Schwäbische Zeitung (Biberach)
In der Praxis schwierig
Der thüringische Innenminister Georg Maier hat nach dem tödlichen Schuss auf einen Tankstellenmitarbeiter in IdarOberstein gefordert, den Messengerdienst Telgram stärker ins Visier zu nehmen. Telegram müsse „in den Geltungsbereich des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes einbezogen werden“, sagte der SPD-Landespolitiker. Die Frage ist nur, wie das in der Praxis funktionieren könnte. Denn gerade Telegram sträubt sich gegen die Zusammenarbeit mit Behörden. Die russischen Betreiber des Messengerdienstes sind laut einem „Spiegel“Bericht vom Juni 2021 in Dubai ansässig und als Unternehmen schwer zu durchschauen.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet die Anbieter von sozialen Netzwerken rechtswidrige Inhalte, sogenannte Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten von ihren Plattformen zu löschen und an das Bundeskriminalamt zu melden. Wer dem nicht nachkommt, riskiert ein Bußgeldverfahren.
Die Bundesregierung wollte damit eine Möglichkeit schaffen, gegen Hass und Hetze im Netz vorzugehen. Das Problem: Was für soziale Netzwerke wie Faceobook und Twitter gilt, gilt nicht für Messengerdienste wie Telegram – obwohl es bei diesem Anbieter, anders als beispielsweise bei Whatsapp, die Möglichkeit gibt, Gruppen fast ohne Größenbeschränkung anzulegen. Das Bundesjustizministerium ist deshalb der Überzeugung, dass sich auch Telegram an die Regeln des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zu halten habe.
Im Juli leitete das Bundesamt für Justiz (BfJ) zwei Bußgeldverfahren gegen Telegram ein. Das eine bezieht sich laut Netzpolitik.org auf den fehlenden „leicht erkennbaren und unmittelbaren Meldeweg für strafbare Inhalte“, beim zweiten Verfahren geht es um die „Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigen für Ersuchen von deutschen Gerichten“. Außer mit Appellen scheint die Bundesregierung wenig Möglichkeiten zu haben, Telegram dazu zu bewegen, ihre Dienste von extremistischen Inhalten zu säubern. Auf die Unterstützung der Betreiber, die ihren Dienst auch Drogenhändler und Terroristen zur Verfügung stellen, sollte sie dabei besser nicht bauen. (clak)