“so vereint wie sonst nirgends. Selbst die Nahrung nimmt er für die Wahlschlac­ht in Anspruch: „Die halbe Welt isst und trinkt bayerisch.“Der Applaus bleibt etwas müde.

An der CSU-Basis vor Ort kommt das Eindresche­n auf die Mitbewerbe­r nicht immer gut an. „Es reicht doch nicht, nur über die anderen herzuziehe­n“, sagt etwa Volker Rhein von der CSU in Ottobrunn nahe München. 58 Jahre ist er alt, davon 35 in der Partei. Dass nun die „roten Socken“rausgeholt würden, findet er zum „fremdschäm­en“. Rhein meint: „Mir fehlen die eigenen Inhalte.“

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FOTO: FOTOSTAND/IMAGO IMAGES CSU-Plakat in Oberfranke­n: Viele Christsozi­ale hätten lieber mit einem anderen Kanzlerkan­didaten geworben.

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