Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wie viel ein Bankschließfach kosten kann
STUTTGART - Digitales Bezahlen ist zwar im Trend. Rund drei Viertel der Menschen wollen gerne jederzeit bargeldlos bezahlen können, wie eine aktuelle Studie des Branchenverbandes Bitkom ergab. Insbesondere die herrschende Pandemie hat hier wie ein Katalysator für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Und doch nimmt parallel dazu der Bargeldumlauf in der Eurozone zu. Inzwischen wurden mehr als 26 Milliarden Banknoten im Gesamtwert von mehr als 1,4 Billionen Euro ausgegeben. „Bargeld ist nicht nur ein beliebtes Zahlungsmittel, sondern auch ein sicheres Wertaufbewahrungsmittel", sagt dazu Bundesbanker Johannes Beermann. Wenn man den aktuellen Bargeldumlauf innerhalb Deutschlands betrachtet, wird der größere Teil laut Bundesbank zur Wertaufbewahrung verwendet. Besonders in Krisenzeiten nimmt der Bargeldumlauf daher stärker zu. Dies war etwa auch in der Finanzkrise 2008 der Fall. Nur Bares ist eben Wahres. Kein Wunder, dass die Deutschen laut einer Umfrage der Bundesbank im Schnitt 1364 Euro zu Hause oder in Bankschließfächern aufbewahren – Tendenz steigend.
Früher waren es insbesondere Schmuck, Versicherungspolicen, ein wenig Gold oder das Testament, mit denen man typischerweise das Schließfach gefüllt hat. „Heutzutage sind in nennenswertem Umfang Bargeld und größere Goldbestände hinzugekommen“, weiß Matthias Reiter, Vermögensexperte bei der Kreissparkasse Ravensburg. Die Gründe für die neue Liebe zu Bargeld und dem gelben Edelmetall sind neben der Krisenstimmung auf die herrschende Zinssituation zurückzuführen. Schließlich schlägt mit der Einführung von Verwahrentgelten, die bei manchen Instituten bereits von 30 000 Euro an anfallen, eine neue Kategorie an Kosten zu Buche. Und genau diese versuchen viele Bankkunden zu vermeiden. Daher neigt laut Reiter eine zunehmende Anzahl an Privatanlegern dazu, ihre Schließfächer mit Bargeld zu füllen. Bekanntlich sehen sich Kreditinstitute aufgrund der seit 2014 ausgerufenen Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ja in der Breite gezwungen, Verwahrentgelte auf hohe Einlagesummen zu berechnen – was insbesondere für Neukunden gilt. Dieser Malus, der formal als Verwahrentgelt erhoben und landläufig auch Minuszins genannt wird, lässt so manchen Anleger also zurück ins Bargeld flüchten.
Dies macht sich in einer erhöhten Nachfrage nach Schließfächern bemerkbar, die ja als knappes Gut gelten, weil sie nicht beliebig vermehrbar sind. So liegt die Auslastungsquote in den Tresoren der Kreissparkasse Ravensburg, je nach Schließfachgröße, bei rund 90 Prozent. Die jährlichen Kosten für Schließfächer in der Größenordnung eines DIN-A4-Ordners liegen bei dem Institut bei brutto 58 Euro.
Wie bei den meisten Banken und Sparkassen im Land bleiben die Schließfächer für Bestandskunden reserviert. Große Schließfächer in der Größe eines Kleiderschranks, wo etwa Gemälde oder größere Mengen an Edelmetall aufbewahrt werden können, kosten eine Jahresmiete von 385 Euro und sind bei der Kreissparkasse so rar, dass es Wartelisten gibt. Zu beachten ist, dass es bei den verschiedenen Instituten zum Teil erhebliche Preisunterschiede gibt. Generell ist der Inhalt eines Schließfachs bei der Kreissparkasse Ravensburg mit bis zu 30 000 Euro versichert.
Höhere Werte können individuell abgesichert und müssen beim Bargeld
nachgewiesen werden. Über den Daumen gepeilt, kostet die Versicherung eines Schließfachs ein Promille ihres Inhalts, zusätzlich zur Miete. Bargeld schlägt mit zwei Promille zu Buche. „Wer also nur Bargeld einlagert, um dem Verwahrentgelt zu entkommen, sollte die Miete und die Versicherung für das Schließfach miteinkalkulieren“, rät Reiter. Außerdem ist zu beachten, dass man zu einem Schließfach nicht rund um die Uhr Zugang hat, sondern nur während der Öffnungszeiten des betreffenden Kreditinstituts.
Mit Bargeld hat Gold gemeinsam, dass es keinerlei Ertrag abwirft. Dennoch horten die Bankkunden weiterhin auch das gelbe Edelmetall in ihren Schließfächern, weil es als Inflationsschutz aktuell stark gefragt ist. So sind Goldbarren in allen Größen von einem bis zu 1000 Gramm beliebt. Bei den Goldmünzen stehen vor allem der Südafrikanische Krügerrand, die „Australischen Kängurus“, aber auch der Kanadische Maple Leaf hoch im Kurs.