Schwäbische Zeitung (Biberach)
Wofür das Land 2022 Geld ausgeben will
Grün-Schwarz bringt Haushaltsentwurf auf den Weg – 1200 neue Stellen geplant
STUTTGART - An diesem Dienstag will das Kabinett Kretschmann III seinen ersten Haushalt auf den Weg bringen. Der Landtag soll den Etat für das Jahr 2022 dann im Dezember verabschieden. In groben Zügen sind die Details, wohin und wofür neues Geld fließen soll, bereits klar. Ein Überblick:
Um wie viel Geld geht es beim Haushaltsplan für 2022?
Laut einem Sprecher von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) hat der Etat ein Volumen von knapp 56 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Vor den Corona-Kreditaufnahmen waren für 2020 zunächst 51,7 und für 2021 dann 52,9 Milliarden Euro eingeplant.
Wofür fließen Investitionen?
915 Millionen Euro will GrünSchwarz im kommenden Jahr für zusätzliche Investitionen ausgeben. Der Großteil des Geldes, nämlich 550 Millionen Euro, ist für Projekte gebunden, die bereits beschlossen waren. Hierzu zählen CoronahilfeProgramme ebenso wie bereits beschlossener Breitband-Ausbau oder Digitalisierungsmittel für den Mittelstand. Das restliche Geld konnte neu verplant werden, für zusätzliche Stellen und auch für Investionsprogramme. Möglich mache das die Wirtschaftslage, die sich in Coronazeiten besser als gedacht entwickelt habe, argumentiert die grün-schwarze Koalition.
„Endlich kommt das, wofür ich seit Langem gekämpft habe: Ein Ticket, das Jugendliche und junge Erwachsene für einen Euro pro Tag quer durchs Land bringt“, erklärt Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Für die Einführung eines solchen 365-Euro-Jugendtickets sind 27 Millionen Euro eingeplant. 15 Millionen Euro sind zudem für ein Klimaschutz-Sofortprogramm angedacht, um etwa die Windkraft auszubauen und kommunale Wärmenetze zu unterstützen. Der Sprecher von Finanzminister Bayaz betont derweil, dass zusammengenommen 50 Millionen Euro in Maßnahmen zugunsten des Klimaschutzes fließen sollen.
Sylvia Pilarsky-Grosch, Landeschefin des BUND, zeigt sich begeistert. „Für uns bedeutet die Einigung das Signal, dass der Klima- und Naturschutz der Landesregierung wirklich am Herzen liegt.“Bei lediglich 15 Millionen Euro für das KlimaschutzSoroftprogramm spricht SPD-Fraktionschef Andreas Stoch indes von einem „Tropfen auf den heißen
Stein“. In dem Paket, das die Regierung schnürt, sei zwar viel Sinnvolles dabei. Die Kassen seien aber deutlich gefüllter, als die Regierung dies vorgebe. „Bei den Ausgaben wäre noch deutlich mehr für das Land drin gewesen“, erklärt Stoch.
CDU-Fraktionschef Manuel Hagel verweist darauf, dass in den Investitionsplänen die schwarze Handschrift deutlich zu erkennen sei – etwa bei der geplanten Stärkung von Polizei und Justiz sowie im Krisenund Bevölkerungsschutz.
Werden neue Stellen geschaffen? Ja, und zwar eine ganze Menge. 1200 neue Stellen sollen insgesamt entstehen. Hätten die Ministerinnen und Minister all ihre Stellenwünsche erfüllt bekommen, wären es noch 3000
Stellen mehr gewesen. Mit 413 Stellen ist mehr als ein Drittel davon für den Justizbereich von Ministerin Marion Gentges (CDU) vorgesehen – davon wiederum ein Drittel zur Stärkung des Personals im Strafvollzug, der Rest verteilt sich auf Gerichte und Staatsanwaltschaften. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) bekommt wohl rund 200 Lehrerstellen, die vor allem der Stärkung der Inklusion und der Entlastung von Schulleitern dienen sollen. Eigentlich hatte Schopper mehr als 1500 Stellen als Bedarf angemeldet. Vor allem die SPD beklagt, dass für den Bildungsbereich zu wenig Geld fließe. „Was ist mit weiteren Mitteln, um die Schulen krisenfest zu machen?“, fragt Fraktionschef Stoch. „Der Personalmangel trifft alle
Schularten, da braucht es dringend neue Stellen.“Ein dritter großer Posten entfällt auf das Sozialministerium von Manfred Lucha (Grüne). Mit rund 200 Stellen will das Land den öffentlichen Gesundheitsdienst stärken, über den kommunalen Finanzausgleich soll der Bereich 213 zusätzliche Stellen bekommen.
Neue Stellen können durchaus nötig sein, erklärt Zenon Bilaniuk, Landeschef des Bunds der Steuerzahler. „Aber dann muss es im Gegenzug durch Umschichtungen im Haushalt gelingen, an anderer Stelle Kosten einzusparen.“Steigende Personalkosten belasteteten den Haushalt über Jahre und seien nicht generationengerecht. Ähnliche Kritik äußert die oppositionelle FDP.
Werden auch Schulden getilgt? Grün-Schwarz will 474 Millionen Euro in die Schuldentilgung stecken. Zudem soll eine halbe Milliarde Euro als Puffer für mögliche Corona-Risiken dienen. „Beides war uns als Union ein wichtiges Anliegen, denn das ist nachhaltig und generationengerecht“, sagt dazu etwa CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. Die Koalitionäre verbuchen dieses Vorgehen insgesamt als Erfolg. „Die schwarze Null steht“, betont etwa Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU).
Für die Opposition im Landtag und für den Bund der Steuerzahler klingt das derweil nach Trickserei. Sie verweisen darauf, dass die Koalition jüngst in einem Nachtrag zum Haushalt 2021 ohne Not weitere 1,2 Milliarden Euro Schulden aufgenommen habe – nur um sich beim Haushalt 2022 dann mit der schwarzen Null brüsten zu können, lautete eine verbreitete Kritik. Der Bund der Steuerzahler verweist konkret auf einen Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro zur Unterstützung der Wirtschaft während der Pandemie, der praktisch nicht benötigt wurde. Zumindest dieses Geld hätte komplett zur Schuldentilgung genutzt werden müssen, sagt Bilaniuk vom Steuerzahlerbund. Die FDP wird noch deutlicher. „Im Sommer 1,2 Milliarden Euro Schulden aufnehmen, um jetzt nahezu eine halbe Milliarde zu tilgen und den Rest zu verausgaben ist ein billiger Trick“, sagt der liberale Finanzexperte Stephen Brauer. Auch SPD-Fraktionschef Stoch kritisiert: „Wer vorher ohne Not Schulden aufnimmt, braucht sich jetzt nicht mit Schuldentilgung zu brüsten.“Während der CoronaPandemie ist der Schuldenberg des Landes um fast 15 Milliarden Euro angewachsen. Zuvor lag er bei rund 45 Milliarden Euro.