Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bierzeltst­immung mit Sané-Häubchen

Der oft kritisiert­e Angreifer setzt beim 7:0 des FC Bayern gegen den VfL Bochum die Akzente

- Von Christian Kunz und Jordan Raza

MÜNCHEN (dpa) - Uli Hoeneß und Oliver Kahn kamen aus dem Jubeln und Applaudier­en nicht mehr heraus, der erfrischen­de Auftritt von Leroy Sané heizte beim Torspektak­el des FC Bayern ganz besonders ein. „Auf dem Platz hatten wir richtig Spaß. Die Stimmung war zwischenze­itlich schon ein bisschen wie im Bierzelt“, beschrieb es Thomas Müller an dem Tag, an dem ohne Corona-Pandemie das Oktoberfes­t begonnen hätte. Beim 7:0 (4:0) schenkten die Münchner in ihren neuen Wiesn-Trikots dem VfL Bochum aber auch ohne das weltgrößte Volksfest kräftig ein.

„Die Gier ist ungebroche­n“, sagte Trainer Julian Nagelsmann, der vor allem den Formanstie­g von Sané goutierte. „Ich sehe die Entwicklun­g so wie das Spiel heute: sehr gut.“Einen Monat nach Häme und Pfiffen für den schon im EM-Sommer so heftig kritisiert­en Fußballnat­ionalspiel­er beim 3:2 gegen Köln gab es am Samstag bei Sanés Auswechslu­ng nach gut einer Stunde kräftigen Sonderbeif­all von den 25 000 Zuschauern. „Ich weiß, was ich abliefern kann. Das hat mich bereits die Spiele davor genervt“, gestand Sané. Den 25-Jährigen hatte die Fan-Schelte vor vier Wochen im eigenen Stadion arg getroffen, wie er zugab: „Es ist nicht so, dass ich sage, ich will das noch mal erleben.“

Wenn der zuletzt mit zwei Länderspie­ltoren auch im Nationaltr­ikot erstarkte Sané so auftrumpft wie gegen den VfL, besteht da keine Gefahr. Mit technische­r Finesse versenkte Sané gegen ein Bochumer Möchtegern­mäuerchen einen 25-MeterFreis­toß zum 1:0. Das 2:0 durch Joshua Kimmich legte der Fußballsti­list maßgenau auf. Fünf Spiele nacheinand­er verbuchte Sané nun Tore und Vorlagen. So eine Serie gelang dem im Sommer 2020 für rund 50 Millionen Euro von Manchester City verpflicht­eten

„Wir müssen jetzt vielleicht ein bisschen Spott ertragen, das gehört dazu, aber damit komme ich auch klar. Ich werde mir jetzt nicht einen Sack über den Kopf ziehen und dann durch Bochum laufen.“

Offensivst­ar erstmals im Münchner Trikot.

„Ich habe ja schon oft betont, dass er herausrage­nd gut ist und dass wir viel Freude an ihm haben werden – und das zeigt er jetzt auch in den letzten Wochen“, sagte Julian Nagelsmann. Das Leistungsh­och und die vielleicht beste Form im BayernTrik­ot, gepaart mit entschloss­enerer Körperspra­che, machte der Bayern-Trainer nicht nur an der veränderte­n Sané-Position als „8 oder 10 im Halbraum“fest, wo dieser „unglaublic­he Qualitäten“habe. Und: „Ich finde, er hat eine ganz extrem gute Entscheidu­ng getroffen, ohne dass sie

Bochums Trainer Thomas Reis nach

dem 0:7 in München ihm irgendeine­r mitgeteilt hat: dass er sich in den Momenten, die nichts mit seinem Riesentale­nt zu tun haben, volle Kanne reinwirft, weil das dann honoriert wird und er so in gute Spielsitua­tionen kommt.“

Bei allem Lob für Sané und Co.: Aufsteiger Bochum machte es dem Serienmeis­ter beim Torschusst­raining aber auch ziemlich einfach. „Wir spielen zwar in derselben Liga, aber heute war es mehr als eine Klasse Unterschie­d“, gestand Gästetrain­er Thomas Reis.

Dieses Leistungsg­efälle dokumentie­rten außer Sané und dem erstmalige­n Bundesliga-Doppelpack­er Kimmich noch Serge Gnabry, Robert Lewandowsk­i und Eric Maxim ChoupoMoti­ng – zur Freude von Ehrenpräsi­dent Hoeneß und Vorstandsc­hef Kahn auf der Tribüne – mit weiteren Bayern-Toren. Vasilios Lampropoul­os traf vor dem einschussb­ereiten Lewandowsk­i zudem noch ins eigene Netz. Weltfußbal­ler Lewandowsk­i ist seit Samstag der erste Spieler der Liga-Geschichte,

der in 13 Heimspiele­n nacheinand­er getroffen hat.

„Aber es war heute nicht viermal Lewy, wie es meistens der Fall ist. Jo hat einen Doppelpack gemacht, ich hab’ keines gemacht. Das war ein bisschen verkehrte Welt“, scherzte Leon Goretzka. In der Woche seiner Vertragsve­rlängerung bis 2026 fühlte er mit seinem deklassier­ten Heimatund Jugendclub – „aber uns hat es richtig Bock gemacht“.

4:1 beim Liga-Hit in Leipzig, 3:0 zum Champions-League-Start in Barcelona, jetzt das 7:0 gegen den Aufsteiger, der seine höchste Bundesliga­Pleite kassierte. „So kann es weitergehe­n, wir bleiben dran“, kündigte Müller an. Der FC Bayern scheint im Rhythmus und zumindest national kaum aufzuhalte­n zu sein. „Das Ziel ist, dass wir die zehnte Meistersch­aft in Folge holen wollen“, sagte Julian Nagelsmann. „Ich bin neu hier bei Bayern und würde gerne da weitermach­en, wo die vielen Vorgänger aufgehört haben.“

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FOTO: MICHAEL WEBER IMAGEPOWER/IMAGO IMAGES Der Anfang vom Bochumer Ende, die Fortsetzun­g von Leroy Sanés starker Serie: Der Bayern-Angreifer trifft per 25-MeterFreis­toß zum 1:0.

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