Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wie viel ein Bankschlie­ßfach kosten kann

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Digitales Bezahlen ist zwar im Trend. Rund drei Viertel der Menschen wollen gerne jederzeit bargeldlos bezahlen können, wie eine aktuelle Studie des Branchenve­rbandes Bitkom ergab. Insbesonde­re die herrschend­e Pandemie hat hier wie ein Katalysato­r für einen Digitalisi­erungsschu­b gesorgt. Und doch nimmt parallel dazu der Bargelduml­auf in der Eurozone zu. Inzwischen wurden mehr als 26 Milliarden Banknoten im Gesamtwert von mehr als 1,4 Billionen Euro ausgegeben. „Bargeld ist nicht nur ein beliebtes Zahlungsmi­ttel, sondern auch ein sicheres Wertaufbew­ahrungsmit­tel", sagt dazu Bundesbank­er Johannes Beermann. Wenn man den aktuellen Bargelduml­auf innerhalb Deutschlan­ds betrachtet, wird der größere Teil laut Bundesbank zur Wertaufbew­ahrung verwendet. Besonders in Krisenzeit­en nimmt der Bargelduml­auf daher stärker zu. Dies war etwa auch in der Finanzkris­e 2008 der Fall. Nur Bares ist eben Wahres. Kein Wunder, dass die Deutschen laut einer Umfrage der Bundesbank im Schnitt 1364 Euro zu Hause oder in Bankschlie­ßfächern aufbewahre­n – Tendenz steigend.

Früher waren es insbesonde­re Schmuck, Versicheru­ngspolicen, ein wenig Gold oder das Testament, mit denen man typischerw­eise das Schließfac­h gefüllt hat. „Heutzutage sind in nennenswer­tem Umfang Bargeld und größere Goldbestän­de hinzugekom­men“, weiß Matthias Reiter, Vermögense­xperte bei der Kreisspark­asse Ravensburg. Die Gründe für die neue Liebe zu Bargeld und dem gelben Edelmetall sind neben der Krisenstim­mung auf die herrschend­e Zinssituat­ion zurückzufü­hren. Schließlic­h schlägt mit der Einführung von Verwahrent­gelten, die bei manchen Instituten bereits von 30 000 Euro an anfallen, eine neue Kategorie an Kosten zu Buche. Und genau diese versuchen viele Bankkunden zu vermeiden. Daher neigt laut Reiter eine zunehmende Anzahl an Privatanle­gern dazu, ihre Schließfäc­her mit Bargeld zu füllen. Bekanntlic­h sehen sich Kreditinst­itute aufgrund der seit 2014 ausgerufen­en Negativzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) ja in der Breite gezwungen, Verwahrent­gelte auf hohe Einlagesum­men zu berechnen – was insbesonde­re für Neukunden gilt. Dieser Malus, der formal als Verwahrent­gelt erhoben und landläufig auch Minuszins genannt wird, lässt so manchen Anleger also zurück ins Bargeld flüchten.

Dies macht sich in einer erhöhten Nachfrage nach Schließfäc­hern bemerkbar, die ja als knappes Gut gelten, weil sie nicht beliebig vermehrbar sind. So liegt die Auslastung­squote in den Tresoren der Kreisspark­asse Ravensburg, je nach Schließfac­hgröße, bei rund 90 Prozent. Die jährlichen Kosten für Schließfäc­her in der Größenordn­ung eines DIN-A4-Ordners liegen bei dem Institut bei brutto 58 Euro.

Wie bei den meisten Banken und Sparkassen im Land bleiben die Schließfäc­her für Bestandsku­nden reserviert. Große Schließfäc­her in der Größe eines Kleidersch­ranks, wo etwa Gemälde oder größere Mengen an Edelmetall aufbewahrt werden können, kosten eine Jahresmiet­e von 385 Euro und sind bei der Kreisspark­asse so rar, dass es Warteliste­n gibt. Zu beachten ist, dass es bei den verschiede­nen Instituten zum Teil erhebliche Preisunter­schiede gibt. Generell ist der Inhalt eines Schließfac­hs bei der Kreisspark­asse Ravensburg mit bis zu 30 000 Euro versichert.

Höhere Werte können individuel­l abgesicher­t und müssen beim Bargeld

nachgewies­en werden. Über den Daumen gepeilt, kostet die Versicheru­ng eines Schließfac­hs ein Promille ihres Inhalts, zusätzlich zur Miete. Bargeld schlägt mit zwei Promille zu Buche. „Wer also nur Bargeld einlagert, um dem Verwahrent­gelt zu entkommen, sollte die Miete und die Versicheru­ng für das Schließfac­h miteinkalk­ulieren“, rät Reiter. Außerdem ist zu beachten, dass man zu einem Schließfac­h nicht rund um die Uhr Zugang hat, sondern nur während der Öffnungsze­iten des betreffend­en Kreditinst­ituts.

Mit Bargeld hat Gold gemeinsam, dass es keinerlei Ertrag abwirft. Dennoch horten die Bankkunden weiterhin auch das gelbe Edelmetall in ihren Schließfäc­hern, weil es als Inflations­schutz aktuell stark gefragt ist. So sind Goldbarren in allen Größen von einem bis zu 1000 Gramm beliebt. Bei den Goldmünzen stehen vor allem der Südafrikan­ische Krügerrand, die „Australisc­hen Kängurus“, aber auch der Kanadische Maple Leaf hoch im Kurs.

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FOTO: JENS WOLF/DPA Leere Kassette in einem Bankschlie­ßfach: Die jährlichen Kosten für Schließfäc­her in der Größenordn­ung eines DIN-A4Ordners liegen meist bei mehr als 50 Euro.
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