Schwäbische Zeitung (Biberach)
Abschied von einem großartigen Botschafter Biberachs
Rainer Etzinger ist Ende vergangener Woche im Alter von 74 Jahren verstorben
BIBERACH - Dem Ehrenamt hatte sich Rainer Etzinger in vielerlei Hinsicht verschrieben – ob in der Kommunalpolitik, im Sport, im Brauchtum und vor allem in der Städtepartnerschaft. Überall hat der 74-Jährige in diesen Bereichen in Biberach sowie in der georgischen Partnerstadt Telawi bleibende Spuren hinterlassen. Umso unbegreiflicher ist die Nachricht von seinem plötzlichen Tod Ende vergangener Woche.
Obwohl er viele seiner Ämter im Lauf der vergangenen Jahre abgegeben hatte, blieb Rainer Etzinger doch bis zuletzt engagiert. So half er erst kürzlich noch mit, einen Transport mit Pflegebetten nach Telawi auf den Weg zu bringen. Gerade die Menschen in der georgischen Partnerstadt und ihr Schicksal hatten einen besonderen Platz in seinem Herzen.
Rainer Etzinger, geboren 1947 in Heidenheim/Brenz, kam 1971 als Sonderschullehrer nach Biberach. Nach sieben Jahren an der Pflug-Förderschule wechselte er als Leiter der Kreisbildstelle ans Landratsamt und ging im Juni 2011 in Ruhestand.
Rainer Etzinger war ein bodenständiger, nimmermüder Vereinsmensch, der sich gerne ehrenamtlich engagierte und der die Geselligkeit schätzte. Bereits mit 14 Jahren war er Kinderturnwart bei der TG Giengen. Ab 1966 war er Referent für Gruppenarbeit in der Schwäbischen Turnerjugend, ab 1972 auch Referent für Öffentlichkeitsarbeit. Ab 1971 war er Jugendwart beim Turngau Oberschwaben und hier auch mehr als 25 Jahre Leiter von Zeltlagern des Turngaus und der TG Biberach. Ab 1974 engagierte sich Rainer Etzinger im Vorstand des Sportkreises Biberach und der TG Biberach, deren Vorsitzender er ab 1995 mehr als 18 Jahre lang war. Nach 39 Jahren Einsatz für die TG wurde Rainer Etzinger zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Mehr als 28 Jahre war Etzinger Mitglied
der Schützendirektion und hier unter anderem für die Ziehung verantwortlich und Vertreter der Schützendirektion in der Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Heimatfeste. 2015 wurde er zum Ehrenmitglied der Schützendirektion ernannt. Als stellvertretender Vorsitzender arbeitete Rainer Etzinger zudem im Verein „Lernen fördern“mit, der sich um benachteiligte oder lernbehinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene kümmert. Ab 2004 gehörte er rund zweieinhalb Wahlperioden für die CDU dem Biberacher Gemeinderat an. Dort wurde er im Juli 2019 verabschiedet. Zwischen 2014 und 2018 war er außerdem als Schöffe am Biberacher Amtsgericht tätig.
In besonderer Weise hat sich Rainer Etzinger mit seinem internationalen Engagement verdient gemacht. So war er bis zuletzt Mitglied im Verein „Städte Partner Biberach“(früher Partnerschaftsverein) und kümmerte sich hier besonders um die Beziehungen zur georgischen Partnerstadt Telawi. 2014 übernahm Etzinger die Rolle des Projektbeauftragten der Stadt Biberach im Kaukasus-Städtenetz der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Er habe seinerzeit bei einer Bürgerreise nach Telawi die Liebe zu dieser Stadt und zu Georgien entdeckt, sagte Etzinger im vergangenen Jahr: „Wenn ich heute mit dem Flugzeug in Tbilisi aufsetze, weiß ich, ich bin in meiner zweiten Heimat.“
In diesem Zusammenhang betreute er verschiedene Projekte in den Bereichen Kultur, Bildung, Tourismus und auch Viehzucht. 2014 wurde er dafür zum Ehrenbürger von Telawi ernannt. 2019 durfte Rainer Etzinger eine Delegation von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Georgien begleiten. Etzinger ist außerdem Ehrendoktor der Universität Telawi, er erhielt 1994 die Bürgerurkunde der Stadt Biberach sowie 2015 die Ehrennadel des Landes BadenWürttemberg.
Vor knapp einem Jahr erfuhr er mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes in der Gigelberghalle die höchste Ehrung. „Mit deinem einmaligen Engagement bist du nicht nur ein großartiger Botschafter Biberachs, sondern Botschafter unseres Landes, der Freundschaft und Verbindung zwischen uns und Georgien“, würdigte Oberbürgermeister Norbert Zeidler damals den so Geehrten. Dieser Botschafter wird den Menschen in Biberach und Telawi nun fehlen. Am Montag sollen Etzingers Verdienste auch in der Sitzung des Gemeinderats gewürdigt werden, kündigte Zeidler im Hauptausschuss an.