Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wann kommt die künstliche Welle in Ulm?

Die Eisbachwel­le in München ist weltbekann­t – Auch die Donaustadt soll eine bekommen

- Von Sebastian Schlenker und Michael Kroha

ULM - Im Wasser auf einer Welle reiten, ohne lange Fahrt ans Meer und ohne ewiges Warten auf ausreichen­d Brandung: Immer mehr Menschen surfen auf künstlich erzeugten Wellen auf Flüssen und Seen in ganz Deutschlan­d. Auch in Ulm soll eine solche Welle entstehen. Vor ziemlich genau zwei Jahren gingen die Gebrüder Moritz und Linus Reulein mit ihren Plänen an die Öffentlich­keit. Inzwischen gibt es Neuigkeite­n bezüglich eines Standortes.

Groß war die Begeisteru­ng unter den Surf-Fans in Ulm und um Ulm herum, als im September 2019 die Nachricht die Runde machte, dass es auch in der Donaustadt nach dem Vorbild der Eisbachwel­le in München eine künstliche Welle geben soll. Auch Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch (CDU) begrüßte die Idee. Wenngleich er schon damals hohe Hürden sah – unter anderem eine Machbarkei­tsstudie. Die ist zwar noch nicht in Auftrag gegeben worden und auch wenn es zwischenze­itlich etwas ruhiger um das Projekt wurde, eingeschla­fen sei es keineswegs. „Überhaupt nicht“, sagt Moritz Reulein. „Corona hat uns nur vielleicht ein bisschen zurückgewo­rfen.“

Man sei in Gesprächen mit jener Firma, die noch in diesem Jahr in Nürnberg dafür sorgen soll, dass erste Surferinne­n und Surfer auf der Pegnitz eine künstliche Welle reiten können. Um die zehn Jahre hätten sie dort darum gekämpft, erzählt Reulein. Mithilfe dieser Experten-Firma soll nun auch in Ulm herausgefu­nden werden, wo entlang von Donau oder Blau eine Welle entstehen könnte. Helfen sollen dabei bestimmte Daten wie Wasserflus­s und Flusshöhe. „Da haben wir in Ulm Glück. Da liegen viele Werte ziemlich exakt vor“, sagt Reulein.

Drei mögliche Standorte wurden inzwischen ins Auge gefasst. Noch nicht alle seien spruchreif, sagt Reulein. Einer aber schon: an der Blau hinter dem Bauhaus. Dort im Blaupark würden sie schon jetzt, wenn der Fluss deutlich mehr Wasser als sonst hat, surfen können. Optimistis­ch stimmt Reulein zudem, dass das dortige Wehr in die Jahre gekommen ist und eigentlich bereits seit 20 Jahren hätte umgebaut werden sollen. Ob und wenn ja, wann in Ulm eine künstliche Welle entstehen könnte, sei nicht so einfach zu sagen. „Aber wir sind optimistis­ch“, meint Reulein.

Auch deshalb, weil dem 2019 gegründete­n Verein „Ulm Surfing“mittlerwei­le fast 100 Mitglieder angehören. Sollten die Pläne konkreter werden, könnte diese Gemeinscha­ft womöglich auch einen Teil der Kosten übernehmen. Doch bis dahin wird noch viel Wasser die Donau hinabfließ­en und sich die Ulmer „Surf-Community“weiterhin an der Illerbrück­e bei Wiblingen treffen.

Mit dem Rad kommen die Ulmer Surfer regelmäßig hierher. Mit einem modifizier­ten Bungeeseil, das an der Brücke hängt, stemmen sich die Wasserspor­tler dort gegen die Strömung – bei Wind und Wetter. Man müsse nicht lange auf eine Welle warten. „Das Ganze ist eine super Übung für das Surfen im Meer“, sagt Linus Reulein.

Auch in anderen Orten ist man auf der Suche nach einer Alternativ­e zur natürliche­n Welle im Meer. In Pforzheim hat der Verein Blackfores­twave eine der ersten künstliche­n Wellen in Baden-Württember­g umgesetzt. Nach der ersten Idee 2014 hat es der Verein sieben Jahre später zu seiner eigenen Welle im Metzelgrab­en, einer Ableitung der Nagold in der Innenstadt, geschafft. Möglich war dies durch Beharrlich­keit des Vereins, zahlreiche Sponsoren und ein gutes Miteinande­r mit den Behörden. Nach ersten Tests in diesem Sommer soll die Welle noch in diesem Jahr den Surfern aus Pforzheim und von außerhalb zur Verfügung stehen.

Bei München, mit der Eisbachwel­le sozusagen Wiege des deutschen Flusssurfe­ns, soll der größte Surfpark Europas entstehen. Bis 2023 sollen im Norden der Stadt bis zu 60 Sportler und Sportlerin­nen gleichzeit­ig auf einer rund 180 Meter langen Welle surfen können.

Das Surfen auf künstliche­n Wellen habe in Deutschlan­d aber auch weltweit extrem zugenommen, sagt Michael Zirlewagen vom Deutschen Wellenreit­verband, kurz DWV. Im DWV sind als Dachverban­d vor allem die profession­ellen Surfer und ihre Vereine vertreten, die Wellenreit­en oft auch als Leistungss­port betreiben.

Doch auch wenn die Ulmer Surfer bei einem Aktionstag Müll aus der Iller

fischen, sich Verbände wie der DWV für den Naturschut­z einsetzen, gibt es Misstrauen gegenüber neuen Surfwellen auf Flüssen. So wurde etwa das Vorhaben in Nürnberg von Anwohnern mit Verweis auf möglichen Lärm und Umweltzers­törung auch kritisch diskutiert.

Beim Naturschut­zbund (Nabu) sind bislang aber keine größeren Probleme mit künstliche­n Surfwellen bekannt. Doch es sei wichtig, die Auswirkung­en auf die Natur im Einzelfall stets genau zu prüfen, sagt eine NabuSprech­erin. In Ulm, berichtet Moritz Reulein, sei die Abteilung Naturschut­z bislang immer dabei gewesen bei den Gesprächen. „Bislang gibt es keine Probleme“, sagt er.

Dass es immer mehr Menschen zum Surfen auf künstliche­n Wellen zieht, liegt für Michael Zirlewagen vom DWV vor allem an der leichten Zugänglich­keit. Im Meer sei man oft nur wenige Sekunden auf der Welle, auf einer stehenden Welle könne man vieles besser üben und sei länger am Surfen. Durch die vielen künstliche­n Wellen in Städten gehe der Sport zudem mehr in die Breite und werde einem größeren Publikum bekannt.

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FOTO: ULM SURFING Am Blaupark in Ulm hinter dem Bauhaus könnte eine künstliche Welle zum Surfen entstehen. Mit Photoshop hat der Verein „Ulm Surfing“hier ein mögliches Szenario erstellt.

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